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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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niemand etwas gesehen oder gehört, geschweige denn der Wurst die
Gurgel eingedrückt. Nachdem sich alle noch einmal gegenseitig ihrer Unschuld versichert hatten, ergriff Schwiegerpaps die Leitung unseres kleinen Unternehmens. Der sympathische Selfmade-Bankrotteur prüfte kurz den perfekten Sitz seiner Tolle und gab Anweisungen: Wir müssten nun überlegen, wie wir uns des wurstlichen Leichnams entledigen sollten. Und er, Paps, schlage vor, diese Überlegungen nicht im Angesicht des Verblichenen anzustellen, da sich dessen Gegenwart schlecht auf unsere Nerven und hemmend auf die Kreativität auswirken könne. Er schlage als Konferenzraum die Küche vor. Im Gänsemarsch zuckelten wir zurück in die Küche. Wo sich vor noch wenigen Stunden inmitten des gastronomischen Getriebes mein schwer kranker Körper beglückt an Marvies blühendem Leben gerieben hatte, herrschte nun eisige Ödnis und gequältes Nachdenken. Cromwell versuchte noch einmal, ein wenig Vernunft ins Spiel zu bringen: »Mal angenommen, einer von euch hat den Dicken eben gerade entdeckt. Da liegt also plötzlich ein Toter, aber von uns hat keiner etwas getan oder gesehen. Ergo muss die Polizei dann doch nicht nur uns, sondern auch die gesamte Party-Besetzung verhören. Es wimmelt also von Verdächtigen. Damit kommen sie nicht weiter und müssen irgendwann die Akte schließen …«
    »Das glaubst du doch wohl selber nicht!«
    »Einmal in den Fängen der Polizei – und du bist verloren! Die hängen dir noch deinen eigenen Selbstmord an!«
    »Und was ist mit den DNA-Analysen? Die kriegen doch genau raus, wie lange er schon da gelegen hat und wer
zu welchem Zeitpunkt bei ihm war und was derjenige vor drei Monaten zum Frühstück gegessen hat …«
    »Zäumen wir die Überlegungen der Polizei doch von hinten auf«, sagte Mendelssohn. »Und zwar mit dem Motiv. Wer von uns ist denn gefährdet? Wer hatte hier denn alles ein Motiv?«
    Es hob zwar niemand die Hand, aber alle Lövenichs warfen sich so bedeutsame Blicke zu, dass jeder Commissario im ersten Lehrjahr die gesamte Bagage sofort hopp genommen hätte. Was hatte der Wurstmann noch getönt: Er werde aus den kleinen Geheimnissen der Familie Lövenich große Literatur machen? Er werde sie auf die Bühne zerren? Und zwar nicht nur das doppelbödige Stiftungswesen von Paps – was nachträglich den Verlust der lövenichschen Geldquellen bedeuten könnte –, sondern auch die schmuddeligen Familieninterna – also jede inzüchtige Stellung, die von der angeblichen Psychotikerin Alexa bereits so diskret angedeutet wurde. Die Wurst hatte die gesamte Familie bedroht; alles in allem also ein klarer Fall von Notwehr. Und Affekt.
    Bis auf die verdammten Würgemale!
    »Es hilft nichts«, sagte Paps, »wir müssen ihn verschwinden lassen. Ich bitte um Vorschläge.«
    Wir Fachleute sagen nicht »verschwinden lassen«, wir nennen das »die Leiche ablegen«.
    Aber einen so über und über mit sachdienlichen Hinweisen übersäten Toten lässt man besser doch verschwinden.
    Zersägen? In einen Baggersee werfen? Ihn einfach bei
Dunkelheit in Thorstens Cabrio setzen? Oder ihm einen Sprengstoffgürtel umbinden und ihn in einem Finanzamt hochgehen lassen? Die Wurst hatte doch garantiert Ärger mit dem Finanzamt! Wenn jemand ständig behauptet, er sei gegen das Establishment, dann macht der irgendwann auch solche Sprengstoffattentate! Ist doch logisch! Ich konnte schon die Leichenrede hören: Der Vorsitzende des deutschen Pen-Clubs steht vor dem Töpfchen mit den Wurstresten und sagt: »… hat es hier einen Unbequemen aus unserer Mitte zerrissen …« Ich musste kichern. Cromwell bedachte mich mit einem Blick. Paps Lövenich fragte pädagogisch wertvoll: »Ja, Schlomo? Haben Sie eine Idee?«
    »Der Klassiker wäre doch: Im Garten verbuddeln.«
    »Und irgendwann kommt ein Hund daher und gräbt ihn wieder aus.«
    »Dann im Keller in Zement einlegen. Eine kleine Holzverschalung, den Dicken rein, Zement drumherum, fertig ist ein Sockel.«
    Paps sagte lobend: »Hier kommen wir der Lösung wohl näher. Gut, Schlomo.« Ich errötete geschmeichelt. Paps war wirklich eine pädagogische Naturbegabung. Und wieder schnatterten alle durcheinander:
    Katharina: »Wir lösen ihn in einem Säurebad auf!«
    Ich: »Geht nicht. Dauert erstens sehr lange, und zweitens musst du am Ende eine Wanne voller Glibber entsorgen. Und ich glaube, bei Schwefelsäure gibt es so was wie ein Entsorgungsprotokoll mit deinen Personalien.«
    Cromwell: »Das

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