Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
Der Kardinal schien so dumm und so leichtgläubig… Dieser Knabe…«, er brach ab und atmete heftig. Ich schloss die Augen.
»Wenn Ihr versucht habt, einen neuen Herrn zu finden, warum habt Ihr dann noch die Briefe gefälscht und Jana ins Gefängnis gebracht?«
»Das habe ich nicht getan. Ich habe die Briefe nicht geöffnet. Wirklich nicht. Außerdem habt Ihr selbst gesagt, die Unterschrift Janas sei echt gewesen.« Er ‘warf einen erneuten Blick zu den Wachen vor der Kirchenpforte hinüber. Ich ließ seinen Arm los. Er rieb sich über die Stelle, an der ich ihn gepackt hatte, und sah mich an.
»Was habt Ihr mir sonst noch zu erzählen?«
»Nichts! Ich habe Euch alles gesagt. Ihr müsst mir glauben.«
»Euch etwas glauben?« Ich lachte höhnisch. »Was Ihr getan habt, ist noch übler als das, was die Pazzi und ihre Verbündeten hier verbrochen haben. Ihr habt Euch an einer Verschwörung gegen die Herrin des Hauses Dlugosz beteiligt wie die Pazzi an der Verschwörung gegen die Republik Florenz; doch anders als sie habt Ihr nicht mal den Kopf hingehalten, als Ihr merktet, dass Euer Plan fehlschlug. Ihr habt versucht, Euch abzusetzen. Da Ihr jetzt sehr viel Zeit haben werdet, empfehle ich Euch, das Werk von Dante Alighieri zu lesen. Ich kenne es zwar nicht, habe jedoch gehört, dass er sehr fantasievolle Visionen hatte, in welchem Kreis der Hölle für welche Tat welche Sühnen zu erdulden seien. Vielleicht findet Ihr dort den für Euch zutreffenden Kreis. Dann wisst Ihr auch, was Euch nach Eurem Tod erwartet.«
»Was heißt das, ich habe sehr viel Zeit?«, stotterte er. »Wollt Ihr mich immer noch ins Gefängnis bringen? Ich werde veranlassen, dass Kardinal Riario das Geld wieder zurückzahlt…«
»Diese Idee ist noch dümmer, als sich mit dem Kerl einzulassen. Das Geld ist weg, und Ihr werdet es nicht wiederkriegen. Aber darauf kommt es mir auch nicht an. Und um Eure Frage zu beantworten: Nein, ich werde Euch nicht verhaften lassen. In einem habt Ihr Recht – für das, was Ihr getan habt, interessiert sich hier im Augenblick niemand.«
Tredittore atmete fast erleichtert auf. Es war klar, dass er tatsächlich keine Ahnung davon hatte, dass die Behörden eine schriftliche Anzeige gegen ihn besaßen. »Ihr werdet deshalb sehr viel Zeit haben, weil Eure Arbeit für Jana beendet ist. Wenn Ihr noch persönliches Hab und Gut im Fondaco habt, dann holt es. Und kommt mir danach bloß nicht noch mal unter die Augen.«
»Wo soll ich denn hin?«
»Das ist mir völlig egal, Herr Tredittore. Meinetwegen könnt Ihr in der Gasse verrotten oder auf dem Rückweg nach Krakau von Banditen aufgefressen werden. Wenn es mir nicht um die Spucke Leid täte, würde ich Euch anspucken. Sucht doch in San Lorenzo um Asyl nach.«
»Ihr könnt mich nicht auf die Straße setzen. Ihr habt überhaupt keine Befugnisse über Janas Angelegenheiten…«
»Das ist richtig«, grinste ich. »Ich kann Euch jedoch jederzeit aus dem Fondaco entfernen lassen, denn ich habe teures Geld dafür bezahlt, dort Zunftmitglied zu werden. Wenn ich den Zunftrektor darum bitte, lässt er Euch nackt ausziehen und aus dem Fondaco prügeln. Ihr habt die Wahl.«
»Das ist doch…«, schnaufte er.
»Komme ich heute Abend in den Fondaco und finde Euch dort noch vor, werdet Ihr mit Gewalt entfernt. Und sollte es Euch einfallen, danach dort in der Nähe herumzulungern, lasse ich Euch doch noch von der signoria verhaften.«
»Ihr könnt mich doch gar nicht verhaften lassen!«, höhnte er.
»Euch suchen sie doch selbst!«
»Das mag schon sein, aber gegen Euch liegt eine Anzeige vor, die sogar zu einer Durchsuchung des Fondaco dei Tedeschi geführt hat. An wem von uns beiden werden sie wohl mehr interessiert sein?«
Die Wirkung hätte nicht anders sein können, wenn ich ihn ins Gesicht geschlagen hätte. Über seine Miene huschten in rascher Folge ein ungläubiges Lächeln, ein Schock und dann die Erkenntnis, dass es keinen Anlass für mich gab, ihn anzulügen.
»Das wusstet Ihr gar nicht, stimmt’s?«, sagte ich leichthin. »Ihr habt die Soldaten im Fondaco gesehen und seid davongelaufen, um Euch bei Kardinal Riario zu verstecken. Euer Hasenherz hat Euch zum zweiten Mal gerettet, nur dass es Euch diesmal gar nicht bewusst war. Ein guter Witz. Und die Hose hing Euch wieder um die Fersen, wie auf Cerchis Landgut. Ihr solltet Euch einmal etwas Neues einfallen lassen.«
Tredittore stand da wie vom Donner gerührt. Sein Mund arbeitete, aber er brachte keinen
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