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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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anderen Schritte wahr, laut hallen sie auf dem Flur. Ein tanzendes Licht nähert sich, und eine dunkle Gestalt späht durch das kleine Fenster in der Zimmertür. Ich schließe die Augen und atme ruhig, als schliefe ich. Die Schritte entfernen sich, und als ich die Augen öffne, entfernt sich das Licht den Flur entlang. Leise gleite ich aus dem Bett und sage im Geist den Zahlencode auf: Sechs-acht-fünf-eins oder Sechs-acht-fünf-zwei. Ich bin nicht sicher, welche Kombination ich zuerst probieren soll. Hin und wieder halten die Schritte auf dem Flur inne, und eine dunkle Gestalt späht zu mir herein. Als ich gar nichts mehr höre, packe ich den Türknauf und drehe ihn ganz langsam, um keinen Lärm zu machen. Nichts rührt sich. Behutsam öffne ich die Tür und lasse den Knauf ebenso vorsichtig wieder los, damit er nicht klickend zurückspringt.
    Der Flur ist leer. Zufrieden nicke ich, trete hinaus und schließe die Tür hinter mir. Ich laufe gebückt und ducke mich, wenn ich an den Türen mit den Sichtfenstern vorbeikomme. Vor mir liegt die Pforte, gleich hinter dem Stationszimmer. Dort fällt helles Licht in den Flur. Wie komme ich dort vorbei, ohne bemerkt zu werden?
    Im Flur ist ein leises Klicken zu hören. Erschrocken sehe ich mich um. Nichts. Woher kommt das Geräusch? Ich beuge den Arm, denke nach und erkenne, dass es meine Zähne sind. Klick-klick-klick. Ich halte mir die Hand vor den Mund und stelle fest, dass ich nicke, auf und ab, auf und ab. Also hole ich tief Luft und zwinge mich, ruhig zu werden. Warum tue ich das? Es ist, als bewege sich der Körper von allein, völlig meiner Kontrolle entzogen.
    Sie sind es. Sie wissen, dass ich fliehen will, und wollen mich in ihre Gewalt bekommen.
    Ich gehe weiter und beuge ständig den Arm: auf und ab, auf und ab. Mit einem dumpfen Pochen trifft er die Wand. Ich packe den Arm mit der anderen Hand und halte ihn fest, verliere dabei aber die Kontrolle über die Zähne.
    Klick-klick-klick.
    Taumelnd nähere ich mich der Pforte. Sie hüpft auf und ab, weil ich ständig heftig nicke. Fünf Schritte weiter, zehn Schritte. Hinter mir tut sich etwas, noch weit entfernt. Ich fahre herum, doch dort ist niemand zu sehen. Er befindet sich noch hinter der Ecke – Beeilung!
    Wieder fünf Schritte und noch einmal fünf. Der Arm spannt sich vor der Brust an, ich halte ihn mit dem ande­ren fest. Klick-klick-klick. Mein eigener Körper wendet sich gegen mich, Körperteil um Körperteil, während das versteckte Kontrollsystem der Anderen mein Bewusst­sein untergräbt. Noch fünf Schritte. Ich habe das Sta­tions­zimmer fast erreicht.
    Nun lasse ich den Arm los und hebe die Hand zum Mund, schiebe die Finger zwischen die Zähne, um das Zähneklappern zu dämpfen. Solange ich die Wände nicht berühre, verursache ich keinen Lärm und verrate mich nicht. Die Bisse tun weh, sind aber nicht fest genug, um eine blutende Wunde zu schlagen. Hinter mir werden die Schritte lauter. Wild nickend schleiche ich weiter, in den Augen brennen heiße Tränen.
    Wenn ich um die Ecke spähe, kann ich das Stationszimmer überblicken. Am Schreibtisch sitzt eine dicke Person mit dem Rücken zu mir. Es ist nicht Shauna, sondern eine Frau, die ich noch nie gesehen habe. Das bedeutet, dass hier drei und nicht nur zwei Leute ein­gesetzt sind. Ich weiß nicht, wie ich mich vor so vielen Mitarbeitern verstecken kann. Hinter mir brechen die Schritte ab, ich wende mich um. Nichts. Mit angehaltenem Atem husche ich weiter, der Arm schlägt unkon­trolliert auf und ab, und bringe die offene Tür hinter mich. Die Schwester dreht sich nicht um.
    Noch fünf Schritte, leise wie ein Flüstern.
    Jenseits der Tür gehe ich in die Hocke und schleiche geduckt unter dem Fenster des Stationszimmers vorbei. Direkt über mir droht der Monitor mit leisem Summen. Die Zähne arbeiten unablässig, auf und ab. Ich erreiche die Pforte. Der rechte Arm beugt und streckt sich.
    Wie schaffe ich es, den Code einzugeben?
    Ich nehme die Hand aus dem Mund und beiße die Zähne zusammen. Die Hälfte der Kaumuskeln kämpft nun gegen die andere Hälfte. Mit der linken Hand führe ich den zuckenden Arm zu Boden, um mit dem Fuß auf die Hand zu treten und ihn festzuhalten.
    Schon wieder diese Schritte. Er wird jeden Augenblick um die Ecke biegen. Mit der linken Hand kann ich die Tastatur erreichen. Als ich ihr zu nahe komme, summen die Finger. Natürlich, die Tasten sind elektronisch! Ich fluche lautlos. Sobald ich sie berühre, bemerken sie,

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