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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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nicht haben. Sie wollten nur uns, die Kinder. Bisher konnte noch niemand erklären, warum sie es auf uns abgesehen hatten, aber vielleicht ist dies der Grund. Wussten Sie, dass alle entführten Kinder später in die Sekte zurückgekehrt sind?«
    Sie runzelt die Stirn. »Alle?«
    »Alle bis auf mich. In Powell hat mich ein FBI -Agent aufgesucht und mir erzählt, dass man mich schon seit Jahren beobachtet, ob ich mich genauso verhalte.«
    »Wie können Sie sicher sein, dass der FBI -Mann real war?«
    »Er hat mit Doktor Little gesprochen«, erkläre ich. »Sie haben auch mit Doktor Little gesprochen, oder?« Sie nickt. »Dann ist der Agent entweder real, oder Sie alle drei sind es nicht.«
    »Und Sie glauben nun, dieses … dieses Implantat, was es auch ist, hätte die Kinder zur Sekte zurückgerufen, sobald sie alt genug waren?«
    Ich nicke lebhaft, stehe auf und schreite umher. »Irgendwie steuert es ihr Bewusstsein, es übernimmt sie, und sie wissen nicht mehr, was sie tun. Das Implantat erklärt alles. Es erzeugt ein elektrisches Feld – wahrscheinlich verschwimmen dadurch die Gesichter, wenn ich sie anblicke, und aus diesem Grund erkenne ich sie auch als das, was sie wirklich sind, obwohl es niemand sonst erkennt. Ich muss sie nicht einmal anblicken, um sie zu erkennen. So läuft es anscheinend. Ich … ich benutze mein eigenes Feld, um das ihre zu spüren. Deshalb verursachen mir andere elektrische Felder Schmerzen. Sie kollidieren mit dem Feld, das ich schon im Kopf habe.« Ich schlucke. »Deshalb leide ich an Schizophrenie. Mein Implantat ist kaputt und stürzt den ganzen Kopf ins Chaos.«
    Sie beobachtet mich, in ihren Augen schimmern Tränen. Sie schürzt die Lippen. »Es tut mir leid«, flüstert sie. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen helfen soll.«
    »Sie können mir sagen, wo ich war«, entgegne ich.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Bevor mich die Polizei aufgegriffen hat, bevor wir uns im Krankenhaus begegnet sind, war ich woanders. Ich weiß nicht, wo und warum, denn ich habe das Gedächtnis verloren. Wenn ich dorthin zurückkehre, zurück an diesen Ort, erwachen die Erinnerungen vielleicht. Was diese Leute auch getan haben oder immer noch tun, dort liegt die Antwort.«
    Sie schüttelt den Kopf. »Das ist doch verrückt.«
    »Ich bin wirklich verrückt.« Ich setze mich nieder und sehe ihr in die Augen. »Wollen Sie nicht wissen, welchen Plan sie verfolgen? Ich bin der Plan. Ich, die anderen Kinder, die Reporterin, die nicht mehr herauskommt, und Gott weiß wie viele andere Menschen. Sie haben uns etwas eingepflanzt, das uns verändert. Den Grund kenne ich nicht, ich weiß auch nicht, wie sie es anstellen und wie weit es noch gehen soll, aber wir müssen sie aufhalten. Wir müssen etwas unternehmen.« Ich lege die Hand auf die Stuhllehne. »Sie müssen mir helfen, sie zu finden.«
    Aufmerksam beobachtet sie mich und betrachtet mich, als suche sie etwas – vielleicht eine sichtbare Spur dessen, was mir die Gesichtslosen in den Kopf gestopft haben. Sie schweigt und sieht mich nur an. Was denkt sie?
    Schließlich holt sie tief Luft und nickt. »Es ist im Computer. Ich sehe mal nach.«
    Ich nicke und ziehe mich ein wenig zurück, damit sie aufstehen kann. Sie reibt sich die gequetschten Finger. Dann geht sie ins hintere Zimmer, und ich lasse mich völlig erledigt auf einen Stuhl fallen. Ich muss schlafen und etwas essen. Mühsam stehe ich wieder auf und betrete um die Anrichte herum die Küche, wo ich den Kühlschrank öffne. Aus dem Nebenzimmer dringt eine leise Melodie herüber, während der Computer startet. Gleich darauf höre ich sie tippen. Computer habe ich noch nie gemocht, ich habe auch vor der Schizophrenie so gut wie nie einen benutzt. Wenn ich etwas im Kopf habe, das auf sie reagiert, ist wohl anzunehmen, dass es schon mein Leben lang dort ist. Im Kühlschrank finde ich eine Schaumstoffschachtel mit einem halb gegessenen Burrito und ein paar gebackenen Bohnen. Ich hole beides heraus und esse es kalt. Mikrowellen mag ich auch nicht.
    Sie tippt immer noch. Warum muss sie tippen? Wenn sie etwas sucht, das schon im Computer ist, muss sie doch nur mit der Maus klicken. Es klingt, als schreibe sie einen ganzen Roman …
    Oder eine E-Mail. Ich lasse die Schachtel fallen und renne hinüber, stürze in das Zimmer und entdecke sofort das offene E-Mail-Programm auf dem Monitor. Fluchend greift sie nach der Maus. Ich rempele sie mit voller Wucht an und werfe sie vom Stuhl. Sie hält sich an der Maus und der

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