Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
der Todesursache. Ihr wurde kalt, als sie las: Strangulation.
Cynthia lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, presste die Fingerknöchel an die Lippen und dachte nach. Nick schien davon auszugehen, dass beide Morde etwas miteinander zu tun hatten, nur so konnte sie sich seine Reaktion erklären. Aber er wollte die Öffentlichkeit noch nicht mit der Nachricht in Angst versetzen, dass ein Serienmörder in London sein Unwesen trieb. Sie zog die Schreibtischschublade auf, nahm Lisa Reeds Akte heraus und blätterte darin, bis sie zu dem Schulfoto kam, das Mrs Reed ihr gegeben hatte. Anschließend druckte sie das Foto von Mary Davies aus, das Nick ihr geschickt hatte, und legte beide nebeneinander auf den Schreibtisch. Sie schaute lange von einer zur anderen, bevor sie langsam den Kopf schüttelte. Die beiden Opfer sahen sich ähnlich – aber nicht auffallend. Außerdem unterschieden sich die Fälle deutlich voneinander: Zunächst einmal hatten die Morde weit entfernt voneinander stattgefunden. Und während Mary Davies in der Nähe des Ortes aufgefunden worden war, wo man sie zuletzt gesehen hatte, war Lisa Reed (oder ihre Leiche) meilenweit durch die Stadt transportiert worden. Nein, es gab einfach nicht genug Anzeichen dafür, dass die beiden Morde zusammenhingen. Folglich musste die Polizei noch etwas anderes wissen. Etwas, das Cynthia nicht wusste.
Noch nicht .
9
Keine zwei Monate nach unserer Hochzeit ging Katrina für diese Studie in die Klinik. Ich war wenig begeistert, weil ich den Grund dafür nicht einsah. Es war doch schon ihr Leben lang so gewesen, dass sie plötzlich einschlief. So schlimm war das nun auch wieder nicht. Jedenfalls kein Grund, mich einen ganzen Monat allein zu lassen. Ehrlich gesagt war ich deswegen ein bisschen beleidigt. Aber Katrina schaffte es einfach immer, mich zu überzeugen.
»Ich tu das für uns beide«, sagte sie bei unserem letzten gemeinsamen Abendessen vor ihrem Klinikaufenthalt. Wir waren mit dem Boot zum Paddington Basin gefahren, und ich schaute aus dem Fenster auf die Leute vor den Restaurants am Kanalufer, die wie wir gerade zu Abend aßen. Normalerweise aß Katrina an warmen Abenden lieber draußen, auf dem Dach oder am Heck. Aber diesmal hatte sie drinnen bleiben wollen. Wahrscheinlich, weil sie spürte, was ich dachte, und in Ruhe mit mir reden wollte.
»Begreifst du denn nicht, wie gut das für uns wäre, wenn ich einen normalen Schlafrhythmus hätte?«
»Nein«, sagte ich und stocherte mit der Gabel in dem Hühnerfleisch auf meinem Teller herum. »Ich finde dich perfekt, so wie du bist.«
Sie beugte sich vor, um mir die Haare aus der Stirn zu streichen. Davon wurde mir immer ganz warm. Aber diesmal wehrte ich mich dagegen, weil ich immer noch sauer auf sie war.
»Ich möchte so gern den Führerschein machen«, sagte sie.»Dann könnten wir richtig in Urlaub fahren, vielleicht in einem Cabrio quer durch Amerika.«
»So wie Thelma und Louise?«, fragte ich und vergaß für einen Moment meinen Ärger.
Sie lächelte ein bisschen merkwürdig und sagte, »Klar, warum nicht? Aber das geht erst, wenn ich den Führerschein habe. Und dafür muss ich mein Schlafproblem loswerden.«
Also ließ sie mich am nächsten Tag allein. Es war der längste Monat meines Lebens. Das Boot fühlte sich so leer an ohne sie. Ich machte Überstunden im Full Bloom, um die Zeit totzuschlagen, und das half auch, aber nur ein bisschen. Jeden Morgen stand ich auf und strich mit rotem Filzstift einen weiteren Tag im Kalender durch, während ich darauf wartete, endlich das Kästchen zu erreichen, in dem stand »Ende von Katrinas Narkolepsie-Studie«. Als es schließlich so weit war, strahlte ich und kreuzte den Tag mit extradickem Filzstift an.
»Meine Frau kommt nach Hause«, sagte ich laut, obwohl ich allein war. »Morgen um diese Zeit ist alles wieder so wie immer.«
Doch das stimmte nicht.
»Hast du die Morgennachrichten gesehen?«, fragte Sandra, während sie sich mit Cynthia auf der Suche nach einem freien Tisch durchs Café schlängelte. »Sie haben einen langen Beitrag über das Anti-Schlaf-Mittel gebracht.«
Diese Neuigkeit verscheuchte den letzten Rest von Cynthias Euphorie nach ihrer Mary-Davies-Entdeckung. Was nutzte es ihr, zu wissen, dass mehr hinter diesem Mord steckte? Sie hatte den halben Vormittag damit verbracht, nach den Angehörigen der Toten zu fahnden – vergeblich. Und inzwischen gab es für den Rest der Welt offenbar nur noch ein Thema, nämlich Marcus’ großen
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