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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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regelmäßigen Nahtstellen. Hier drinnen war es stockdunkel, und er schien ohne Licht zu fahren.
    Einen Moment lang verwandelte sich ihr Entsetzen in Wut, in wilde, animalische Wut. Lass mich raus, lass mich raus, mach die Fesseln los, du hast kein Recht, das zu tun, verdammt nochmall Sie kämpfte gegen ihre Fesseln, zog an Handgelenken und Armen, zog mit aller Kraft, schüttelte sich, trat, doch was immer sie fesselte, gab keinen Millimeter nach.
    Sie lag kraftlos da und rang erneut nach Luft. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Eigentlich müsste sie jetzt auf dem Ball sein, in ihrem wunderschönen Kleid und den neuen Schuhen, an Benedicts Arm, der charmant mit ihren Eltern plauderte und sie sofort für sich gewann. Er war auch nervös gewesen. Sie hatte versucht, ihn zu beruhigen, dass ihre Eltern von ihm bezaubert sein würden, dass ihre Mutter ihn vergöttern würde. Sicher, ihr Vater war ein harter Knochen, doch mit einem weichen Kern. Sie hatte Benedict versprochen, dass beide ihn lieben würden.
    Sicher, bis sie herausfinden, dass ich kein Jude bin.
    Der Wagen rollte weiter. Sie bogen jetzt nach links ab. Die Scheinwerfer leuchteten flüchtig auf, und sie erkannte die Mauer eines großen, heruntergekommenen Gebäudes mit zerborstenen Fenstern. Der Anblick stürzte sie in einen eisigen Strudel. Es sah aus wie die Gebäude, in denen der Film Hostel spielte. Gebäude, in denen unschuldige Menschen gefangen und von reichen Sadisten gefoltert wurden, die für dieses Privileg bezahlten.
    Ihre Phantasie lief Amok. Sie hatte Horrorfilme immer gemocht. Nun aber dachte sie an all die gestörten Mörder, die sie darin gesehen hatte, die ihre Opfer entführten und folterten und zum Vergnügen töteten. Wie in Das Schweigen der Lämmer. Das Texas-Kettensägenmassaker. Hostel. Der Hügel der blutigen Augen.
    Ihr Gehirn stand vor dem Kurzschluss. Sie atmete in kurzen, scharfen Stößen, voller Panik, während ihr Herz wütend in der Brust hämmerte.
    Der Wagen hielt an. Er stieg wieder aus. Sie hörte das Rumpeln einer Metalltür, dann schabte Metall heftig über eine andere harte Oberfläche. Er stieg wieder ein, knallte die Tür zu und fuhr weiter.
    Ich muss irgendwie mit ihm reden.
    Jetzt konnte sie durch die Windschutzscheibe sehen, dass sie sich in einem riesigen, leerstehenden Fabrikgebäude befanden, das hoch wie ein Flugzeughangar war. Die Scheinwerfer erlaubten einen flüchtigen Blick auf einen metallenen Laufsteg, der sich hoch oben an den Wänden entlangzog. Gigantische Metallbehälter, die aussahen wie riesige, verstaubte Treibstoffzylinder einer Rakete, reihten sich auf massiven Gestellen aus Stahl und Beton aneinander. Bahnschienen verschwanden zwischen Staub und Trümmern. Ein rostiger Güterwagen war mit Graffiti bedeckt und sah aus, als hätte er sich seit Jahrzehnten nicht bewegt.
    Der Wagen hielt an.
    Sie zitterte so sehr, dass sie nicht klar denken konnte.
    Der Mann stieg aus und schaltete den Motor ab. Wieder war das Ticken zu hören. Dann erklang das Knirschen von Metall, ein lautes, widerhallendes Scheppern und erneut das Geräusch einer Kette. Er kehrte zum Wagen zurück.
    Kurz darauf wurde die Schiebetür geöffnet, und er stieg zu ihr herein. Er leuchtete mit der Taschenlampe in ihr Gesicht und über ihren Körper. Sie starrte auf sein maskiertes Gesicht, bebte vor Angst.
    Sie könnte ihn wieder treten, dachte sie panisch. Obwohl ihre Beine zusammengebunden waren, könnte sie die Knie anziehen und mit aller Gewalt zutreten. Was aber würde ihr das nützen, solange ihre Arme gefesselt waren? Er würde nur wütend werden.
    Sie musste mit ihm reden. Sie erinnerte sich an die Zeitungsartikel, in denen Geiseln von ihren Erfahrungen berichteten. Man musste eine Verbindung zu den Entführern aufbauen. Es fiel ihnen schwerer, einem Schaden zuzufügen, wenn es eine Verbindung gab. Sie musste irgendwie den Mund frei bekommen, damit sie mit ihm reden konnte. Argumentieren. Herausfinden, was er wollte.
    »Du hättest mich nicht treten sollen«, sagte er unvermittelt. »Ich habe dir schöne neue Schuhe gekauft, die gleichen wie die, die du heute Abend tragen wolltest, wenn du Benedict deinen Eltern vorstellst. Aber ihr Frauen seid alle gleich. Ihr haltet euch für so mächtig. Ihr zieht diese ganzen sexy Sachen an, um einen Mann einzufangen. Zehn Jahre später seid ihr fett und scheußlich, mit Zellulitis und einem schlaffen Bauch. Irgendjemand muss euch eine Lektion erteilen, auch wenn ich es mit nur einem

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