Du stirbst zuerst
Vorstellungen ein, weil sie ziemlich lächerlich sind. Sie haben keinen Empfänger für elektrische Signale oder irgendein außerirdisches Wesen im Kopf.« Er wendet sich an die übrigen Patienten, die sich um uns versammelt haben. »Zurück zu Ihren … wir sind hier fertig.« Damit wendet er sich um und entfernt sich. Der riesige Pfleger begleitet ihn wie ein Leibwächter.
Ich habe einen Peilsender. Das ist die einzige Erklärung. In einer jener Episoden, an die ich mich nicht erinnern kann, wurde ich entführt. Ich weiß nicht, von wem oder wovon, aber sie haben mir etwas ins Gehirn eingepflanzt, das auf elektrische Felder reagiert. So können sie mich aufspüren und kontrollieren. So gehen sie auch sonst vor. Doktor Little glaubt mir nicht, oder er hat bewusst die Unwahrheit gesagt. Lügt er mich an, oder macht er sich auch selbst etwas vor? Geht er darüber hinweg, weil er die Schlussfolgerungen scheut, oder deckt er die Verantwortlichen?
»Hallo, Mike.«
Ich blicke auf. Devon steht in der Zimmertür und grinst.
»Sie haben Besuch, Mann.«
Lucy! Ich springe auf und eile zur Tür. »Endlich!«
»Es ist Ihr Vater.«
Wie angewurzelt bleibe ich stehen. Mein Vater. Wir haben uns lange nicht gesehen. Ich bin seit einem guten Monat hier, dazu die zwei Wochen, an die ich mich immer noch nicht erinnern kann. Mein Vater. Ich ziehe ein langes Gesicht und weiche einen Schritt zurück. »Was will er denn?«
»Na, er will Sie besuchen, Mann«, sagt Devon. »Er ist Ihr Dad. Ist doch klar, dass er Sie besuchen will.« Ich rühre mich nicht, woraufhin er mich an der Schulter fasst. »Kommen Sie, Mike. Sie sind jetzt fünf Wochen hier und hatten nicht gerade viel Besuch. Kommen Sie mit und begrüßen Sie ihn.«
Ich zögere kurz, doch Devon schiebt mich zur Tür und bugsiert mich durch den Flur zum Gemeinschaftsraum. Dort steht schon mein Vater unsicher an der Wand und hält den Hut in den Händen. Er trägt immer denselben Filzhut, egal, was er vorhat.
Als er mich sieht, richtet er sich auf, doch das Gesicht bleibt hart. Ich lasse mir nichts anmerken und gehe auf ihn zu. Ein paar Schritte vor ihm bleibe ich stehen.
»Doktor Little bat mich zu kommen«, erklärt er brüsk. Ich warte, ob er noch mehr sagt, doch er schweigt.
Ich schlage die Augen nieder. »Wahrscheinlich denkt er, das könnte mir helfen.«
Mein Vater grunzt. »Er kennt uns wohl nicht gut.«
»Willst du dich setzen?«
»Ich bleibe nicht lange.«
Ich nicke. Das passt mir gut. Ich will auch möglichst wenig Zeit mit ihm verbringen. Weil ich nicht weiß, was ich sagen soll, starre ich die Wand an. »Bist du in einen Stau geraten?«
»War so schlimm wie immer.«
»Ah.« Wieder nicke ich. Nicke ich zu oft? Ist es diese Spätdys… Dyskinesie? In letzter Zeit mache ich mir große Sorgen, vielleicht zu große. Ich hefte den Blick auf die Wand und halte den Kopf ruhig.
»Der Arzt hat nach deiner Mutter gefragt«, sagt er. Es klingt leicht verärgert. Kaum zu bemerken, aber ich habe gelernt, seine Stimmungen zu erkennen, ehe die Situation eskaliert. »Ihre Krankengeschichte und so weiter. Er wollte wissen, ob sie so verrückt war wie du. Was erzählst du diesen Leuten eigentlich über deine Mutter?«
»Nichts«, antworte ich rasch. »Sie haben mich auch nie nach ihr gefragt.«
»Ich wollte nicht wissen, ob sie dich nach ihr gefragt haben, sondern was du ihnen erzählt hast.« Er hebt die Stimme. Ich fühle mich wieder wie ein Kind, das in der Ecke stehen und zuhören muss, wie er brüllt, weil ich etwas zerbrochen oder mich beim Spielen zu weit vom Haus entfernt habe. Er mochte es nicht, wenn ich zu weit weg war. Ich glaube, er hatte Angst, sie könnten wiederkommen, um mich zu holen.
Ich schüttle den Kopf und blicke zu Boden. »Ich habe gar nichts gesagt, Vater. Kein Wort über Mom. Sie hat nichts mit der Sache hier zu tun.«
»Damit hast du verdammt recht, dass sie nichts mit der Sache hier zu tun hat«, sagt er. »Schlimm genug, dass du verrückt und dumm herumläufst, aber wenn du deine Mom als verrückt und dumm hinstellst, geht das zu weit. Hast du das verstanden, Junge? Das hat sie nicht verdient.«
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagt Devon. Er nähert sich, doch mein Vater unterbricht ihn grob.
»Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram. Haben Sie das kapiert?«
Devon stutzt, dann weicht er uns aus und geht zur Pforte.
Irgendetwas stimmt hier nicht. Doktor Little kennt meine gesamte Krankengeschichte, seit ich vor Jahren das letzte Mal mit
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