Du oder der Rest der Welt
danke.«
»Kiara kann dich mit nach Hause nehmen. Stimmt’s, Süße?«
»Klar. Los geht’s«, sage ich, bevor meine Mutter noch mehr Unheil anrichten kann.
Als wir mein Auto erreichen, versucht Carlos, die Beifahrertür zu öffnen.
»Du musst durchs Fenster klettern«, eröffne ich ihm.
»Du verarschst mich doch!«
Ich schüttle den Kopf. »Kein Witz.« Es wird mein nächstes Projekt, nachdem ich die Uhr und das Radio repariert habe.
Carlos klettert elegant ins Auto, mit den Füßen zuerst, dann lässt er seinen Körper auf den Hartschalensitz aus Vinyl gleiten. Ich wünschte, das Radio oder der Kassettenrekorder würden funktionieren, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Carlos mehr als fünf Minuten Schweigen von meiner Seite erträgt.
Er sucht sich eine bequeme Sitzposition. »Worum geht es bei dem Modellstehen?«
»Freitagabend gebe ich einen Malkurs im Altenheim und suche noch nach einem männlichen Modell. Du musst es nicht machen. Ich hatte sowieso nicht vor, dich zu fragen.«
»Und warum nicht?«
Wir halten an einem Stoppschild, also drehe ich mich zu ihm und sage die Wahrheit: »Weil du mit mir zusammen posieren müsstest, und ich weiß, dass du niemals zustimmen würdest.«
23
Carlos
Schon klar. Sie will einfach nicht mit einem Typen posieren, der wegen Drogenbesitzes hochgenommen wurde. »Ich kann ja Madison mitbringen«, sage ich in dem großspurigen Ton, der ihr total auf die Nerven geht, wie ich weiß. »Sie würde mit mir posieren. Aber da fällt mir gerade ein, dass sie mich für Freitagabend eingeladen hat, sie zu besuchen, also werde ich es nicht zu deiner kleinen Malparty schaffen.«
»Ich verstehe nicht, was du in ihr siehst.«
»Viel mehr, als ich in dir sehe«, lüge ich, um sie mir vom Hals zu halten. In Wahrheit sehe ich rein gar nichts in Madison. Ich habe versucht, ihr seit dem Kotzanfall auf ihrer Party aus dem Weg zu gehen. Aber da sie auf meiner Liste von Leuten steht, die mich womöglich reingelegt haben, muss ich einen Weg finden, an sie ranzukommen. Kiara braucht das nicht zu wissen. Verflixt, Kiara darf nicht erfahren, dass ich sehr viel mehr an sie und ihre Plätzchen gedacht habe, als ich je wollte.
Als wir zu Hause ankommen, stürmt Kiara aus dem Wagen.
Ich hole mir eine Weile später einen Snack aus der Küche und sehe, wie sie Gemüse schneidet. Ich frage mich, ob sie meinen Kopf gern neben den Karotten auf dem Schneidebrett liegen sähe.
»Hallo, Carlos«, sagt der Professor, als er reinkommt. »Wie war REACH?«
»Beschissen.«
»Kannst du das näher ausführen?«, fragt mein Vormund.
»Es war echt beschissen«, erläutere ich, jedes Wort trieft vor Sarkasmus.
»Dein Vokabular versetzt mich in Staunen«, sagt er. »Hey, ich brauche nach dem Essen eure Hilfe.«
»Wobei?«, frage ich.
»Unkraut jäten.«
»Habt ihr reichen Leute keine Gärtner, die das für euch erledigen? «, will ich wissen.
Die Antwort ist Nein, denn nach dem Abendessen führt Westford uns in den Garten, in beiden Händen Papiertüten.
Er wirft mir und Kiara Gartenhandschuhe zu. »Ich jäte das Stück rechts und links vom Haus. Kiara, du und Carlos, ihr jätet auf der Rückseite.«
»Daddy!«, ruft Brandon von der Terrassentür aus. »Carlos hat versprochen, heute mit mir Fußball zu spielen.«
»Tut mir leid, Bran. Carlos muss mir beim Unkrautjäten helfen«, sagt Westford zu dem kleinen Knilch.
»Du kannst mir helfen«, sagt Kiara. Brandon nickt voller Eifer.
Ich muss daran denken, wie ich klein war und Alex mich gebeten hat, ihm im Garten zu helfen. Er hat immer dafür gesorgt, dass ich mir nützlich vorkam. »Hey, Brandon, ich könnte auch etwas Hilfe gebrauchen«, sage ich. »Nachdem du mir geholfen hast, spiele ich mit dir.«
»Echt?«, fragt der Zwerg.
»Ja. Sorg nur dafür, dass die Tüte weit offen steht, damit ich auch treffe, wenn ich das Unkraut reinwerfe.«
Er rennt zur Papiertüte und hält sie auf. »So?«
»Genau.«
Kiara ist auf Händen und Knien, zieht das Unkraut aus der Erde und wirft es in ihre eigene Tüte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Madison sich in den Dreck knien und sich die Hände mit dieser Knochenarbeit schmutzig machen würde. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie einen Oldtimer fahren würde, der noch nicht mal eine funktionierende Beifahrertür hat.
»Du bist viel zu langsam«, kommentiert Brandon. »Ich wette, Kiara hat mehr Unkraut in ihrer Tüte als du.« Er rennt rüber zu Kiaras Tüte und inspiziert den
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