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Dubliner (German Edition)

Dubliner (German Edition)

Titel: Dubliner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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Abendessen ein Pfund Koteletts kommen lässt? Nennt man das etwa feine Lebensart? , sagt er. Nicht zu glauben! , sag ich. Ein Pfund Koteletts ins Mansion House! , sagt er. Allerhand! , sag ich. Was sind das nur für Leute!
    In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und ein Junge streckte seinen Kopf herein.
    – Was gibt’s?, frage der alte Mann.
    – Vom Black Eagle , sagte der Junge, während er seitwärts gehend mit einem Korb hereinkam, in dem Flaschen klirrten, als er ihn absetzte.
    Der alte Mann half dem Jungen, die Flaschen aus demKorb zu nehmen und auf den Tisch zu stellen, und zählte sie dann. Als alles erledigt war, hängte sich der Junge den Korb an den Arm und fragte:
    – Irgendwelche Flaschen?
    – Was für Flaschen?, fragte der alte Mann.
    – Lass sie uns erst mal leer trinken, sagte Mr Henchy.
    – Ich sollte nach Flaschen fragen.
    – Komm morgen wieder, sagte der alte Mann.
    – He, Junge!, sagte Mr Henchy. Lauf rüber zu O’Farrell’s und bitte ihn um einen Korkenzieher – für Mr Henchy, kannst du ihm sagen. Sag ihm, wir bräuchten ihn nur eine Minute. Lass den Korb hier.
    Der Junge ging, und Mr Henchy rieb sich vergnügt die Hände und sagte:
    – Na, er ist also doch nicht so übel. Jedenfalls hat er Wort gehalten.
    – Wir haben keine Gläser, sagte der Alte.
    – Mach dir deswegen keine Sorgen, Jack, sagte Mr Henchy. Schon viele richtige Männer haben aus der Flasche getrunken.
    – Auf jeden Fall ist es besser als gar nichts, sagte Mr O’Connor.
    – Er ist kein schlechter Kerl, sagte Mr Henchy, wenn er nur nicht so im Fahrwasser von Fanning wäre. Er meint es gut, wisst ihr, auf seine eigene beschränkte Art.
    Der Junge kam mit dem Korkenzieher zurück. Der alte Mann öffnete drei Flaschen und wollte schon den Korkenzieher zurückgeben, da fragte Mr Henchy den Jungen:
    – Willst du auch was trinken, Junge?
    – Ja, bitte, Sir, sagte der Junge.
    Der alte Mann öffnete widerstrebend noch eine Flasche und reichte sie dem Jungen.
    – Wie alt bist du?, fragte er.
    – Siebzehn, sagte der Junge.
    Als der alte Mann nichts weiter sagte, nahm der Junge die Flasche und sagte zu Mr Henchy: Auf Ihr Wohl, Sir. Er trank die Flasche leer, stellte sie auf den Tisch und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab. Dann nahm er den Korkenzieher und ging seitwärts zur Tür hinaus, wobei er irgendetwas zum Abschied murmelte.
    – So fängt’s an, sagte der alte Mann.
    – Der erste Schritt zum Untergang, sagte Mr Henchy.
    Der alte Mann verteilte die drei Flaschen, die er geöffnet hatte, und die Männer tranken gleichzeitig. Als sie getrunken hatten, stellte jeder seine Flasche in Reichweite auf den Kaminsims und stieß einen zufriedenen Seufzer aus.
    – Heute habe ich gute Arbeit geleistet, sagte Mr Henchy nach einer Weile.
    – Was du nicht sagst, John.
    – Ja, ich hab ihm in der Dawson Street ein paar sichere Stimmen verschafft, Crofton und ich. Unter uns gesagt, Crofton (er ist ja ein netter Kerl), aber als Stimmenwerber ist er keinen Pfifferling wert. Er kriegt einfach den Mund nicht auf. Er steht da und starrt die Leute an, und mich lässt er reden.
    Jetzt betraten zwei Männer den Raum. Der eine war ein sehr dicker Mann, dessen blauer Serge-Anzug in Gefahr war, im nächsten Augenblick über die Wölbungen seines Körpers hinunterzurutschen. Er hatte ein großes Gesicht, dessen Ausdruck dem eines jungen Ochsen glich, stier blickende blaue Augen und einen grau melierten Schnurrbart. Der andere war viel jünger und schmächtiger und hatte ein schmales, glatt rasiertes Gesicht. Er trug einen sehr hohen Doppelkragen und eine breitkrempige Melone.
    – Hallo, Crofton!, sagte Mr Henchy zu dem Dicken. Wenn man vom Teufel spricht ...
    – Woher habt ihr das Gesöff?, fragte der junge Mann. Hat die Kuh gekalbt?
    – Ah, Lyons entdeckt natürlich sofort das Bier!, sagte Mr O’Connor lachend.
    – So treibt ihr also Wahlwerbung, sagte Mr Lyons, während Crofton und ich bei Wind und Wetter draußen auf Stimmenfang sind.
    – Rutsch mir doch den Buckel runter!, sagte Mr Henchy. Ich werbe in fünf Minuten mehr Wähler an als ihr beiden in einer Woche!
    – Mach mal zwei Flaschen Stout auf, Jack, sagte Mr O’Connor.
    – Wie soll das gehen?, sagte der alte Mann, wir haben doch keinen Korkenzieher mehr.
    – Warte mal, warte!, sagte Mr Henchy und sprang auf. Kennt ihr diesen kleinen Trick?
    Er nahm zwei Flaschen vom Tisch, trug sie zum Feuer und stellte sie auf die Kochplatte. Dann setzte er sich wieder ans

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