Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)
aufglühen, flutete über regennasse Büsche und den dahinter liegenden Bach. Die Leiche war bereits abtransportiert worden, aber es tummelten sich noch jede Menge Beamte in Zivil und Uniform am Tatort.
Es war nach Mitternacht, und Cynthia fröstelte in der Winterkälte. Sie hätte lieber zuerst nach Hause fahren und einen dickeren Mantel anziehen sollen. Aber als Nicks Anrufkam, war sie sofort hergeeilt. Zwei Spurensicherer liefen in Schutzanzügen an ihr vorbei, sie hatten die Stimmen gedämpft. Cynthia musste in dem grellen Megawatt-Licht der Laterne neben sich blinzeln. Nick folgte ihrem Blick. »Die sind neu«, sagte er. »Dieses Gebiet ist eines der ersten, die von den Plänen des Bürgermeisters profitieren, London zu einer Stadt mit rund um die Uhr geöffneten Parks zu machen.«
Sie rieb sich die Arme. »Beleuchtung hin oder her – wer will hier schon in einer Novembernacht spazieren gehen?«
Er zuckte die Schultern. »Ich glaube, es geht ums Prinzip. Darum, dass die Leute das Recht haben, sich zu jeder Unzeit den Arsch abzufrieren, wenn ihnen danach ist.«
»Es hat also niemand etwas gesehen?«
»Soweit wir wissen, nein. Ein Teenagerpärchen hat sie gefunden. Der Junge hat ihre Hand aus dem Gebüsch ragen sehen. So wie es aussieht, ist sie schon seit ein, zwei Tagen tot.«
»Eine Blondine?«
»Ja.«
»Mit Flechtfrisur?«
»Ja. Genau wie die anderen.«
Cynthia drehte sich langsam um die eigene Achse und musterte ihre Umgebung. »Wir sind meilenweit von den Meanwhile Gardens und Camden Market entfernt«, sagte sie. »Und auch von den anderen Leichenfundorten.«
»Ich weiß«, sagte Nick. »Und ich wette mit dir um hundert Pfund, dass die Aufnahmen der Überwachungskameras an den Straßen zum Park nichts ergeben werden.« Er schloss die Augen. »Wenn ich nur wüsste, wie er die Opfer transportiert! Dann könnten wir ihn schnappen.«
Cynthia legte ihm sanft eine Hand auf den Ellbogen. »Geh nicht so hart mit dir ins Gericht. Du hast alles Menschenmögliche getan, um ihn aufzuspüren. Niemand hätte mehr tun können.«
Nick schwieg und starrte auf die Stelle, an der die Leiche gefunden worden war.
Die Fahrt vom Park zum Sentinel -Gebäude schien gar kein Ende nehmen zu wollen. Der Taxifahrer hatte versucht, die Staus zu umfahren, indem er Seitenstraßen nahm, aber das nutzte nicht viel. Sobald sie wieder eine größere Straße erreichten, stießen sie auf eine weitere Blechlawine.
Als sie die Charing Cross Road entlangkrochen, sah Cynthia frustriert auf die Uhr. Es war zwanzig vor zwei Uhr morgens. Sie hatte gehofft, den Artikel über den Mord schnell herunterzuschreiben und noch vor drei im Bett zu liegen. Aber das konnte sie jetzt vergessen. Gähnend hielt sie die Hand vor den Mund. Dann beugte sie sich vor, um durch das Fenster in der Plastiktrennwand den Fahrer anzusprechen.
»Was ist da nur los?«, fragte sie. »Gab es einen Unfall?«
»Nö«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »In letzter Zeit geht es um diese Uhrzeit immer so zu. Viele Leute kommen gerade von der Arbeit und gehen noch auf ein Pint in den Pub. Das ist die neue Rushhour.«
»Natürlich, das hatte ich ganz vergessen. Normalerweise bin ich so spät nicht mehr unterwegs.«
Während das Taxi zentimeterweise auf eine verstopfte Kreuzung zukroch, lehnte sie die Stirn gegen das Seitenfenster und beobachtete das Gedränge auf den Straßen. Männer und Frauen in Bürokleidung schoben sich über den Bürgersteig. Ein paar gackernde Mädchen kamen mit Einkaufstüten aus dem Shoe World. Schirme wurden aufgespannt, da es anfing zu regnen. Cynthia betrachtete die Bücher im Schaufenster von Foyles, als plötzlich sämtliche Auslagen dunkel wurden. Nur noch die Autoscheinwerfer beleuchteten die erstarrten Fußgänger auf dem Bürgersteig. Bremslichter tauchten die Szene in ein unheimliches rotes Licht.
»Schon wieder ein Stromausfall«, sagte der Taxifahrer kopfschüttelnd. »Das ist schon der zweite in dieser Woche. Man sollte meinen, die hätten das Problem inzwischen gelöst.«
»Das liegt an den vielen hell erleuchteten Parks und den rund um die Uhr geöffneten Geschäften – das hat natürlich Auswirkungen«, sagte Cynthia. »Fast die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung macht die Nächte durch, darauf ist das Stromnetz nicht ausgelegt.«
Der Taxifahrer schnaubte. »Bei den Steuern, die wir zahlen, könnten die locker ein weiteres Kraftwerk bauen.«
»Das werden sie bestimmt auch«, erwiderte Cynthia. »Aber die Veränderungen
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