Du weckst mein Verlangen
Geheimnis eingeweiht, aber er durfte sein Versprechen nicht brechen.
Er verwünschte seinen Vater, der ihm das alles aufgebürdet hatte. So viel wollte er noch mit Emma teilen, aber all das musste jetzt erst einmal warten.
Was soll ich nur tun? fragte er sich. Liebend gerne wäre er dem Ruf seines Herzens gefolgt und hätte gehandelt. Andererseits machte ihn der Gedanke, zum ersten Mal in seinem Leben nicht zu bekommen, was er sich so sehnlichst wünschte, unglaublich nervös.
„Haben wir uns verirrt, Mummy?“
Emma drehte sich um und lächelte Holly an – zuversichtlich, wie sie hoffte.
„Nur ein kleines bisschen, Schatz. Deshalb habe ich ja angehalten, damit ich auf den Stadtplan schauen kann.“
Die Hinfahrt nach Genua, wo sie Holly abholen sollte, war noch einfach gewesen. Aber dann fingen die Probleme an. In den Außenbezirken der Stadt herrschte Hochbetrieb auf den Straßen, und Emma hatte in einem Kreisverkehr die falsche Ausfahrt genommen.
„Mummy, mir ist heiß!“
Bei ausgeschaltetem Motor ging natürlich die Klimaanlage nicht, und die Temperatur stieg im Wageninneren schnell an. „Gleich fahren wir weiter, Schatz.“
Emma blickte auf und sah von Weitem einen Mann und eine Frau herankommen. Die Frau schlank und elegant, mit ihren langen blonden Locken wahrscheinlich keine Italienerin – der Mann hochgewachsen und dunkelhaarig. Irgendwie wirkte er seltsam vertraut. Dahinter tauchte ein Junge mit einem Fahrrad auf und überholte das Paar. Er war vielleicht sieben oder acht Jahre alt. Plötzlich erstarrte Emma. Obwohl schwarzes Haar in diesen Breiten keineswegs ungewöhnlich war, erinnerte das Kind sie mit seiner Mimik und Gestik stark an Rocco!
Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich. Sie wollte Shayna Manzzinis gehässigen Bemerkungen so gern keinen Glauben schenken. Doch es gelang ihr nicht, den Blick von dem Jungen loszureißen. Und als er sich schließlich unmittelbar vor ihrem Wagen befand, konnte sie sein Gesicht klar sehen – und erkannte die bernsteinfarbenen Raubtieraugen der D’Angelos!
Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Emma fürchtete, sie müsse sich übergeben. Unfähig, sich zu rühren, sah sie, wie das Kind vom Rad stieg und zu dem Paar zurücklief. Der Mann hob den Jungen hoch in die Luft und wirbelte ihn herum. Die beiden lachten, während die Frau ihnen lächelnd zusah. Und nun, da sie näher gekommen waren, gab es auch keinen Zweifel mehr, um wen es sich bei dem Vater handelte.
„Können wir jetzt fahren?“
„Natürlich!“ Emma legte mit zitternden Händen den Sicherheitsgurt wieder an und hoffte, dass ihre Tochter Rocco nicht entdeckte – oder Rocco sie beide! Warum steige ich nicht einfach aus und stelle ihn zur Rede? fragte sie sich verzweifelt. Das hätte ich damals bei Jack auch tun sollen! Und plötzlich wurde es ihr grausam klar: Damals wie heute hatte sie es nicht ertragen, mit der Wahrheit konfrontiert zu werden und sich ihre Träume zerstören zu lassen.
Und ich habe ihm vertraut! Sie lachte bitter auf. Lernte sie denn nie aus ihren Erfahrungen?
Sie drehte den Zündschlüssel. Das Aufheulen des Motors erregte die Aufmerksamkeit des Paares. Wie hypnotisiert starrte Emma zu Rocco herüber. Sie sah seinen überraschten Gesichtsausdruck. Sah, wie sein Erstaunen einem Stirnrunzeln wich. Erst als Rocco schließlich einen Schritt auf den Wagen zu machte, legte Emma panisch den Gang ein und raste mit quietschenden Reifen davon.
Rocco holte das Letzte aus seinem Sportwagen heraus. Mit dem leistungsstarken Achtzylinder legte er die Fahrt zwar in Rekordzeit zurück, trotzdem waren seit der Begegnung mit Emma ein paar Stunden vergangen. Er musste unbedingt mit Emma reden. Was hatte sie ausgerechnet in dieser Gegend gewollt? Und warum war sie einfach weggefahren? Ihr Gesichtsausdruck, als sie ihn, Rocco, erkannt hatte, verhieß nichts Gutes.
Was für ein Tag, seufzte er innerlich. Das Fahrrad für Marco hatte das Eis endgültig gebrochen. Sein Halbbruder umarmte ihn, und Rocco war überrascht, welch starke Gefühle die Geste bei ihm auslöste. Er musste an Gio denken und schwor sich, immer für seinen kleinen Bruder da zu sein.
Anschließend Emmas unerwartetes Auftauchen und ihre entsetzte Miene. Am liebsten wäre er ihr ja sofort nachgefahren, aber dann fiel Marco vom Rad und wurde ins Krankenhaus gebracht, wo man eine leichte Gehirnerschütterung diagnostizierte. Natürlich konnte er Inga nicht einfach allein lassen, und er brachte die beiden
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