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Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Titel: Du und ich und all die Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Silver
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bunt bedruckten T-Shirt und einer eckigen Brille aus der Küche. In der einen Hand hat er eine Champagnerflasche und vier Champagnerkelche in der anderen.
    «Hallo», sagt er und lächelt freundlich. «Wie wäre es mit einem Glas Schampus?»
    «Furchtbar gerne», antworte ich und stehe verlegen rum, während er fachmännisch und mit offensichtlicher Routine den Korken geräuschlos entfernt und uns drei Gläser einschenkt. Das vierte lässt er leer.
    «Schön, dich kennenzulernen, Nicole», sagt er und reicht mir eines der Gläser. «Ich bin übrigens Sean.»
    «Das dachte ich mir», erwidere ich. «Ich freue mich ebenfalls, dich kennenzulernen. Meinen Glückwunsch!»
    «Danke, endlich kann ich ihn zum Altar schleifen», antwortet er lachend.
    «Da brauchte es doch bestimmt nicht viel Überredungskunst. Karl war schon immer verrückt nach Hochzeiten.»
    Karl kommt wieder herein und nimmt sich ein Glas.
    «Was soll ich dazu sagen? Ich bin eben ein alter Romantiker.» Wir stoßen an, und Sean bietet mir einen Platz an. Er ist anders, als ich erwartet habe. Gut zehn bis fünfzehn Jahre älter als Karl und kein junger Nachwuchs-Bodybuilder wie von mir vermutet. Warum ich mir das so vorgestellt hatte, weiß ich nicht. Jetzt bin ich jedenfalls erleichtert, weil Karl mit einem älteren Mann zusammen ist, mit jemandem, der sich um ihn kümmert. Ich habe das Gefühl, dass ich etwas zu meinem Benehmen in der Bar sagen sollte, und beginne mit Erklärungen. Sean wischt meine Entschuldigungen mit einer Geste beiseite.
    «Mach dir darüber keine Gedanken, Nicole. Ich kann das vollkommen verstehen.»
    «Also», sage ich erleichtert und nippe an meinem Champagner, «dann erzählt mal von euren Hochzeitsplänen. Deutschland, sagte Karl?»
    Sean zieht eine Grimasse. «Ich würde es lieber in den Staaten machen. Mein Atelier ist am Cape Cod. Cape Cod im Frühling, das wäre doch auch toll, oder? Würdest du rüberkommen, wenn wir im Frühjahr heiraten?»
    «Natürlich», verspreche ich. «Und ich gebe dem Cape ebenfalls den Vorzug.»
    «Was habt ihr denn gegen Deutschland?», fragt Karl. Sean und ich wechseln einen Blick. Ich mag ihn jetzt schon.
    «Und wie habt ihr zwei euch kennengelernt?»
    «Sean ist Bildhauer», erklärt Karl und schaut ihn stolz an. «Ein richtig guter. Das da ist eine seiner Arbeiten.» Er deutet auf eine beeindruckende Bronzefigur, die auf einem Bücherregal zu meiner Linken steht. Sie befindet sich direkt neben einer großen Fotografie von Julian. Sonnengebräunt und glücklich lächelt er in die Kamera. Ich bin so froh, dass er hier bei uns im Zimmer ist.
    «Sean hat im letzten Jahr in meiner Galerie ausgestellt … und, na ja.» Die beiden lächeln einander fast schüchtern an. Es ist wundervoll, Karl wieder so zu erleben.
    «Was ist mit dir?», fragt Sean. «Ich dachte, ich kann jetzt auch gleich deinen Mann kennenlernen.»
    «Tja, also …» Ich werde rot. «Ähm … Der ist zurück ins Hotel. Er war vorhin etwas genervt von mir. Kein Wunder, ich habe mich in der Bar wirklich furchtbar aufgeführt.»
    «Unsinn», widerspricht Karl.
    «Ruf ihn an», schlägt Sean vor und füllt mir nach. «Sag ihm, er soll herkommen.»
    «Oh, ich weiß nicht … Er war ziemlich schlecht gelaunt.»
    «Das gibt sich wieder», meint Karl optimistisch. Du weißt ja auch nicht mal ansatzweise, was wirklich los ist, denke ich. Aber ich hole brav mein Handy aus der Tasche, und gerade als ich wählen will, klingelt es.
    «Na siehst du!», lacht Sean. «So ein Zufall!»
    «Hallo, Dom», melde ich mich, stehe auf und gehe ein paar Schritte zum Fenster. Das könnte ein Gespräch werden, bei dem ich lieber ungestört bin. «Ich sitze bei Karl. Wir haben uns gerade gefragt, ob du auch kommen möchtest.» Ich beiße mir auf die Lippe und bereite mich auf einen Schwall böser Beschimpfungen vor.
    «Nein, Nic, du musst zurückkommen.»
    «Bitte, Dom. Wir können später reden …»
    «Nein, Nicole.»
    «Wir werden darüber reden, wirklich! Das müssen wir natürlich, und ich …»
    «Nicole, vergiss das jetzt. Komm jetzt zurück ins Hotel, okay?» Seine Stimme klingt so seltsam, aber gar nicht wütend, sondern eher besorgt.
    «Dom, was ist los?»
    «Deine Mom hat angerufen.»
    «Oh Gott, geht es ihr gut? Und Charles? Was ist los?» Das Herz hämmert in meiner Brust.
    «Ihr geht es gut, Nic, mit ihr und Charles ist alles in Ordnung. Es geht um deinen Vater.»

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    20. Kapitel
    Silvester 2009

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