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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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»Ich …« Ich beiße die Zähne zu­sammen. Er darf mich nicht verwirren. »Er wollte mich töten.«
    »Er wollte Sie retten«, behauptet Vanek. »Anscheinend war er aber ein Trottel und hat es vermasselt.«
    »Mich hat niemand gerettet«, widerspreche ich. »Ich bin geflohen. Als ich sah, dass er kein Gesicht hat, bin ich weggelaufen.«
    »Glauben Sie wirklich, Sie haben das alles ganz allein geschafft?«
    »Es war ja sonst niemand dort!«
    »Genau«, sagt er. »Kam Ihnen das nicht komisch vor? Wie lange haben Sie gebraucht, um den Leichnam wegzuschleppen und ihm die Kleidung abzunehmen? Warum hat Sie niemand gestört? Wo war der Wachmann? Was ist mit den Überwachungskameras? Sogar die Nachtschwester war bewusstlos.«
    »Das war …« Ich weiß nicht weiter.
    »Nikolai und die anderen haben Ihre Flucht aus dem Krankenhaus geplant«, erklärt Vanek. »Sie sind jedoch allein geflohen, und jetzt laufen Sie hier draußen herum. Anscheinend sind Sie sehr gefährlich.«
    »Er hat mir nicht geholfen«, widerspreche ich energisch. »Ich weiß nicht, wo der Wachmann steckte, aber es waren noch andere Leute dort, zum Beispiel die Nachtschwester.«
    »Wahrscheinlich ist Nick deshalb zu Ihnen gelaufen. Er wollte verhindern, dass Sie schreien und Aufmerksamkeit erregen. Wir konnten doch nicht ahnen, dass Sie ihn gleich umbringen. Wir haben angenommen, Sie erinnern sich.«
    »Aber … aber warum wollen mir die Gesichtslosen helfen?«
    »Denken Sie doch nach, Michael! Warum können Sie die Gesichtslosen als Einziger sehen? Warum hat das FBI Sie vernommen?«
    »Der Agent hat mich nicht vernommen, er wollte … er hat mir nur Fragen gestellt. Das ist etwas anderes.«
    »Warum hat Ihnen der Arzt so viele Tabletten gegeben?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Warum hat er jedes Mal, wenn Sie der Wahrheit zu nahe gekommen sind, versucht, Ihnen eine Kernspin­tomografie zu verpassen?«
    »Keine Ahnung!«
    »Nun kommen Sie, Michael, reimen Sie es sich endlich zusammen! Die Gesichtslosen helfen Ihnen, weil Sie einer von ihnen sind.«
    Ich taumle zurück und stolpere über das Telefon. »Das ist nicht wahr.«
    »Verdammt, Michael, Sie müssen sich erinnern!«
    Es kann nicht wahr sein, ausgeschlossen. Ich sehe mich um, als könnten mir die Wände eine Antwort oder einen Fluchtweg bieten, aber da ist nichts. Nur die Mauern, die mich einsperren wie einen Gefangenen. Ich kann kaum noch atmen, weil mir jemand die Lungen zusammenzupressen scheint. Abermals weiche ich zurück und ziehe das Telefon mit. Das Kabel folgt der Bewegung und rutscht aus dem dunklen Loch des Wandschranks heraus.
    Es ist mit nichts verbunden.
    »Michael«, sagt Vanek ruhig, »bleiben Sie, wo Sie sind. Ich komme gleich zu Ihnen. Tut mir leid, dass Sie es auf diese Weise erfahren mussten, aber wir dachten, Sie hätten sich erinnert und wüssten inzwischen Bescheid. Wie haben Sie überhaupt das Haus gefunden, wenn Sie sich nicht erinnern können?«
    Ich ziehe das Kabel hoch, immer weiter und weiter, bis der Stecker frei in der Luft hängt.
    »Michael, wenn Sie noch jemanden ohne Gesicht sehen, dann halten Sie sich bitte zurück. Und töten Sie niemanden mehr!«
    »Sie sind nicht real.«
    »Natürlich bin ich real.«
    »Das Telefon ist nicht eingesteckt.« Ich gehe zum offenen Schrank und taste nach der Dose. Da ist nichts und war nichts, absolut nichts, wo man ein Telefon einstecken könnte. »Das Telefon funktioniert nicht, also findet diese Unterhaltung nur in meinem Kopf statt.« Ich richte mich auf. »Sie sind eine Halluzination.«
    »Nur weil ich in Ihrem Kopf bin, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht real bin …«
    Ich lasse das Telefon fallen und laufe hinaus. Es ist eine klare, kalte Nacht, über dem Lichtschleier der Stadt schimmern schwach die Sterne. Ich renne zum Auto, schließe eilig auf und stecke den Schlüssel ins Zündschloss. Der Motor springt sofort an, die Magnetfelder kribbeln in den Füßen. Jetzt klingelt das Handy meines Vaters. Erschrocken schreie ich auf und hebe die Hände, um die Schmerzen abzuwehren, aber ich spüre nichts. Das Signal tut mir nicht weh, weil der Akku nicht im Handy steckt.
    Vanek ruft schon wieder an.
    Laut und aufdringlich klingelt das Telefon. Ich werfe es zum Fenster hinaus. Es ist mir egal, ob Vanek mit mir reden will. Ich höre einfach nicht mehr zu.
    Für kurze Zeit verirre ich mich in dem leeren Viertel, aber bald finde ich die Ausfahrt und lenke das Auto auf die Straße, um den Schildern zum Highway vierunddreißig

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