Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Titel: Du und ich und all die Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Silver
Vom Netzwerk:

London
Neujahrsvorsätze:
     
Scheidungsanwalt suchen
Alex’ Briefe, Geschenke etc. zurückschicken (außer die McQueen-Pumps?)
Kameramann anrufen, der mich bei Frauentausch angebaggert hat
Fünf Kilo abnehmen
Wohnung suchen – Makler in Hackney/Stoke Newington kontaktieren?
    Mom wusste, dass ich gerade allein zu Hause saß und so tat, als wäre dies ein Abend wie jeder andere. Das stimmte ja auch. Was sollte Silvester denn sonst sein? Zugegeben, bisher war mir der Abend immer sehr wichtig gewesen. Realistisch betrachtet allerdings handelte es sich lediglich um irgendein willkürlich festgelegtes Datum ohne jede tiefere Bedeutung, genauso lästig wie Geburtstage. Mom rief trotzdem an, um mich noch einmal einzuladen.
    «Warum kommst du nicht einfach vorbei, Schatz? Trink ein Glas Sekt und iss etwas mit mir und Charles. Seine Schwester hat ihm das neue Jamie-Oliver-Kochbuch zu Weihnachten geschenkt, das amerikanische. Er hat daraus schon Vanille-Cheesecake gemacht. Umwerfend! Komm vorbei und probier ein Stück davon!»
    «Mom, ganz ehrlich, ich will nicht weggehen. Außerdem habe ich schon was getrunken und kann nicht mehr fahren.» Das war eine Lüge und eine ziemlich dumme noch dazu, weil ich mir die Reaktion meiner Mutter an fünf Fingern ausrechnen konnte.
    «Oh, Nicole, ich ertrag es nicht, dass du da alleine herumsitzt und trinkst. Das ist schrecklich. Spring in ein Taxi. Oder soll ich einfach zu dir kommen? Ich bringe Eis mit, und wir schauen uns zusammen eine DVD an oder so was.»
    Ich wollte keine DVD sehen. Ich wollte nicht darüber reden und alles wieder aufwärmen. Ich wollte kein Eis und keine Frauenfilme, und ich wollte nicht behandelt werden, wie ein armes Hascherl mit gebrochenem Herzen. Das war alles so ein schreckliches Klischee!
    «Mom, entschuldige, ich will heute einfach nur allein sein. Wirklich! Es tut mir leid, aber ich würde den Abend lieber nur mit den Hunden verbringen. Warum treffen wir uns nicht stattdessen morgen? Wir könnten zusammen Mittagessen gehen.»
    «Na gut», sagte sie. «Aber trink bitte nicht so viel.»

    Obwohl ich sonst aus Prinzip nicht allein trank, hatte ich nach Moms Gerede über den Alk plötzlich Lust auf ein Glas. Ich ging in die Küche und holte mir die Flasche Laurent-Perrier Rosé, die uns einer von Doms dankbaren Mandanten vor einer Weile geschenkt hatte. Wir hatten sie für einen besonderen Anlass aufbewahrt. Die Hunde folgten mir zum Kühlschrank, Mick wartete wohlerzogen hinter mir, während Marianne ihre Nase ins Gemüsefach steckte.
    «Hast du Hunger, meine Kleine?», fragte ich. Sie wedelte mit dem Schwanz und schaute mich hoffnungsfroh an. Im mittleren Fach stand ein Schinkenbraten, den mir meine Schwiegermutter samt Karte geschickt hatte. Darauf wünschte sie mir frohe Weihnachten und hoffte doch sehr, dass ich wegen des (selbstverständlich nachvollziehbaren) Benehmens ihres Sohnes schleunigst wieder Vernunft annehmen würde. Ich holte den Braten raus, schnitt einige große Stücke vom Knochen herunter und verteilte sie auf zwei Teller. Die Hunde konnten ihr Glück kaum fassen. Dann öffnete ich den Champagner und schenkte mir eine große Tasse voll. Saubere Gläser existierten in meinem Haushalt momentan nicht und Champagnergläser schon gar nicht. Ich hatte seit Tagen nicht abgewaschen und seit Wochen nicht mehr geputzt. Pizzakartons und Plastikbehälter vom China-Mann stapelten sich auf dem Küchentresen. Ein hüfthoher Stapel Zeitungen lag ungelesen in Doms Arbeitszimmer und harrte seiner Entsorgung.
    Ich ging mit meinem Becher ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Gedankenverloren zappte ich durch die Kanäle, ohne wirklich etwas mitzubekommen. Also schaltete ich das Gerät wieder aus und drehte die Stereoanlage auf. Seit einem Monat lief bei mir Sticky Fingers auf Endlosschleife. Zu den Klängen von Wild Horses kippte ich den Champagner runter und zündete mir eine Zigarette an.
    Das Festnetztelefon klingelte. Zum neunten Mal an diesem Abend. Das Gerät zeigte keine Rufnummern an, also wusste ich nicht, wer es war. Meine Mutter bestimmt nicht. Der war klar, dass ich nur ranging, wenn ich sehen konnte, wer anrief. Daher versuchte sie es auch immer auf dem Handy. Im Prinzip kamen nur zwei mögliche Verdächtige in Frage: Dominic oder Alex. Wer sonst würde Silvester um zehn Uhr abends bei mir Sturm klingeln?
    Gleich darauf klingelte mein Handy. Dominic … entweder er oder seine Mutter, wahrscheinlich aber er selbst. Ich spürte einen

Weitere Kostenlose Bücher