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Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition)

Titel: Du sollst nicht lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Knight
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»Ich hab dir einen schwarzen Tee gemacht.«
    Schweigend nahm sie die Tasse und leerte sie in einem Zug.
    »Geht’s dir gut? Du bist gestern Abend plötzlich eingeschlafen, und ich hab dich nicht wieder wach gekriegt. Jetzt ist es fast neun. Du hast über zwölf Stunden geschlafen. Brauchst du einen Arzt?«
    »Mir geht’s gut.« Verlegen fuhr sie sich mit beiden Händen durchs Haar. Da saßen sie nun nebeneinander auf dem Sofa, und es war peinlich wie an einem Morgen danach, nur dass es keine lustvolle Nacht gegeben hatte, an die man hätte zurückdenken können. Verzweifelt versuchte sie, sich zu erinnern, was passiert war, aber es gelang ihr nicht.
    »Was war los gestern Abend? Wieso bin ich plötzlich eingeschlafen?«
    Adam zuckte die Achseln. Er wich ihrem Blick aus. »Du hattest zu viel getrunken, nehme ich an.«
    Eine Weile sagte keiner von beiden etwas, und alles, was unausgesprochen zwischen ihnen hing, machte das Schweigen umso drückender.
    »Vergiss nicht, du bist eingenickt, und ich hab die Nacht allein verbracht«, beklagte er sich schließlich. »War nicht gerade lustig.«
    Nicky ging nicht darauf ein. Sie hatte immer noch damit zu tun, sich zu sammeln und dieses Wattegefühl aus dem Kopf zu kriegen.
    »Möchtest du vielleicht baden?«
    »Ich dachte, hier gibt’s keinen Strom?«
    »Das elektrische Licht geht nicht, aber für warmes Wasser haben wir einen Gasboiler.«
    Sie fühlte sich schmuddelig und verschwitzt. Ein Bad würde ihr helfen, zu sich zu kommen.
    Er führte sie nach oben in ein Badezimmer mit altmodischer Emaillewanne. Die großen Armaturen waren fleckig, eine altersschwache Plastik-Wannenbrücke hing unter dem Gewicht diverser halbleerer Shampooflaschen und vertrockneter Seifenreste bedenklich durch. Das Wasser war heiß. Während sie auf ihrem Kopf Schaumgipfel errichtete, fragte sie sich, wieso sie so lange und so tief geschlafen hatte. Sie empfand eine merkwürdige Klarheit. Überdeutlich war ihr bewusst, wie verletzlich sie war, wie sehr darauf angewiesen, dass man sorgsam mit ihr umging. Vage Befürchtungen geisterten ihr durch den Kopf. Hatte er sie unter Drogen gesetzt? Immerhin gehörte er der Ritalin-Generation an. Diesen Gedanken verscheuchte sie sofort wieder. Reiß dich zusammen, Nicky, dachte sie, erhob sich und trocknete sich ab. Das Handtuch war so abgenutzt, dass ihre Haut sich schnell rötete.
    Als sie in die Küche kam, war Adam damit beschäftigt, Brotscheiben zu rösten. Dazu summte er eine Melodie, die sie nicht kannte. Während er sich ums Essen kümmerte, spülte sie das Geschirr. Schon im Begriff, den Kaffeesatz in der nächsten Tasse wegzukippen, hielt sie plötzlich inne. Das war ihre Tasse vom Abend zuvor. Adam stand mit dem Rücken zu ihr, er strich Butter auf die Toastscheiben. Sie schnupperte an der Tasse, und dann schnupperte sie noch mal. Kaffeeduft schlug ihr entgegen. Sie sah zu, wie die schwarze Flüssigkeit in den Ausguss rann. Dann setzte sie sich hin.
    »Wo du nun sowieso noch hier bist, kann ich dir ja das ganze Grundstück zeigen. Wir können im See baden.«
    »Ich bade nicht in Seen.«
    »Du brauchst keine Angst zu haben. Der Grund ist sandig …«
    »Ich bade nicht in Seen«, wiederholte sie – in viel zu scharfem Ton.
    Er antwortete nicht. Zum ersten Mal kam ihr Gespräch ins Stocken. Nicky war wachsam, misstrauisch. Er drehte sich zur Seite, öffnete einen Schrank, holte ein Glas mit Sirup heraus und setzte sich zu ihr an den Tisch.
    »Marmelade gibt es nicht, die verschimmelt, wenn sie hier so lange herumsteht. Aber das hier ist fast wie Honig.«
    Er schraubte das Glas auf, stieß ein Messer hinein und holte Sirup heraus, einen schwarzen Faden, der sich endlos in die Länge zog. Bei der Hitze war das Zeug besonders flüssig. Langsam strich er die Masse auf eine Scheibe Toast.
    Nicky wurde schlecht. Sie schob ihren Stuhl zurück – so heftig, dass er hintenüberkippte. Adam zuckte zusammen.
    »Was ist los?«
    Ihr brach der Schweiß aus. Sie sah Grace vor sich, wie sie mondbeschienen im Gras lag, schwarz wie Sirup rann das Blut über ihre leblose Brust. Das Bild traf Nicky mit fürchterlicher Wucht. Sie stürzte zur Toilette und kotzte alles heraus. Gleich darauf hörte sie Adam hinter sich.
    »Bist du krank?«
    Sie zitterte am ganzen Leib, die Erinnerung an die schreckliche Nacht hatte sie fest im Griff. Sie setzte sich auf die Toilette und versuchte, ihre wirren Phantasien unter Kontrolle zu bekommen. Sie musste krank sein. Wie sonst war

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