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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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dämmerte es Henry. Die, mit denen er gestern Morgen eingetroffen war. Männer, die jetzt im Sterben lagen oder bereits tot waren.
    Mach dir um die keine Gedanken, erwiderte Owen. Um Kurtz’ Bodentruppe müssen wir uns Sorgen machen. Vor allem um die Imperial-Valley-Einheit. Wenn es sie gibt, kannst du davon ausgehen, dass sie ihre Befehle befolgen und gut ausgebildet sind. Und eine gute Ausbildung siegt noch immer über Konfusion – dazu ist eine gute Ausbildung schließlich da. Wenn du hier bleibst, werden sie dich rösten. Du hast fünf Minuten, sobald der Alarm losgeht. Zähl bis dreihundert.
    Das klang leider alles schlüssig.
    Also gut, sagte Henry. Fünf Minuten.
    Du musst das überhaupt nicht tun, sagte Owen. Diesen Gedanken empfing Henry in ein Wirrwarr von Gefühlen gehüllt: Frustration, Gewissensbisse und die unvermeidliche Furcht – bei Owen Underhill nicht vor dem Tod, sondern vor dem Scheitern. Wenn es stimmt, was du erzählst, hängt alles davon ab, dass wir reibungslos hier rauskommen. Dass du das Schicksal der ganzen Welt aufs Spiel setzen willst für ein paar Hundert Blödmänner in einem Stall …
    Dein Boss würde das nicht so machen, was?
    Darauf reagierte Owen überrascht und nicht mit Worten, sondern mit einem »!«, das aus einem Comic hätte stammen können. Dann hörte Henry, wie Owen trotz des unablässig tosenden und heulenden Windes lachte.
    Eins zu null für dich.
    Ich werde sie schon auf Trab bringen. Ich bin ein Meister im Motivieren.
    Du wirst es auf jeden Fall versuchen. Henry konnte Owens Gesicht nicht sehen, spürte aber, dass er lächelte. Dann fragte Owen laut: »Und was ist dann? Sag’s mir noch mal.«
    Wieso?
    »Weil Soldaten vielleicht auch motiviert werden müssen, zumal wenn sie meutern sollen. Und hör mit der Telepathie auf – ich will, dass du es laut sagst. Ich will das Wort hören.«
    Henry sah den Mann an, der dort zitternd auf der anderen Seite des Zauns stand, und sagte: »Dann sind wir Helden. Nicht weil wir es darauf angelegt haben, sondern weil es gar nicht anders geht.«
    Owen nickte dort draußen im Schneegestöber. Er nickte und lächelte dabei immer noch. »Tja, wieso nicht?«, sagte er. »Wieso eigentlich nicht?«
    Vor Owens geistigem Auge sah Henry das Bild eines kleinen Jungen auftauchen, der eine Porzellanplatte hochhielt. Der erwachsene Mann wollte, dass der kleine Junge die Platte zurückstellte – diese Platte, die ihn all die Jahre verfolgt hatte und für immer zerbrochen bleiben würde.

5
    Kurtz erwachte, wie er immer erwachte: Im einen Moment war er noch nirgends und im nächsten schon vollkommen präsent. Noch am Leben, halleluja, o ja, und immer noch in großen Zeiten. Er drehte den Kopf und schaute auf seinen Wecker, und das Scheißding hatte trotz des extra antimagnetischen Gehäuses wieder versagt und blinkte nur »12-12-12« wie ein Stotterer, der an einem Wort hängen geblieben war. Er knipste die Nachttischlampe an und nahm die Taschenuhr zur Hand, die daneben lag. 4.08 Uhr.
    Kurtz legte die Taschenuhr wieder hin, schwang die nackten Füße aus dem Bett und stand auf. Zuallererst fiel ihm der Wind auf, der sich immer noch anhörte wie Hundegeheul. Dann bemerkte er, dass das leise Stimmengewirr aus seinem Kopf verschwunden war. Die Telepathie war weg, und das freute Kurtz. Sie hatte ihn auf tiefste Weise angewidert, genau wie ihn manche sexuellen Praktiken anwiderten. Der Gedanke, jemand könne in seinen Kopf eindringen, könne die höheren Regionen seines Geistes besuchen … das war schon entsetzlich gewesen. Für dieses widerliche Gastgeschenk allein hatten die Grauen es verdient, ausradiert zu werden. Gott sei Dank hatte sich diese Gabe als flüchtig erwiesen.
    Kurtz schälte sich aus seinen grauen Shorts, stand dann nackt vor dem Spiegel an der Schlafzimmertür und betrachtete sich vom Kopf, mit dem vom Schlaf zerzausten grau melierten Haar, bis zu den Füßen (an denen sich die ersten knotigen lila Adern zeigten). Er war sechzig, sah dafür aber gar nicht schlecht aus; die geplatzten Adern an den Füßen waren auch schon das Schlimmste. Und er hatte auch ein mächtiges Gehänge, aber das hatte er nie groß genutzt; Frauen waren im Grunde niedere Wesen und zu Loyalität nicht fähig. Sie laugten einen Mann nur aus. In der hintersten Kammer seines kranken Hirns, dort, wo selbst sein Wahnsinn nur noch Methode war, hielt Kurtz Sex grundsätzlich für abartig. Selbst wenn er zu Fortpflanzungszwecken betrieben wurde, kam dabei doch

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