Du oder der Rest der Welt
sagt Diego und beendet damit meine Grübeleien über Kiara und was hätte sein können.
Mit da meint er ein großes Haus, dessen Grundstück von einer Betonmauer umgeben ist. Wir werden durchgewunken. Diego weist mir den Weg durch die Vordertür und führt mich in ein Büro, das so groß ist, dass es sogar den Präsidenten vor Ehrfurcht erstarren lassen würde.
Der blonde Typ, der hinter einem Schreibtisch aus dunklem Holz sitzt, ist offenbar Devlin. Er trägt einen dunklen Anzug mit einer hellblauen Krawatte, die genau den Farbton seiner Augen hat. Er bedeutet mir, auf einem der Stühle vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Als ich der Aufforderung nicht Folge leiste, stellen sich die beiden zu groß geratenen Schläger von der Autofahrt rechts und links von mir auf.
Ich befinde mich auf gefährlichem Terrain, aber ich lasse mich nicht einschüchtern. »Nehmen Sie Ihre Wachhunde an die Leine«, sage ich zu ihm. Devlin scheucht sie mit der Hand weg, und die zwei Kerle ziehen sich sofort zurück und verbarrikadieren den Fluchtweg, indem sie sich vor die Zimmertür stellen. Ich frage mich, ob er für diesen Service gut bezahlt.
Diego ist noch immer im Raum, ein stiller Vize in der Befehlskette. Devlin lehnt sich in seinem Stuhl zurück und mustert mich. »Du bist also Carlos Fuentes, der, von dem Diego mir so viel erzählt hat. Er hat gemeint, du hättest dich von den Guerreros del barrio abgesetzt. Ein mutiger Schritt, Carlos, auch wenn ich annehme, dass du so gut wie tot bist, falls du je wieder einen Fuß auf mexikanischen Boden setzt.«
»Geht es darum?«, frage ich. »Wenn Sie sich mit den Guerreros verbündet haben und sie Ihnen befohlen haben, mich loszuwerden, warum mussten Sie mich dann erst noch von Nick reinlegen lassen?«
»Weil wir dich nicht loswerden wollen, Fuentes«, schaltet sich Diego ein. »Wir werden dich benutzen.«
Sofort habe ich den Impuls, um mich zu schlagen und diesen Typen klarmachen, dass niemand mich kontrollieren oder benutzen wird, aber ich halte mich zurück. Je länger sie reden, desto mehr Informationen bekomme ich.
»Die Wahrheit ist, Fuentes«, sagt Diego, »wir tun dir einen Gefallen, wenn wir dich nicht in Einzelteilen den Guerreros ausliefern, und du wirst diesen Gefallen erwidern, indem du unser Bagman wirst.«
Bagman. Das heißt, ich soll ihr neuster Straßendealer werden und die Schnauze halten, wenn ich geschnappt werde. Die Drogen in meinem Spind waren ein Test, um herauszufinden, ob ich Nick verpfeifen würde. Wenn ich es getan hätte, wäre ich als Spitzel durchgegangen und würde jetzt vermutlich im Leichenschauhaus liegen. Ich habe aber bewiesen, dass ich nicht mit der Polizei kooperiere, also bin ich jetzt ein wertvolles Gut. Irgendwie erinnert mich das alles an Brandons Computerspiel, nur dass dieses Spiel hier tödlich ist.
Devlin beugt sich vor. »Lass es uns einfach so formulieren, Fuentes. Solange du für uns arbeitest, muss du dir um nichts Sorgen machen. Abgesehen davon, wirst du ein reicher Junge sein.« Er zieht einen Umschlag aus der Schreibtischschublade und schiebt ihn zu mir rüber. »Mach auf!«
Ich nehme den Umschlag. In ihm sind ein Haufen Einhundertdollarscheine, mehr als ich je zuvor in den Händen gehalten habe. Ich lege den Umschlag auf den Tisch zurück.
»Nimm ihn, er gehört dir«, sagt Devlin. »Betrachte ihn als einen Vorgeschmack auf das, was du bei mir in einer Woche verdienen wirst.«
»Also hat die Devlin-Familie sich mit den Guerreros verbündet? Wann ist das passiert?«
»Ich verbünde mich, mit wem ich will, um mein Ziel zu erreichen.«
»Was ist dein Ziel? Die Weltherrschaft?«, frotzle ich.
Devlin lacht nicht. »Im Moment will ich meine Schiffsladungen aus Mexiko ins Land bringen und sicherstellen, dass sie nicht an den Falschen geraten, wenn du verstehst, was ich meine. Rodriguez hier glaubt, du hast das Zeug dafür. Hör zu, ich bin nicht der Kopf einer Straßengang, die sich wegen Territorien, der Hautfarbe oder einer verdammten Nationalität mit anderen anlegt. Ich bin ein Geschäftsmann, der einen Laden führt. Ich gebe einen Scheißdreck darauf, ob du schwarz, weiß, Asiate oder Mexikaner bist. Teufel auch, für mich arbeiten mehr Russen als für den Kreml. Solange es meinen Geschäften nutzt, möchte ich, dass du für mich arbeitest.«
»Und wenn ich ablehne?«, frage ich.
Devlin sieht Rodriguez an.
»Deine Mamá lebt in Atencingo, oder?«, fragt Rodriguez beiläufig und kommt auf mich zu. »Und dein kleiner
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