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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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ließ sie es wieder sinken. Nun ragte es im rechten Winkel über die anderen Bretter des Gerüstes hinaus. Aus Sorge, es könnte herunterfallen und jemanden unter ihr erschlagen, klemmte sie das Ende des Brettes unter der Planke fest, auf der sie stand. Dann richtete sie sich auf. Auf einmal schien die Betonwand der Schnellstraße gar nicht mehr so weit entfernt.
    Grace fiel ihr ein und das, was sie durchgemacht hatte, die Fragen, auf die es nie eine Antwort gegeben hatte, die Tatsache, dass derjenige, der sich das alles ausgedacht hatte, damit davonkommen würde. Der Gerechtigkeit würde nie Genüge getan. Sie lehnte sich an die Wand. Und im nächsten Augenblick rannte sie los. Mit aller Kraft, die ihre Muskeln hergaben, sprintete sie über das Brett und weiter ins Nichts.
     
    Troy erstarrte. Dann wandte er den Kopf eine Spur zu weit und zielte eine Winzigkeit zu hoch. Der Schuss ging über Nickys linke Schulter hinweg in die Luft.
     
    Am Ende des Brettes setzte Nicky zu einem Weitsprung an und ruderte mit den Armen, um möglichst nahe an die graue Betonwand der Schnellstraße heranzukommen. Vor lauter Angst, sie gar nicht zu erreichen, verschätzte sie sich, und ihr Schwung trug sie über die Mauer hinaus bis auf den harten Seitenstreifen, wo sie mit einem beängstigenden dumpfen Geräusch aufschlug und auf die langsame Spur rollte.
    Gemma Woodhead fuhr über den Westway. Sie hatte eine Hand am Steuer und fummelte mit der anderen an ihrem Nasenring. Die Nase tat weh, und sie fürchtete, die Haut rund um das Piercing könnte sich entzünden. Sie hätte darauf achten müssen, dass Jezza die Nadel ordentlich desinfizierte. Aber so war Jezza eben, ein bisschen schlampig, eine Spur zu lässig. Genau das hatte sie am Anfang an ihm gemocht. Irgendwie musste das schon lange her sein. Jetzt war er auf dem Camden Town Market, und sie fuhr hin, um ihm die T-Shirts zu bringen, die er noch hatte haben wollen. Sie lagen fertig verpackt auf der Rückbank. Hoffentlich gingen sie weg. Die türkisfarbenen waren besser als die bunten. Das würde sie ihm sagen, wenn sie später beim Ale saßen, auch wenn er nicht zuhörte. Eigentlich hörte er ihr nie zu, nahm keinen Rat von ihr an. Sie würde ihm eine Menge Dinge sagen, während sie ihre acht Halben kippten. Über das Timing ärgerte sie sich immer noch. Ende August hatten dann endlich auch sie ihre T-Shirts fertig und verpackt. Der heißeste Sommer seit Jahren, und sie schafften es nicht, daraus Kapital zu schlagen.
    Eine Wolke schob sich vor die blasse Sonne. Es pochte in Gemmas Nasenflügel. Sie musste direkter werden, viel deutlicher sagen, was sie dachte, und sich nicht immer von Jezza überfahren lassen. Damit würde sie heute noch anfangen. Zur Abwechslung würde sie mal zuerst von ihren eigenen Bedürfnissen reden. Schließlich war es ihr Geld, mit dem sie das Bedrucken der T-Shirts bezahlt hatten. Dass ihn das beeindruckt, ist genauso wahrscheinlich, wie ein Pferd kotzen zu sehen, dachte sie gerade, als sie etwas Seltsames, Großes über die Betonwand auf den Seitenstreifen und von da auf die langsame Spur trudeln sah. Im ersten Moment dachte sie, der Wind hätte ein Kostümteil vom Straßenfest fortgetragen und hierhergeweht. Sie bremste nicht, weil sie annahm, dass das Ding weitersegeln würde wie eine Plastiktüte im Wind, aber dann erkannte sie, dass es sehr feste, sehr klare Umrisse hatte und – o Gott, das war eine Frau! Gemma Woodhead stieg in die Bremsen von Jezzas Polo, und das Auto geriet auf der nassen Fahrbahn heftig ins Schlittern.
     
    Das Erste, was Nicky dachte, als sie auf die Straße prallte, war, wie weh es tat zu überleben. Völlig verkrümmt lag sie da und starrte in den weißen Himmel, konnte sich aber nicht rühren. Nur langsam erkannte sie das Bremsenquietschen als das, was es war. Als sie den Kopf drehte, sah sie Räder auf sich zukommen.
     
    Gemma wollte auf die mittlere Spur ausweichen, streifte dabei aber die Schnauze eines Ocado-Lieferwagens und kam ins Schleudern. Der Lkw hielt mit quietschenden Reifen, während Gemma bremste, dass die Nässe nur so spritzte, und den Polo wenige Zentimeter vor dem Mittelstreifen zum Stehen brachte.
     
    Als eine Frau mit rotem Haar und langem Zigeunerrock aus einem gelben Wagen stieg und auf sie zugerannt kam, versuchte Nicky aufzustehen. Euphorie erfasste sie, als ihr klarwurde, dass sie den Todessprung überlebt und ihren Verfolger abgehängt hatte.
    »Mein Gott, o Gott, oh, mein Gott!« Mehr brachte die

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