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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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dass ich hier bin. Dagegen kann ich nichts tun, es gibt keine andere Möglichkeit. Also überwinde ich mich und tippe die Ziffern ein: Sechs-acht-fünf … und jetzt die Eins oder die Zwei? Hinter mir werden die Schritte lauter.
    Los doch!
    Die Zwei. Der Riegel klickt leise, das Gitter schwingt auf. Ich richte mich auf und renne los, der rechte Arm zuckt wie wild. Er prallt gegen das Tor, ich grunze und unterdrücke den Schmerz. Im Stationszimmer tut sich etwas. Ich schließe das Gitter hinter mir. Der Riegel klickt laut.
    »Wer ist da?«
    Hinter der Pforte erstreckt sich der Gang in beide Richtungen. Ich verschwinde nach rechts, um außer Sicht zu gelangen. Unterwegs packe ich den Arm, halte ihn fest und taumele an einigen Büros vorbei, die alle dunkel und verlassen sind. Am ersten Quergang halte ich an und denke nach.
    Soll ich einfach verschwinden? Oder soll ich versuchen, vorher noch etwas herauszufinden?
    Hier geht eindeutig etwas Seltsames vor, so viel ist klar. Wenn ich weglaufe, gelingt mir sicherlich die Flucht, und wenn ich schnell genug bin, kann ich für immer verschwunden, die Stadt verlassen und nie zurückkehren. Vielleicht finde ich irgendwo eine Farm, weit entfernt von Handys, Fernsehern und allen Geräten, mit deren Hilfe sie mich finden könnten. Das Problem ist nur, dass ich vielleicht nicht der Einzige bin, den sie suchen. Bei einem so großen Plan und einer so gewaltigen Verschwörung kann man kaum erwarten, dass sie es nur auf mich abgesehen haben. So wichtig bin ich nicht – in diesem Punkt hat Vanek recht. Sie planen etwas Großes, und was es auch ist, der Schlüssel liegt womöglich in dieser Klinik. Wenn ich ihn finde, fällt mir vielleicht etwas ein, um sie aufzuhalten.
    Klick-klick-klick. Abermals verliere ich die Kontrolle über den Unterkiefer. Ich spähe um eine Ecke und erstarre vor Schreck – dort ist eine Cafeteria, die vor Elektrizität summt. Oben hängen unzählige Leuchtstoffröhren, es gibt Kühltheken, Verkaufsautomaten, Mikrowellen. Keuchend und nickend ziehe ich mich zurück und lehne mich an die Wand. Wohin?
    Vorwärts kann ich nicht. Selbst wenn mich die beiden Ärzte, die plaudernd an einem Tisch sitzen, nicht bemerken, werde ich den Geräten nicht entgehen. Sobald ich aus der Deckung hervorkomme, können sie mich orten. Ich mache kehrt, gehe langsam den Flur entlang und lese die Namen auf den Bürotüren: Skarstedt, Beisinger, Zobell. Als ich die Abzweigung zur geschlossenen Abteilung erreiche, bleibe ich stehen und lausche.
    »Ich hätte schwören können, dass ich die Pforte gehört habe.«
    »Aber wir sind hier die Einzigen.«
    Ich erkenne keine der Stimmen und spähe um die Ecke, wobei ich die Zähne so fest wie möglich zusammenbeiße. Die füllige Schwester steht in der Bürotür und redet mit einem schwarz gekleideten Wachmann. Keiner der beiden blickt in meine Richtung.
    »Vielleicht der Raumpfleger?«
    »Er weiß, dass er sich bei mir melden muss.«
    Ich ergreife die Gelegenheit und husche so leise wie möglich an der Pforte vorbei. Auf der anderen Seite gibt es weitere Türen, am Ende des Flurs entdecke ich eine dunkle Ecke – vielleicht ein Treppenhaus.
    »Wart mal, was war das?«
    »Ich melde das, hier stimmt was nicht.«
    Hinter mir klappert das Gitter, als jemand durchkommt. Ich eile an weiteren Türen vorbei: Olsen, Layton, Little. In dieses dunkle Büro husche ich nun und halte den Arm fest, damit er nicht wild umherschlägt. Der Kopf nickt so heftig, dass ich kaum etwas erkenne. Als der Wachmann draußen im Flur vorbeigeht, kauere ich schon in der Ecke. Es sind die lauten, schweren Schritte, die ich jede Nacht gehört habe. Ich sehe mich um und suche verzweifelt nach einer Fluchthilfe …
    Das Büro ist voll von Fotos. Sie hängen an den Wänden, liegen auf dem Schreibtisch ausgebreitet und sind sogar zu Boden gefallen. Einzelheiten kann ich im schwachen Licht nicht erkennen. Nach und nach passen sich die Augen an, die Pupillen weiten sich, und ich bin von Gesichtern umgeben. Nein, es sind keine Gesichter. Köpfe. Ich unterdrücke einen erschrockenen Schrei und überwinde die Angst. Ausnahmslos alle Fotos zeigen verstümmelte, blutige Leichen, deren Gesichter zerstört und zerschlagen sind. Keuchend taumele ich zurück und pralle gegen die Wand. Sie sind überall.
    Informationen – ich suche nach Informationen. Also trete ich mit zusammengebissenen Zähnen und fest verschränkten Armen wieder an den Schreibtisch und betrachte die Fotos. Jedes trägt

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