Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)
nicht mitwirken.
Trotz eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts wurde Florian Pfaff weiterhin benachteiligt. Die Bundeswehr verhängte eine Beförderungssperre mit der Begründung, wegen seines Gewissens sei Pfaff nicht ›uneingeschränkt verwendungsfähig‹. Der Major zog wieder vor Gericht, erhielt wieder Recht. Doch der Streit ging weiter. Florian Pfaff: › Dann hat die Bundeswehr gesagt: Jetzt wechseln wir die Begründung, jetzt nehmen wir nicht mehr das Gewissen als Begründung, sondern sagen, er kann nicht befördert werden wegen seines Charakters.‹ Das sahen seine direkten Vorgesetzten allerdings anders. In einer Beurteilung bestätigten sie ihm, er sei ein › selbstbewusster, zuverlässiger, loyaler und verantwortungsbewusster Stabsoffizier […] mit einem gefestigten, ehrlichen und aufrichtigen Charakter‹.
Inzwischen ist Major Pfaff als EDV-Spezialist im Sanitätsdienst der Bundeswehr eingesetzt. Hier hat er weder direkt noch indirekt mit Kriegseinsätzen zu tun. Trotzdem verweigert die Bundeswehr dem 54-Jährigen die längst fällige Beförderung. Dagegen hat Pfaff erneut geklagt. Bei der Gerichtsverhandlung am 1. März des Jahres 2011 schlug der Vorsitzende Richter außergerichtliche Vergleichsverhandlungen vor. Als Vorbedingung hierfür nannte der Vertreter der Bundeswehr eine ›gewisse Zurückhaltung‹ des Klägers in der Öffentlichkeit. Pfaff hat damit kein Problem, weil sein Recht auf freie Meinungsäußerung dadurch nicht eingeschränkt wird. Entsprechend habe er sich auch vor dem Gericht geäußert. Major Pfaff: › Ich musste dafür ansagen [sic], dass ich ein vorbildlicher und rechtstreuer Soldat bleiben will. Ich habe das dann entsprechend formuliert, dass ich ein verantwortungsbewusster Stabsoffizier weiterhin bleiben werde. Das ist mir nicht schwer gefallen. Das wollte ich immer sein und das bin ich natürlich immer noch.‹«
22 Siehe http://www.ippnw.de/startseite/artikel/a8966af902/body-count-opferzahlen-nach-10-ja.html
23 Siehe http://www.iraqbodycount.org/
24 Heutiger Name: Academi
II.
Droge Krieg
III.
Der Aufbruchversuch
der arabischen Welt
Es war mitten im Winter, als der arabische Frühling ausbrach. Er kam so, wie ich ihn immer erträumt hatte. Gewaltlos. Wie jene friedliche Revolution im Ostblock, gegen die selbst mächtigste Panzer keine Chance hatten. Seit ich 1960 zum ersten Mal in Algerien war, hatte ich auf diesen Tag gewartet.
Fast endlos hatten die arabischen Völker die Ungerechtigkeiten und Demütigungen durch ihre kolonialen und postkolonialen Herrscher ertragen. Gelegentliche Aufstände waren brutal niedergeschlagen worden. Im Irak, in Syrien, in Libyen und in Algerien. Irgendwann arrangierten sich die meisten Menschen. Manche profitierten sogar von den klaren Machtverhältnissen. Dennoch: 200 bleierne Jahre Kolonialismus, Postkolonialismus und Diktatur mussten die Menschen Arabiens ertragen.
Fünfzig Jahre lang war ich durch die arabische Welt gereist. Nicht nur durch ihre Krisengebiete. Mit einer eigenen Kamelkarawane durchquerte ich die algerische Sahara bis an die malische Grenze. Am Rande der marokkanischen Wüste schrieb ich Warum tötest du, Zaid? , ein Buch über den irakischen Widerstand. Besonders häufig war ich in Syrien und Ägypten. Nichts wies auf den aufziehenden Orkan hin.
Der Westen hatte sich bei seinen verbündeten Marionetten in der arabischen Welt nie für Demokratie eingesetzt. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit waren dort nie seine Ziele. Freiheit hätte ja auch Freiheit von uns bedeutet. Undenkbar! Gleichheit? Noch undenkbarer! Und Brüderlichkeit gab es ja nicht einmal bei uns. Brüderlichkeit war immer nur eine Worthülse. Überall.
Als der Westen Arabien nicht mehr kolonisieren konnte, unterstützte er dort bedenkenlos skrupellose Monarchen und autoritäre Herrscher. Falls sie bereit waren, sich der westlichen Vorherrschaft unterzuordnen. Dafür durften sie jede oppositionelle, jede demokratische Bewegung im Keim ersticken. Bis Anfang 2011 hat der Westen befreundeten arabischen Diktatoren systematisch bei der Unterdrückung ihrer Völker geholfen.
Ein typisches Beispiel war Gaddafi: Nachdem er sich Ende 2003 der weltweiten »Antiterror-Koalition« angeschlossen hatte, besuchten mehrfach hochrangige amerikanische Politiker die libysche Hauptstadt Tripolis. Unter ihnen 2009 Ex-Präsidentschaftskandidat John McCain und Senator Joseph Lieberman. Laut »Wikileaks« waren beide begeistert. Lieberman schwärmte bei einem
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