Du oder die grosse Liebe
deine Mutter uns beobachtet. Wir sehen uns morgen.«
Sie steigt in ihr Auto und fährt in dem Moment davon, als mi’amá die Haustür öffnet. »Gibt es da etwas, das du mir erzählen willst?«, fragt sie mich, bevor ich ins Haus zurückkomme und mich dem Rest der Familie stelle.
»Ja. Ich habe eine Freundin.«
»Meinst du nicht, eine Freundin wird dein Leben verkomplizieren?«
» Sí , Mamá. Es wird mein Leben verkomplizieren.« Aber nicht auf die Weise, die sie im Sinn hat. Die Latino Blood hängt wie eine schwarze Wolke über mir. Ich wünschte, herauszufinden, was Chuy vorhat, würde nicht beinhalten, dass ich mich in die Geschäfte der Blood verstricke. Aber so ist es. »Es wird alles gut werden.«
»Das Wichtigste ist das Lernen«, sagt sie. »Es ist wichtiger als irgendein Mädchen. Lass dich durch nichts von deinen Zielen abbringen, Luis. Du würdest es den Rest deines Lebens bereuen.«
Im Moment ist mein Ziel, morgen nach dem Fußballtraining die Sache in Evanston hinter mich zu bringen. Es ist mein erster Botengang für Chuy und ein weiterer Weg zu beweisen, dass ich bereit bin, für die Blood Risiken auf mich zu nehmen. Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ein Teil von mir sich auf die Herausforderung freut.
28
Nikki
Am Morgen wache ich auf und schalte sofort mein Handy ein, weil ich hoffe, dass Luis mir eine SMS geschickt hat. Allein die Frage, ob er beim Aufwachen an mich gedacht hat, lässt Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen.
Eine SMS erscheint auf dem Display. Sie ist von Luis. Ich muss grinsen, als ich seine wohldurchdachte Nachricht lese.
Luis: Hey
Die Nachricht ist vor zwanzig Minuten abgeschickt worden. Rasch tippe ich die einzig angemessene Antwort und drücke auf Senden.
Ich: Hey
Ich haste ins Bad, nehme aber mein Handy für den Fall mit, dass er mir zurückschreibt. Während ich mir die Zähne putze, höre ich den Rufton meines Telefons. Ich beeile mich, mit Zähneputzen fertig zu werden, und nehme das Handy in die Hand.
Luis: Alles gut?
Ich: Hinsichtlich?
Luis: Uns. Mir.
Ich: Ja. Warum?
Luis: Wollte nur sichergehen.
In der Schule sitzen Luis und ich vor meinem Spind auf dem Boden, bevor es zur ersten Stunde läutet.
»Ich habe gestern Abend meine Mathehausaufgaben nicht gemacht«, sage ich stöhnend und ziehe das Blatt raus, das Mr Gasper ausgeteilt hat. »Nachdem ich zu Hause war, konnte ich mich nicht konzentrieren. Ich kapiere sowieso kaum etwas davon. Mein Gehirn kann mit Mathe nichts anfangen. Ich begreife nicht mal, wofür wir das alles lernen müssen. Es ist schließlich nicht so, als würde ich es später mal brauchen.«
»Das hängt davon ab, womit du mal dein Geld verdienen wirst.« Luis legt sich das Blatt auf den Schoß und studiert es. »Komm, wir haben noch zehn Minuten, bis es läutet. Ich helfe dir, die Aufgaben zu lösen.«
Ich versuche angestrengt, mich auf irgendetwas anderes als ihn zu konzentrieren, und lege meine Hand auf seine. Mit meinen Fingern male ich unsichtbare Kreise auf seinen Handrücken.
»Du lenkst mich ab«, sagt er.
»Ich weiß.«
Er lacht, dann zieht er seine Hand weg. »Möchtest du nicht die Lorbeeren für deine Hausaufgaben ernten, mi chava ?«
Ich gebe ihm einen Kuss. »Schon, aber eigentlich möchte ich nur dich.«
»Ich will nicht, dass meine Freundin in Mathe durchfällt und Sommerkurse belegen muss, um die Versetzung zu schaffen. Konzentrier dich«, befiehlt er mir.
»Okay, okay.« Ich lege meinen Bleistift auf das Blatt, bereit, mich an die Arbeit zu machen. »Ich konzentriere mich.«
Wir arbeiten bis eine Minute vor dem Läuten. Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass Luis die Geduld eines Heiligen hat. Er hat es geschafft, mir den Stoff so zu erklären, dass ich ihn verstanden habe, anstatt wie Mr Gasper, dessen Methode mich nur noch mehr verwirrt hat.
»Danke«, sage ich, während ich das Blatt in meinen Ordner gleiten lasse.
»Setz dich heute in der Pause zu mir«, sagt er.
»Zu deinen Freunden?«
»Hm.« Er verschränkt seine Finger mit meinen.
»Ich verstehe mich nicht so gut mit ihnen. Sie hassen mich.«
»Ihr werdet schon klarkommen, das verspreche ich.«
Kendall und Derek schlendern zusammen den Flur entlang. »Ich schätze, ihr zwei habt gestern Abend alles geklärt, hm?«, sagt Kendall.
Ich drücke Luis’ Hand. »Ja.«
Luis und ich trennen uns, als es läutet. Ich weiß, ich werde ihn bis zur Mittagspause nicht wiedersehen, stattdessen sehe ich Marco. Er ist in meinem
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