Du oder die grosse Liebe
Tränen. »Das habe ich noch für kein anderes Mädchen empfunden«, flüstert er.
Nein.
Ich will nichts mehr von Liebe hören.
Luis ist gefährlich und vermag mich mit Haut und Haaren zu verschlingen, wenn ich ihn lasse. So weit darf es nicht kommen. Er hat Geheimnisse. Ich habe Geheimnisse. Wir können sie nicht miteinander teilen, aber wir können unsere Körper teilen.
»Lass uns miteinander schlafen«, stoße ich hervor. Ich greife über ihn hinweg und ziehe meine Nachttischschublade auf. Ich nehme ein Kondom aus dem Päckchen, das ich am Wochenende gekauft habe, und drücke es ihm in die Hand. »Hier.«
»Lo único que quiero es hacerte el amor, mi vida.« Ich sehe ihn verständnislos an. Ich glaube, er hat nicht mitbekommen, dass automatisch Spanisch aus seinem Mund gekommen ist. »Ich möchte Liebe mit dir machen, Nikki. Mehr als alles andere. Aber du hast gesagt …«
»Vergiss, was ich gesagt habe. Lass es uns tun.« Er beugt sich vor, um mich zu küssen, aber ich lege eine Hand auf seine Brust und halte ihn auf Abstand. »Zieh das Kondom an.«
»Sofort?«
»Ja, sofort.«
Er scheint etwas frustriert zu sein, dass ich ihn so dränge, aber er reißt das Päckchen auf und streift das Kondom über. Wenn es schnell geht und ich es schaffe, nichts dabei zu empfinden, wird alles gut. Der heutige Abend wird alle bösen Erinnerungen an meine Zeit mit Marco auslöschen.
Er ist jetzt über mir, die Hände hat er rechts und links von meinem Kopf aufgestützt. Ich hefte den Blick auf seine bronzefarbene Haut, die sich glatt an meine schmiegt. »Komm schon«, sage ich drängend.
Seine Lippen sind nur wenige Zentimeter von meinen entfernt. »Ich will ehrlich zu dir sein, Nikki. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.«
»Es ist alles wunderbar. Lass es uns einfach tun. Jetzt mach schon.«
Ich kneife die Augen fest zusammen. Ich kann ihn nicht ansehen. Nicht in diesem Augenblick, in dem ich entschlossen bin, keine Gefühle zuzulassen. Er zögert, dann flucht er unterdrückt und schiebt sich von mir runter.
Kalte Luft strömt unter die Decke, als er sich auf die Bettkante setzt. »Was ist denn?«, frage ich. »Warum hast du aufgehört?«
Er zieht das Kondom ab und wirft es in den Mülleimer. »So läuft das für mich nicht.«
»Warum nicht?«
Er guckt wütend über die Schulter zurück. »Verflucht, Nik, du verhältst dich, als wäre das hier ein One-Night-Stand zwischen zwei völlig Fremden. Ich versuche, Liebe mit dir zu machen, und du presst die Augen so fest zusammen, dass es aussieht, als wünschtest du dir, ich sei jemand anders.«
»Tu ich nicht … hab ich nicht.«
»Vergiss es.« Er schnappt sich seine Boxershorts und streift sie über. »Das nächste Mal, wenn dein Freund dir sagt, dass er dich liebt, könntest du es vielleicht mit mehr als einem genuschelten Ja, ich dich auch registrieren.«
»Ich will nicht, dass du mich liebst«, fahre ich ihn an.
»Zu spät, mi chava .«
Ich setze mich auf. »Ich kann dieses ganze Liebesding nicht, Luis.«
»Du willst also nur jemanden zum Ficken, ist es das?«, blafft er und fährt mit den Beinen in seine Hose. »Es wäre nett von dir gewesen, mich vorher wissen zu lassen, dass wir bloß rumvögeln, dann hätte ich mich nicht zum Idioten gemacht und dir meine Gefühle offenbart.«
»Du hast dich nicht zum Idioten gemacht. Sei nicht sauer. Ich will nur nicht noch mal verletzt werden. Ich habe nicht vor, zu wiederholen, was mir mit …«
»Marco passiert ist«, beendet er meinen Satz. »Ich bin es verdammt leid, dass es immer wieder auf dich und Marco hinausläuft. Liebst du ihn noch?«
»Nein … tu ich nicht. Du hast keine Ahnung, was ich durchgemacht habe.« Die Worte bleiben mir im Halse stecken.
»Dann sag es mir. Sag es mir, damit du endlich nach vorn gucken kannst.«
»Ich kann nicht.«
Er hebt sein Hemd vom Boden auf und sieht mich mit ernster Miene an. »Liebst du mich?«
Ich presse die Bettdecke an meine Brust und gebe ihm die einzige Antwort, zu der ich in der Lage bin: »Nein.«
39
Luis
Ich will etwas kaputt schlagen, egal was. Als ich heute Nikkis Haus verlassen habe, war mir eins klar – es ist aus. Ich war ein Idiot anzunehmen, sie empfände für mich das, was ich für sie empfinde. Ich wollte glauben, dass sie gezögert hat, mehr zu geben, weil sie Angst hatte … dabei hat sie mich in Wahrheit nur benutzt, um über jemand anderen hinwegzukommen.
Anstatt nach Hause zu gehen, fahre ich zum Lagerhaus der LB. Auf dem Weg bemerke
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