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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Brechstange, humpelte unter Schmerzen in die Mitte des Raums, wobei sein Atem in kalten, weißen Schwaden vor ihm in der Luft stand, und steckte dann das gebogene Ende des Werkzeugs in die Kerbe des Deckels. Es passte perfekt.

11
    Henry knallt den Hörer auf, holt tief Luft … und läuft dann zu der Tür, auf der sowohl BÜRO als auch PRIVAT steht.
    »He!«, quakt die alte Reenie Gosselin an der Kasse. »Komm zurück, Junge! Da darfst du nicht rein!«
    Henry bleibt nicht stehen, wird nicht einmal langsamer, und als er dann die Tür aufreißt, merkt er, dass er tatsächlich ein kleiner Junge ist, mindestens einen Kopf kleiner als später dann, und er hat zwar eine Brille auf, aber sie ist längst nicht so schwer wie seine späteren. Er ist ein Kind, aber unter dem ganzen flauschigen Haar (das auch ein bisschen schütterer sein wird, wenn er einmal über die dreißig hinaus ist) hat er das Gehirn eines Erwachsenen. Ich bin ja wie ein brauner Bär, innen mit Karamellkern, denkt er, und als er in das Büro des alten Gosselin platzt, kichert er wie blöde – er lacht, wie sie damals immer gelacht haben, als die Fäden des Traumfängers noch näher an seiner Mitte waren und Duddits ihnen die Stifte weitersteckte. Ich wäre fast geplatzt, haben sie immer gesagt; ich wäre fast geplatzt, so ein Brüller war das.
    Er rennt in das Büro, aber es ist nicht das Büro des alten Gosselin, in dem ein Mann, der Owen Underhill hieß, einst einem Mann, der nicht Abraham Kurtz hieß, ein Tonband vorgespielt hatte, auf dem die Grauen mit den Stimmen prominenter Menschen sprachen; es ist ein Flur, ein Krankenhauskorridor, und Henry ist nicht im Mindesten erstaunt darüber. Es ist das Allgemeinkrankenhaus in Boston. Er hat es erschaffen.
    Es ist feucht hier und kälter, als es auf dem Korridor eines Krankenhauses sein sollte, und die Wände sind mit Byrus überwuchert. Irgendwo stöhnt jemand: Ich will dich nicht, ich will auch keine Spritze, ich will Jonesy. Jonesy hat Duddits gekannt, Jonesy ist gestorben, ist im Krankenwagen gestorben, Jonesy ist der Einzige, den ich will. Bleib weg, knutsch mir die Kimme, ich will Jonesy.
    Aber er wird nicht wegbleiben. Er ist der schlaue alte Mr. Tod, und er wird nicht wegbleiben. Er hat hier was zu erledigen.
    Er geht ungesehen den Flur entlang, in dem es so kalt ist, dass er seinen Atem sehen kann, ein Junge in einer orangefarbenen Jacke, aus der er bald herauswachsen wird. Er hätte jetzt gern das Gewehr dabei, das ihm Petes Dad geliehen hat, aber dieses Gewehr ist weg, begraben unter den Jahren wie Jonesys Telefon mit dem Krieg-der-Sterne-Aufkleber drauf (wie sie ihn alle um dieses Telefon beneidet haben …) und Bibers Jacke mit den vielen Reißverschlüssen und Petes Pulli mit dem NASA-Logo auf der Brust. Begraben unter den Jahren. Manche Träume sterben und lösen sich auf, das ist auch so eine bittere Wahrheit dieser Welt. Und wie viele solche bittere Wahrheiten es doch gibt.
    Er geht an zwei plaudernden, lachenden Krankenschwestern vorbei – eine ist Josie Rinkenhauer, jetzt als Erwachsene, und die andere ist die Frau auf dem Polaroidfoto, das sie damals durch das Fenster im Büro der Gebrüder Tracker gesehen haben. Sie sehen ihn nicht, denn für sie ist er nicht hier; er ist jetzt im Traumfänger und läuft an einem Faden zum Mittelpunkt zurück. Ich bin der Eiermann, denkt er. Die Welt hing schief, die Zeit gerann, doch nichts hielt auf den Eiermann.
    Henry ging über den Korridor in die Richtung, aus der er Mr. Grays Stimme hörte.

12
    Kurtz hörte es durch das zerschossene Fenster ganz deutlich: das stotternde Rattern von automatischem Gewehrfeuer. Das löste bei ihm ein altes Unbehagen und eine alte Ungeduld aus: Er war wütend, dass die Schießerei schon ohne ihn losgegangen war, und fürchtete, sie würde vorüber sein, ehe er eintraf, und die Verwundeten würden dann nur noch nach den Sanitätern rufen.
    »Geben Sie Gas, Freddy.« Direkt vor Kurtz schnarchte sich Perlmutter immer tiefer ins Koma hinein.
    »Es ist ziemlich glatt hier, Boss.«
    »Geben Sie trotzdem Gas. Ich habe so das Gefühl, dass wir fast …«
    Er sah einen rosa Fleck aus dem reinweißen Schneevorhang auftauchen, wie Blut, das unter Rasierschaum hervorsickerte, und dann hatten sie den verunglückten Subaru direkt vor sich, den Kühler in den Boden gerammt und das Heck in die Luft ragend. In den folgenden Momenten nahm Kurtz alles zurück, was er je an Schlechtem über Freddys Fahrkünste gedacht hatte. Sein

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