Du oder der Rest der Welt

Titel: Du oder der Rest der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles

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glauben, dass ich mal geglaubt habe, du gehst mit ihm.« Als Tuck weg ist, zieht Carlos sich einen Stuhl ran. Ich merke, dass er den Atem anhält, als er sich auf den Stuhl sinken lässt. Es gelingt ihm gut, den Schmerz zu verbergen, und ich glaube nicht, dass es jemand anderem aufgefallen ist. Aber mir schon. Er greift in seine Tasche und zieht eine Eintrittskarte für den Ball hervor. »Gehst du zum Homecoming mit mir?«
    Er konzentriert sich ganz auf mich, ihm ist egal, wer uns vielleicht beobachtet und wer nicht. Ich dagegen spüre die bohrenden Blicke, als wären es Pfeilspitzen. »Warum fragst du mich gerade jetzt, mitten beim Essen?«
    »Ich habe die Karten vor fünf Minuten gekauft. Lass uns einfach sagen, ich wollte unbedingt sichergehen, dass du immer noch mit mir hingehst.«
    Seit er zusammengeschlagen wurde, ist er richtiggehend sensibel und unsicher geworden. Es macht mich nervös, weil ich nicht weiß, ob er mich am Ende doch wieder wegstoßen wird. Ich könnte mich an diesen Carlos gewöhnen, denjenigen, der keine Angst hat, mir zu sagen, wie gern er mit mir zusammensein will. Aber es weckt auch Gefühle in mir, und je mehr ich fühle, desto schwerer fällt es mir, mein Stottern unter Kontrolle zu halten. »Du kannst d-d-dich kaum bewegen, Carlos. Du m-m-musst das nicht tun.«
    »Ich will es aber.« Er zuckt mit den Schultern. »Außerdem kann ich es kaum erwarten, dich in einem Kleid und High Heels zu sehen.«
    »W-w-was wirst du anziehen?«, frage ich ihn. »Anzug und Krawatte?«
    Er schiebt die Karten zurück in seine Hosentasche. »Ich hatte mehr an Jeans und T-Shirt gedacht.«
    Jeans? T-Shirt? Abgesehen davon, dass es vollkommen unangebracht wäre, so beim Homecoming-Ball aufzutauchen … »Wir werden nicht zusammenpassen. An einem T-Shirt kann man keine Knopflochblume festmachen.«
    »Knopflochblume? Warum solltest du mir eine Blume andrehen wollen?«
    »Schlag’s im Lexikon nach«, rate ich ihm.
    »Und wenn du schon mal dabei bist, amigo «, sagt Tuck, der sich unbemerkt angeschlichen hat, »kannst du direkt auch Blumenschmuck fürs Handgelenk nachschlagen.«
    »Das heißt Corsage«, brumme ich. Die haben ja beide keine Ahnung.

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Carlos

    Corsage , die; –, n: kleines Blumenbouquet, das am Handgelenk angebracht wird, manchmal auch an der Schulter.

    So steht es im Lexikon. REACH hat einen kleinen Raum, den sie die Bücherei nennen, mit einer Reihe von Selbsthilfebüchern. Ich hatte Glück und habe darunter ein Lexikon gefunden. Ich bin sicher, Kiara wäre überrascht, dass ich das blöde Wort tatsächlich nachgeschlagen habe. Jetzt frage ich mich, wie ich etwas Anständiges zum Anziehen für den Ball auftreiben soll. Gleichermaßen frustrierend ist die Frage, wo ich eine Corsage herbekommen soll.
    Bevor Berger unsere nette kleine Therapiesitzung startet – oder welchen politisch korrekten Namen sie sich auch immer für unsere Verlierergruppe überlegt haben –, kommen Zana und Justin zu mir.
    »Was ist denn mit dir passiert?«, fragt Justin. »Hat dich ein LKW überfahren oder gleich mehrere?«
    Zana, die wieder mal einen Rock trägt, der so kurz ist, dass sie deshalb unter Umständen von der Schule nach Hause geschickt wird, beißt in einen der Brownies, die für uns bereitstehen. »Den Gerüchten zufolge bist du von ein paar Gangstern aufgemischt worden, die um ihr Territorium streiten.« Sie sagt es so leise, dass Berger uns nicht hören kann.
    »Ihr liegt beide falsch.« Ich lasse mich auf einen Stuhl gleiten und hoffe, Berger nimmt mich nicht wegen des Kampfes in die Mangel. Verdammt, ich habe Alex gerade erst dazu gebracht, mich deswegen nicht länger zu nerven. Ich habe ihm gesagt, er soll mich in Ruhe lassen, und ihm versprochen, ihn zu informieren, wenn Devlin oder seine Leute mich kontaktieren.
    Zur Erinnerung, ich halte nichts von Versprechen. Warum sind die Menschen so leicht hinters Licht zu führen?
    Als Keno mit Verspätung zu uns stößt, fällt mir sofort auf, dass er mich ignoriert. Normalerweise würde ich das gar nicht bemerken, aber es fällt mir auf, weil alle anderen mich mit so großen Augen anstarren, als hätte mein Gesicht plötzlich außerirdische Züge angenommen. Gut, dass sie mich am Sonntag nicht zu Gesicht bekommen haben. Ich sehe inzwischen um Klassen besser aus.
    Berger kommt in den Raum, wirft einen Blick auf mich und marschiert sofort wieder raus. Wie erwartet, kommt sie keine Minute später mit Kinney und Morrisey wieder.
    Morrisey zeigt auf