Du stirbst zuerst
zusammen, es gehört zu einem größeren Ganzen …«
»Sie sind wirklich verrückt.« Sie reibt sich die Augen. »Worauf habe ich mich da nur eingelassen?«
»Passen Sie auf.« Ich ziehe das Dokument hervor. »Ich kann es Ihnen beweisen. Der Raumpfleger in der Powell-Klinik hat mich gestern Abend angegriffen. Wir waren allein, alle anderen haben geschlafen. Er hat sogar die Nachtschwester ausgeschaltet und hatte dies bei sich.«
Ich zeige ihr das Blatt. Sie beäugt es misstrauisch, als hielte ich ihr eine Schlange hin.
»Was ist das?«
»Sehen Sie es sich an.«
Sie rührt sich nicht. »Legen Sie es auf den Boden und ziehen Sie sich zurück.«
»Wie Sie wollen.« Ich schiebe das Blatt vorsichtig zu ihr hinüber, hebe die Hände und ziehe mich zurück. Sie nimmt es.
Ich halte den Atem an. Irgendwie habe ich immer noch Angst, das Dokument sei nicht real – einfach nur ein leeres Blatt, ein Reinigungsplan oder etwas anderes, das nichts mit mir zu tun hat. Sie betrachtet es genau und schürzt die Lippen.
»Was ist das?«
»Sagen Sie es mir.«
Sie starrt es an und überfliegt es noch einmal, dann liest sie es.
Was liest sie da?
»Das ist Ihr ganzes Leben.« Sie sieht mich an. »Die früheren Wohnorte, Arbeitsplätze, Ihre alte Schule.«
Erleichtert seufze ich, ich muss sogar schluchzen. »Es ist real«, sage ich. »Es ist real. Es passiert wirklich.«
»Sie sagen, der Raumpfleger hatte es bei sich?«
»Es ist real«, murmle ich noch einmal. Ich sinke auf den Boden und lehne mich erschöpft an die Tür. »Ich bin nicht verrückt.«
»Hatte er sonst noch etwas dabei? Etwas über die anderen Patienten?«
Ich schüttle den Kopf. »Nichts. Nur dies und einen Schlüsselbund. Außerdem eine Notiz mit dem Code der Pforte.«
»Sind Sie sicher, dass es der Raumpfleger war?«, fragt sie. »Sind Sie sicher, dass es nicht jemand anders war, der sich eingeschlichen hat?«
»Ganz sicher.«
Sie kommt auf die Knie hoch. »Würden Sie ihn erkennen, wenn ich Ihnen ein paar Fotos zeige?«
»Er hatte kein Gesicht.«
Sie hält mit offenem Mund inne. »Nicht das schon wieder!«
»Es ist wahr«, sage ich. »Vielleicht hatte er sogar ein Gesicht, das ich aber nicht sehen konnte. Es war wie … wie ein Feld oder so. Der Kopf war verschwommen. Das Haar konnte ich erkennen, aber das Gesicht war … da war gar nichts.«
»Sie halluzinieren.«
»Nein«, entgegne ich entschieden. »Ich meine, manchmal schon, aber in diesem Fall nicht. Es war real, ganz sicher. Ich stand noch voll unter dem Einfluss der Medikamente.«
»Und jetzt?«
»Ebenfalls. Es sind andere Mittel, aber sie wirken.«
Sie seufzt. »Hören Sie sich doch selbst reden, Michael. Wie konnten Sie den Raumpfleger erkennen, wenn Sie nicht einmal sein Gesicht sahen?«
»Aber ich …« Ich halte inne. Mir wird plötzlich bewusst, dass ich das Gesicht des Raumpflegers tatsächlich nie gesehen habe. Genaugenommen habe ich ihn immer nur gehört und … gefühlt. Irgendwie habe ich die ganze Zeit gewusst, wer er war und wo er war. Selbst durch die Wände und die geschlossenen Türen hindurch. »Ich wusste es einfach«, erwidere ich. »Es ist wie … als hätte ich einen zusätzlichen Sinn benutzt, wie Sehen oder Wittern oder so, aber anders. Eine Wahrnehmung, die mir völlig natürlich vorkam.«
Sie reibt sich die Augen, zieht sich hoch und setzt sich auf einen Stuhl. »Merken Sie nicht selbst, wie verrückt das alles klingt? Können Sie sich vorstellen, wie krank es dann erst mir vorkommt? Sie leben in einer Phantasiewelt, Michael. Nichts von alledem ist Wirklichkeit.«
»Mir ist klar, wie schwer es zu glauben ist«, gebe ich zu. »Es klingt dumm und lächerlich, und … und … ich kann nicht gut reden. Ich rede ja kaum, jedenfalls nicht mit Menschen aus Fleisch und Blut. Deshalb weiß ich nicht, wie ich Sie überzeugen kann, aber Sie müssen mir vertrauen, ja? Die Gesichtslosen sind real, sie verfolgen einen Plan, und wir müssen sie aufhalten.«
»Worin besteht denn Ihr Plan?«
»Ich … das weiß ich noch nicht.«
Sie schließt die Augen und lehnt sich auf dem Stuhl zurück. »Das darf doch nicht wahr sein.«
»Aber es ist real«, beharre ich. »Ich schwöre, dass es real ist. Es muss mit ChemCom zu tun haben. Sie müssen mir vertrauen.«
»Ich kann Ihnen nicht vertrauen«, erwidert sie. »Sie sind krank und haben Wahnvorstellungen. Sie können sich nicht einmal selbst trauen.«
Ich schüttle den Kopf und bemühe mich, die Atmung unter Kontrolle zu
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