Du wirst noch an mich denken
konnte?
Er konnte und sagte schlichtweg nein.
Warum?, hatte sie gefragt. Warum denn nicht?
Mit seiner Antwort hatte er den letzten Rest von Zuneigung zerstört, die sie noch für ihn empfand. Vergiss es, Aunie, hatte er in dem widerlichen Befehlston gesagt, der widerspruchslosen Gehorsam verlangte. Du wirst kein Kind bekommen. Das ruiniert bloß deine Figur.
Er hatte sie in der Vergangenheit schon öfter verletzt und wütend gemacht. Sie wusste, dass er bei allem, was er besaß, Perfektion anstrebte, aber bis zu diesem Augenblick war ihr nicht in den Sinn gekommen, dass sich das auch auf sie bezog. An dem Tag, als er ihren Vorschlag rundweg ablehnte, als er ihr diese ungeheuerliche Begründung dafür gab und sich anschließend von ihr abwandte, als hätte es sich nur darum gehandelt, eine unerhebliche Meinungsverschiedenheit mit einem seiner Angestellten in der Galerie beizulegen, begann sie jedoch darüber nachzudenken.
Sie besuchte ihre Mutter und sprach vorsichtig das Thema Scheidung an. Es war das erste Mal, dass sie diesen Gedanken laut aussprach, und wahrscheinlich hätte es sie nicht überraschen dürfen, dass ihre Mutter davon völlig befremdet war.
Ich kann so nicht weiterleben, Mama.
Sei nicht albern, Schätzchen. Du hast so viel Geld und gesellschaftliches Ansehen, wie eine Frau sich nur wünschen kann.
Mama, das reicht nicht, hast du mir denn überhaupt nicht zugehört? Ich bin für Wesley nichts weiter als ein hübsches Schmuckstück. Er will nicht, dass ich arbeite, er will keine Kinder. Außer wenn er mich jemandem vorführen will, benimmt er sich, als wäre ich gar nicht da. Das reicht mir einfach nicht, das musst du doch einsehen.
Ich sehe nur, dass du ein undankbares Kind bist.
Aunies Ehe schleppte sich noch ein paar Monate lang dahin, aber nachdem der Gedanke an eine Scheidung sich erst einmal in ihrem Kopf festgesetzt hatte, ließ er ihr keine Ruhe mehr. Schließlich kam der Tag, an dem die unablässig auf sie einflüsternde innere Stimme jedes Argument übertönte, das sie ihr hätte entgegensetzen können.
Sie ließ sich einen Termin bei einem bekannten Anwalt geben, Jordan St. John. Als Wesley an diesem Abend von der Arbeit nach Hause kam, teilte sie ihm mit, dass sie die Scheidung eingereicht hatte.
Von allen möglichen Reaktionen von seiner Seite hätte sie mit der, die folgte, am wenigsten gerechnet. Er lachte.
Ich meine es ernst, Wesley.
Mach dich nicht lächerlich. Und jetzt geh und zieh das rote Kleid von Scaasi an - ich habe für acht einen Tisch reserviert. Sie sah ihn noch vor sich, wie er mit seinen manikürten Fingern ungeduldig auf seine Rolex tippte und ein ärgerlicher Ausdruck auf seinem Gesicht erschien, als er sie musterte. Und mach um Himmels willen was mit deinem Make-up. So kannst du dich in der Öffentlichkeit nicht blicken lassen.
Als sie ihn schließlich davon überzeugt hatte, dass sie es wirklich ernst meinte, rastete er völlig aus. Er geriet so außer sich, dass sie glaubte, es müsste ihn jeden Moment der Schlag treffen. Er drohte ihr mit allen möglichen rechtlichen Konsequenzen und erklärte ihr, er würde dafür sorgen, dass sie ohne einen Cent und von der Gesellschaft geächtet dasitzen würde, falls sie darauf bestand, diese verrückte Idee weiterzuverfolgen.
Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits so weit, dass ihr das alles egal war. Sie wollte einfach nur das Gefühl haben, dass sie noch etwas anderes vorzuweisen hatte als allein ihre Schönheit. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass das nicht der Fall sein würde und dass sie sich auch nie richtig lebendig fühlen würde, solange sie mit Wesley verheiratet war.
Also sagte sie ihm, er solle tun, was er nicht lassen könne.
Zu ihrer Verblüffung machte er daraufhin eine vollständige Kehrtwendung und erklärte sich mit einer einvernehmlichen Scheidung einverstanden. Plötzlich gab er sich wieder so zuvorkommend und liebenswürdig wie in der Zeit, als er um sie geworben hatte, und bestand darauf, dass sie das Haus und den Mercedes behielt. Er zog in seinen Club und beauftragte seinen Anwalt damit, eine großzügige Summe auf ihren Namen anzulegen. Aunie war von diesem abrupten Sinneswandel zwar überrascht, aber sie stellte ihn nicht in Frage. Sie war einfach nur dankbar, dass der Kampf ein Ende hatte. Als das Scheidungsurteil schließlich rechtskräftig war, glaubte sie, ein völlig neues, freies Leben läge vor ihr.
Dieses Gefühl sollte nicht lange anhalten.
James schaltete die Lampe an
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