Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
öffnete sie wieder die Augen. Rote Buchstaben liefen quer über den Bildschirm: » 24/7 – erobern Sie sich die Nacht zurück!« Sie runzelte verwirrt die Stirn. Dann begann sie den Begleittext zu lesen: Kennen Sie das Gefühl, dass der Tag nicht genügend Stunden hat? Hindert Ihr Schlafbedürfnis Sie daran, Ihre Ziele zu erreichen? Mit Hilfe von 24/7 können Sie sich die Nacht zurückerobern und mehr Zeit für Arbeit, Studium oder Hobbys gewinnen. Das Mittel ist vollkommen unbedenklich. Für nur 50 £ erkaufen Sie sich eine schlaffreie Woche, ohne jemals müde zu werden. Wenn Sie normalerweise acht Stunden pro Nacht schlafen, macht das weniger als 1 £ pro Stunde. Bestellen Sie noch heute – für ein längeres Morgen!
Cynthia spürte, wie ihr Herz erneut zu rasen begann, was diesmal nichts mit ihrer Vergangenheit zu tun hatte. Mein Gott, das war das Anti-Schlaf-Mittel, über das Marcus geschrieben hatte! Warum interessierte sich Damien dafür? Sie klickte sich durch die Stay-Up- Website. Es gab einen Besucherzähler (267 492), einen »Jetzt kaufen!«-Button und eine Beschreibung der Wirkungsweise des Medikaments (eine ausführlichere Variante des Kalium-Kanäle-Gelabers aus Marcus’ Artikel). Aber das war auch schon alles. Kein Wort über die Betreiber der Website oder darüber, wie sie an die Wirkstoffzusammensetzung gekommen waren.
Sie stützte den Kopf in die Hand und starrte angestrengt auf den Bildschirm. Hatte Damien das Zeug gerade bestellen wollen, als sie ins Zimmer gekommen war? Hatte er deshalb …
»Was machst du an meinem Computer?«
Sie wirbelte herum. Damien stand hinter ihr, ein weißesHandtuch um die Hüften geschlungen, und sah sie böse an.
»Ich … ich wollte gerade meine E-Mails checken, als plötzlich dieses Fenster aufgegangen ist«, sagte sie mit hochrotem Kopf. »Warum? War das ein Geheimnis?«
Seine Miene wurde noch wütender. »Nein, ich wollte mir das nur mal ansehen. Wie du weißt, war das Zeug überall in den Nachrichten.« Er zog das Handtuch enger. »Mir war nicht klar, dass Zusammenziehen bedeutet, in den Sachen des anderen herumzuschnüffeln. Hätte ich das gewusst, hätte ich deutlich mehr Zeit mit deiner Unterwäscheschublade verbracht.«
Das sollte witzig sein, aber sein Ton war so beißend, dass Cynthia in sich zusammensank. »Ich wollte doch nicht …«, hob sie an, schwieg dann aber. Es ließ sich nicht leugnen: Sie hatte herumgeschnüffelt. »Es tut mir leid«, sagte sie schließlich. »Ich hätte das nicht ansehen dürfen. Aber …« Sie zeigte auf den Bildschirm. »Du willst das Zeug doch nicht etwa kaufen, oder?« Sie wartete auf eine Antwort, aber er sah sie nur an. »Denn davon kann ich dir nur abraten. Du weißt so gut wie nichts über dieses Medikament und seine Wirkungsweise.«
Er beugte sich über ihre Schulter, um die Seite zu schließen. »Ich weiß jede Menge darüber.«
Überrascht drehte sich Cynthia auf ihrem Stuhl zu ihm um. »Im Ernst? Woher denn?«
Anstelle einer Antwort ging er zu seiner Kommode und zog eine Schublade auf. »Mist!«, murmelte er und durchwühlte sie. »Ich habe vergessen, Wäsche zu waschen.«
»Auf dem Trockner in der Küche ist frische Wäsche. Woher weißt du …«
»Danke«, sagte er und verschwand im Flur. Cynthia zog sich einen Bademantel über und folgte ihm. Sie blieb mit verschränkten Armen in der Küchentür stehen und sah zu,wie er den Wäschestapel durchging. »Was wolltest du mir gerade sagen? Hast du Insiderwissen über dieses Medikament?«
»Es ist eigentlich ein Betriebsgeheimnis …« Damien machte ein leicht gequältes Gesicht und schlüpfte in eine Boxershorts. »Na gut«, sagte er dann. »Vermutlich kann ich es dir ebenso gut erzählen, jetzt wo die Katze aus dem Sack ist: Wir haben Niton – dieses Anti-Schlaf-Mittel – bei Draycott getestet. Beziehungsweise wir testen es immer noch. Wir haben eine vierwöchige Testphase, zweieinhalb Wochen sind bereits um. Ich dachte schon, das Verteidigungsministerium würde aus der ganzen Sache aussteigen – jetzt, wo die Wirkstoffzusammensetzung an die Öffentlichkeit gelangt ist und es überall im Internet Nachahmerpräparate gibt.« Er zuckte die Achseln. »Aber das ist nicht der Fall.«
Cynthia riss die Augen auf. »Das soll wohl ein Witz sein! Ihr testet das schon seit …« Als ihr die Tragweite seiner Worte klar wurde, verstummte sie. »Seit zweieinhalb Wochen? So lange sind die Leute schon wach?«
»Ja. Zweiunddreißig Männer. Drei Kapseln pro
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