Du und ich und all die Jahre (German Edition)
phantastische Wohnungen … ich finde, das sind eine Menge Gründe, für die man dankbar sein kann. Und jetzt ist es fast Mitternacht, also sollten wir alle Champagner trinken, knutschen und aufhören, so verdammt kitschig zu sein!»
Schließlich zählten wir runter bis Mitternacht, ließen Korken knallen, und – kitschig hin oder her – ich hatte wirklich das Gefühl, dass sich für Julian, Alex und mich alles nach Wunsch entwickelte. Für einen winzigen Augenblick beunruhigte mich das. Doch dann küsste Dom mich, ich vergaß das seltsame Gefühl und dachte daran, dass ich mir zum ersten Mal seit einer Ewigkeit um nichts Sorgen machen musste.
Nach Mitternacht holte Julian eine Decke aus der Zwischenetage, die als Schlafraum diente, und wir schlichen uns aufs Dach, um Neujahrsvorsätze auszutauschen.
Mit der Decke auf den Knien saßen wir nebeneinander auf den Liegestühlen.
«Okay, natürlich werde ich aufhören zu rauchen», begann Julian.
«Und ich fünf Kilo abnehmen.»
«Ich werde ab sofort Tagebuch führen.»
«Ach ja? Und wozu?»
«Als Grundlage für meine Memoiren, Schatz.»
«Hervorragend. Ich werde endlich den Flüchtlingsbericht für die BBC fertigstellen.»
«Das ist grandios, Nic, und es wird auch langsam Zeit.»
Wir hörten ein Poltern, als noch jemand die Feuertreppe zu uns hinaufkletterte. Dann einen dumpfen Aufprall und leises Fluchen.
«Jules? Bist du da oben?»
Mein Magen zog sich zusammen. Den schottischen Akzent hätte ich überall erkannt.
«Julian?», rief die Stimme wieder.
«Oh Mist», fluchte Jules und stand auf. «Ich bin hier.»
Ich drehte mich um. Hinter uns schwankte Aidan mit einem Flachmann in der Hand durch die Dunkelheit.
«Prost Neujahr!», rief er, als er uns sah, nahm einen kräftigen Schluck und gab dann eine recht unmelodische Version von Auld Lang Syne zum Besten.
Trotz der schwachen Beleuchtung konnte ich erkennen, wie schlecht er aussah. Blass, dünn, beinahe hager. Noch schlampiger als sonst. Er lächelte mich an.
«Hey, Nic! Du siehst gut aus. Willst du keinen Kuss?»
«Ich gehe wieder runter», sagte ich zu Julian und kletterte über die Topfpflanzen. Als Aidan im Vorbeigehen nach meinem Arm griff, wich ich aus.
«Du hast mir nie zurückgeschrieben!», schrie er mir hinterher. «Du hättest wenigstens antworten können.»
Nach Paris hatte ich ihn nur noch einmal gesehen, als ich in die Wohnung in der Queenstown Road zurückkehrte, um mein Zeug zu holen. Er versuchte mit mir zu reden, aber ich lehnte ab und ignorierte ihn, so gut es ging. Weil er mich nicht in Ruhe ließ und auf einem Gespräch bestand, schrie ich ihn an und schob ihn durch die Tür nach draußen.
Einige Monate später schrieb er mir, wie leid es ihm täte und wie sehr er mich lieben würde. Dass ich in seinem Herzen immer einen besonderen Platz hätte. Es widerte mich an; er hätte wenigstens solche Klischees vermeiden können. Ich schrieb nie zurück, das hatte er nicht verdient. Seinen Brief hatte ich allerdings behalten. Ab und zu, wenn ich mich schlecht fühlte oder betrunken war, holte ich ihn raus, um mich selbst zu quälen. Als würde man an Schorf kratzen – ich ließ die Wunde nicht heilen.
Unten schlich Karl vor der Eingangstür herum und machte ein nervöses Gesicht.
«Ich wusste nicht, was ich tun sollte», sagte er entschuldigend, als er mich sah. «Tut mir leid, Nicole, aber ich konnte nicht ernsthaft behaupten, Julian sei nicht zu Hause …»
«Ist schon in Ordnung», sagte ich und drückte ihn. «Er ist nur besoffen. Ich bin sicher, dass er bald wieder verschwindet.» Dom saß auf dem Sofa und schaute mich fragend an. Ich schüttelte nur den Kopf und ging zu ihm rüber.
«Es ist nichts», beruhigte ich ihn, aber meine Hände zitterten, als ich nach meinem Weinglas griff. Ich sah Alex an, die lautlos «Okay?» fragte. Draußen war ein Poltern zu hören. Sie kamen runter.
«Ich werde mal Musik machen», schlug Karl übertrieben gut gelaunt vor, und alle stimmten euphorisch zu, um die Situation zu überspielen. Vom Gang draußen konnte ich hören, wie Julian versuchte, Aidan zum Gehen zu überreden.
«Wir reden morgen, okay? Später, irgendwann.»
«Aber ich will deine neue Bude sehen …»
«Nicht jetzt, Aidan. Das ist ein schlechter Zeitpunkt.»
«Nur ein kurzer Blick …» Und schon taumelte er durch die Tür. «Scheiße, Jules! Was hat der Laden hier gekostet? Das ist ein verdammter Palast!» Er reckte den Hals und starrte hinauf zur hohen
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