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Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Du und ich und all die Jahre (German Edition)

Titel: Du und ich und all die Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Silver
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sagt eine Stimme zu mir. «Ich will dich nicht mehr sehen, verdammt noch mal.»
    «Hier ist Nicole», sage ich mit dünner, heiserer Stimme.
    «Was?»
    «Ich bin es, Nicole.»
    Stille. Dann: «Wer?»
    «Alex, hier ist Nicole.»
    Es ertönt ein Summen und dann ein Klicken, als sich die Türe öffnet.
    «Fünfter Stock», schreit sie durch die Sprechanlage. «Nummer zweiunddreißig.»
    Als ich im Aufzug stehe, fällt mir auf, dass ich dringend aufs Klo muss. Warum bin ich nicht in der Bar gegangen? Ich versuche, nicht daran zu denken und konzentriere mich stattdessen darauf, was ich sagen soll. Warum habe ich mir das nicht schon in der Bar überlegt?
    Die Türen öffnen sich, und Alex nimmt mich in die Arme, bevor ich auch nur den Aufzug verlassen kann. Sie schluchzt und drückt mir fast die Luft ab. «Du bist da. Du bist da. Du bist da!», ruft sie immer wieder.
    «Alex!» Ich schiebe sie von mir weg, damit wir aus dem Aufzug kommen, bevor sich die Türen wieder schließen. «Ich muss wirklich dringend aufs Klo.»
    Ihre Wohnung ist winzig, nur zwei Zimmer – ein Schlafraum und eine Wohnküche – plus Badezimmer, aber sie ist wunderschön, mit einer gewaltigen Fensterfront zur Straße und großen, dramatischen Schwarzweißfotografien an den Wänden. Ich kenne die Bilder alle und versuche, sie zu ignorieren.
    Nachdem ich wieder aus dem Badezimmer raus bin, setzen wir uns auf das weiße Sofa, das den Fenstern gegenübersteht. Alex schenkt uns Rotwein ein.
    «Du bist wegen Karls Party hier, oder?», fragt sie.
    «Ja, stimmt.»
    «Ich dachte mir, dass du kommst, aber dann hast du dich nicht gemeldet, also … Ich gehe nicht hin. Ich bin nicht eingeladen. Na ja – irgendwie schon, aber ich denke, es war höflicher abzusagen.» Sie lächelt mich an und wischt sich die Tränen weg. Ich hatte vergessen, wie schön sie ist.
    «Du bist dünn», sage ich und kneife in ihre Hüfte.
    Sie lacht. «Du weißt ja, was Kummer mit mir macht», erklärt sie, und wir müssen beide weinen. Es dauert eine ganze Weile, bis wir wieder aufhören.

    Wir reden über die Arbeit (sie verdient jetzt ein Vermögen als Vertriebsleiterin bei Dylan Publishing), ihre Trennung von Aaron (überraschend befreiend), ihre Schwestern (alle glücklich verheiratet und Mütter). Sie fragt mich nach meiner Arbeit (ich weiche aus) und nach den Hunden. Wir vermeiden die «großen Themen», doch bei der zweiten Flasche Rotwein kommen auch die auf den Tisch.
    «Wie läuft es mit Dom?», fragt sie.
    «Ganz okay», antworte ich. «Manchmal ist es wirklich gut. Manchmal nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er eben nie meine große Liebe war. Na ja, so sind wohl die meisten Ehen.»
    Alex nimmt meine Hand. «Ich habe mir diesen Fehler bis heute nicht verziehen und werde es auch nie tun.»
    «Keine Sorge», erwidere ich, «ich dir auch nicht.» Wir müssen lachen. «Ganz ehrlich, Alex. Ich bin mir nicht sicher, ob das unserer Ehe wirklich so sehr geschadet hat. Ich meine, eine Weile schon, aber ich glaube nicht, dass wir sonst viel glücklicher gewesen wären. Also wenn du nicht mit meinem Mann geschlafen hättest.»
    «Manchmal wache ich auf und frage mich, ob ich das alles nur geträumt habe. So etwas würde ich doch nie tun. Niemals, niemals würde ich so etwas tun.»
    «Im Endeffekt war es schlimmer für dich und mich als für mich und Dom. Unsere Freundschaft hat viel mehr gelitten.»
    «Ich weiß immer noch nicht, warum ich das gemacht habe, wie ich je in diese Situation damals geraten konnte …» Sie weint wieder, und ich nehme sie in den Arm.
    «Ich weiß, warum du es getan hast», sage ich, während sie an meiner Schulter schluchzt. «Du warst todunglücklich, du warst fertig und einsam, und ich war nicht für dich da. Ich war nie da. Du warst betrunken, und du warst verzweifelt. Ich verstehe das.» Ich bin selbst erstaunt darüber, wie ruhig ich das sage und dass ich es auch wirklich so meine. Ich kann es tatsächlich verstehen. Das war mir bis jetzt nur nicht klar.
    «Komm, lass uns was unternehmen», schlage ich vor und stehe auf. «Ansonsten sitzen wir nur hier rum, werden sentimental und heulen.»
    «Hervorragende Idee», sagt Alex. «Außerdem siehst du phantastisch aus. Dieses Kleid sollte man nicht an meine Wohnung verschwenden. Am Ende der Straße gibt es die Mulberry Street Bar. Ziemlich cool. Die machen diese Brombeer-Martinis – die werden dich umhauen!»
    Innerhalb von fünf Minuten tauscht Alex ihre Jogginghose gegen enge Jeans und

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