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Dubliner (German Edition)

Dubliner (German Edition)

Titel: Dubliner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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rötlichen Flecken dort, wo sich seine Wangenknochen abzeichneten.Plötzlich öffnete er seinen sehr breiten Mund, um Enttäuschung auszudrücken, und gleichzeitig öffnete er weit seine strahlend blauen Augen, um freudige Überraschung auszudrücken.
    – Ah, Father Keon!, sagte Mr Henchy und sprang auf. Sind Sie das? Kommen Sie herein!
    – Oh, nein, nein, nein!, sagte Father Keon schnell und spitzte dabei die Lippen, als spräche er mit einem Kind.
    – Wollen Sie nicht hereinkommen und sich setzen?
    – Nein, nein, nein!, sagte Father Keon mit behutsamer, wohlwollender samtiger Stimme. Lassen Sie sich nicht stören. Ich bin nur auf der Suche nach Mr Fanning ...
    – Er ist um die Ecke im Black Eagle, sagte Mr Henchy. Aber kommen Sie doch herein und setzen Sie sich einen Augenblick.
    – Nein, nein, danke. Es geht nur um eine geschäftliche Kleinigkeit, sagte Father Keon. Haben Sie vielen Dank.
    Er wandte sich zum Gehen, und Mr Henchy nahm eine der Kerzen und ging zur Tür, um ihm die Treppe hinunterzuleuchten.
    – Bitte, nur keine Umstände!
    – Nein, aber auf der Treppe ist es so finster.
    – Nein, nein, sehe ganz gut ... Vielen Dank.
    – Geht es so?
    – Danke, so geht’s ... Danke.
    Mr Henchy kam mit der Kerze zurück und stellte sie auf den Tisch. Dann nahm er wieder am Feuer Platz. Eine Weile herrschte Schweigen.
    – Sag mal, John, sagte Mr O’Connor und zündete sich mit einem neuen Pappstreifen eine Zigarette an.
    – Hm?
    – Was ist eigentlich mit dem?
    – Frag mich was Einfacheres, sagte Mr Henchy.
    – Fanning und er scheinen dicke Freunde zu sein. Mansieht sie oft zusammen bei Kavanagh’s. Ist er überhaupt ein Priester?
    – Hmm, doch, ich glaube, ja ... Er ist wohl das, was man ein schwarzes Schaf nennt. Gott sei Dank haben wir nicht viele davon, aber es gibt ein paar von dieser Sorte ... Er ist irgendwie ein armer Teufel ...
    – Und wie kommt er über die Runden?, fragte Mr O’Connor.
    – Das ist noch so ein Rätsel.
    – Gehört er zu irgendeiner Pfarrei oder einer anderen Einrichtung?
    – Nein, sagte Mr Henchy. Ich glaube, er handelt auf eigene Faust ... Gott verzeih mir, fügte er hinzu, ich dachte, er wär der mit den zwölf Flaschen Bier.
    – Kann man denn mit was zum Trinken rechnen?, fragte Mr O’Connor.
    – Ich hab auch eine ganz trockene Kehle, sagte der Alte.
    – Ich hab den alten Knickstiefel schon dreimal gebeten, sagte Mr Henchy, er soll uns ein Dutzend Flaschen Stout raufschicken. Vorhin wollte ich ihn noch mal bitten, aber da hat er in Hemdsärmeln am Tresen gelehnt und lang und breit mit Alderman * Cowley gequasselt.
    – Und warum hast du ihn nicht erinnert?, fragte Mr O’Connor.
    – Na, ich konnte ja nicht gut hingehen, während er mit Alderman Cowley sprach. Also hab ich gewartet, bis er zu mir herübersah, und hab dann gesagt: Übrigens, wegen dieser Kleinigkeit, über die ich mit Ihnen gesprochen habe ... Wird gemacht, Mr H. , sagt er. Aber dieses kleine Würstchen hat das doch glatt vergessen.
    – Da ist irgendwas im Gange, sagte Mr O’Connor nachdenklich. Ich hab sie gestern zu dritt an der Ecke Suffolk Street gesehen, wie sie aufeinander eingeredet haben.
    – Ich weiß, glaube ich, was gespielt wird, sagte Mr Henchy.Heutzutage muss man bei den Stadtvätern Schulden haben, um zum Bürgermeister gewählt zu werden. Dann machen sie dich zum Bürgermeister. Mein Gott! Ich überlege mir ernsthaft, selbst unter die Stadtväter zu gehen. Was meint ihr, wäre ich dafür der Richtige?
    Mr O’Connor lachte.
    – Was die Schulden angeht ...
    – In der Kutsche aus dem Mansion House * zu kommen, sagte Mr Henchy, im Herr-Melin-Umhang * , und unser Jack steht mit gepuderter Perücke hinter mir ... was?
    – Und mich machst du zu deinem Privatsekretär, John.
    – Ja. Und Father Keon mach ich zu meinen Hauskaplan. Es wird ein richtiges Familienfest.
    – Im Ernst, Mr Henchy, sagte der alte Mann, Sie würden mehr Stil haben als manche von denen. Neulich hab ich mich mit dem alten Keegan unterhalten, dem Portier. Und wie gefällt’s dir bei deinem neuen Dienstherrn, Pat? , sag ich zu ihm. Jetzt gibt’s ja nicht mehr so viele Festessen , sag ich. Festessen? , sagt er. Der ernährt sich vom Duft eines alten Putzlumpens. Und wissen Sie, was er noch zu mir gesagt hat? Aber Gott ist mein Zeuge, ich glaube kein Wort davon.
    – Was denn?, fragten Mr Henchy und Mr O’Connor.
    – Er hat zu mir gesagt: Was hältst du von einem Bürgermeister von Dublin, der sich fürs

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