Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
dem an Cerchi, der zudem jede Verbindung zur Verschwörung leugnet, selbst unter der Folter.«
Sie zuckte mit den Schultern und sah nachdenklich zum Fenster hinaus. »Ich wünschte so sehr, Ihr könntet endlich Frieden finden«, sagte sie.
»Ich wünschte mir herauszubekommen, was damals in Certosa passierte.«
Beatrice fuhr herum und starrte mich überrascht an. Ihre Antwort kam zu schnell, als sie sagte: »Certosa? Das ist ein Kloster. Was ist damit?«
»Euer Bruder trat nach dem Erdbeben dort ein und verließ es wieder, als es um die Erbschaftsstreitigkeiten mit Eurem Onkel Alessandro ging.«
»Woher wisst Ihr das?«
»Ich habe es auf ziemlich hinterhältige Weise Rudolf Gutswalter entlockt. Nicht, dass ich besonders stolz auf mich wäre.«
Sie sah mich eine lange Weile schweigend an; so lange, dass ich mich gezwungen fühlte hinzuzufügen: »Auf einem Tisch im Zimmer Eures Bruders sah ich eine Zeichnung eines Gebäudes mit der Aufschrift: Certosa, meine Schuld. Was geschah in Certosa, dass Euer Bruder noch heute mit einer Schuld ringt?«
»O mein Gott, warum habt Ihr das getan?«, flüsterte sie. »Warum wollt Ihr die Vergangenheit wecken? Nicht einmal Rodolfo weiß etwas darüber.« Sie sah mir in die Augen. »Ihr seid eine viel größere Gefahr für Antonio, als ich dachte. Und das Schlimmste daran ist…«
»Was ist das Schlimmste daran, Beatrice?«, fragte ich sanft.
Sie wandte sich ab und gab ihrem Mädchen und dem jungen Mann, die an der Tür standen, einen Wink. »Ihr könnt gehen«, stieß sie hervor. »Ich brauche Euch heute nicht mehr.«
»Ihr dürft sie nicht hinausschicken. Morgen weiß das gesamte Gesinde, dass Ihr mit mir allein im Zimmer wart, und übermorgen die halbe Stadt…«
»Ich weiß schon, was ich tue«, sagte sie atemlos. »Was ich Euch sagen möchte, ist für niemandes Ohren sonst bestimmt. Das ist mir wichtiger als die Gefahr, dass sie etwas herumtratschen könnten.« Sie hielt inne, bis die beiden die Tür hinter sich zugezogen hatten. Ich starrte sie voll ängstlicher Erwartung an. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie mir etwas mitteilen wollte, was die Situation zwischen uns wesentlich erleichtern würde. Beatrice wandte den Blick von der Tür ab, und ich sah, dass ihre Augen schwammen.
»Das Schlimmste daran ist, dass ich Euch liebe!«, rief sie, als hätte es die Unterbrechung des Gesprächs nicht gegeben. »Ist Euch das denn nicht klar? Mit jedem Atemzug, mit jeder Handreichung, mit jedem Schlag meines Herzens denke ich an Euch!« Sie begann stumm zu weinen, und ich sah betreten auf die Tischplatte hinunter.
»Beatrice, ich…«
»Das erste Mal seit dem Tod von Matteo verspüre ich wieder solche Gefühle für einen Mann. Wenn Ihr Florenz verlassen hättet, allein verlassen hättet, ohne Jana…« Sie sah auf. Die Tränen hatten ein wenig von der Farbe ihrer Wimpern mitgenommen und zwei Streifen ihre Wangen hinunter gezeichnet. Plötzlich sah sie aus wie das junge Mädchen, als das sie für die Madonna Modell gesessen hatte, ebenso verletzlich, ebenso weich, ebenso mit der Gewissheit in ihren Zügen, dass aus ihrer Liebe lediglich Leid für sie erwachsen würde. Sie stieß den Tisch zurück und sprang auf, nur um nach ein paar Schritten stehen zu bleiben und ihr Gesicht in den Händen zu vergraben.
»Ich habe mir niemals vorstellen können, meine Heimat zu verlassen«, stieß sie undeutlich hervor. »Doch Euch würde ich überallhin folgen.«
Ich stand unbeholfen auf und trat zu ihr. Sie ließ die Hände sinken und sah mutlos zu mir auf. Ich nahm eine ihrer Hände und hielt sie fest.
»Beatrice«, begann ich. Sie schüttelte den Kopf und umfasste mich mit ihrer zweiten Hand. Ich bemerkte, dass sie zitterte. Wir standen so dicht beisammen, dass ich den Stoff ihres Gewands spüren konnte und den Duft ihres Haars roch.
»O Peter Bernward, ich habe mir so gewünscht, all dies zu Euch zu sagen. Ich habe Tag und Nacht daran gedacht. Ich dachte, ich könnte niemals wieder jemanden so sehr lieben wie Matteo, aber ich war im Irrtum.«
»Beatrice«, sagte ich ruhig, »Ihr liebt nicht mich, sondern die Erinnerung an Euren Mann, die ich in Euch geweckt habe.«
Sie hob den Kopf und sah mich an. Ihre Augen wurden groß. In ihren Zügen wechselte sich die Erkenntnis, dass ich ihren Liebesschwur nicht wiederholt hatte, ab mit der dämmernden Gewissheit, dass ich es auch niemals tun würde. Es tat mir so weh, diesen Gesichtsausdruck zu sehen, dass ich den Blick abwandte und
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