Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
Inquisiten festzuhalten – unter Zeugen, die nach Beendigung des Verhörs ebenfalls bereitstanden, wenn dem Gefolterten sein Geständnis vorgelesen wurde, damit er es beglaubigen konnte. Die Marterbank für die erste Stufe, die gelinde Territion, stand gleich daneben. Die Daumenschrauben und die Fußstöcke, die man darauf gelegt hatte, sahen aus wie besonders plumpe Handwerkszeuge und nicht wie Instrumente, die dazu bestimmt waren, Fleisch, Knorpel und Sehnen des Befragten zu zerquetschen. Jana kauerte auf der Marterbank, drei Männern gegenüber, die hinter der Truhe saßen; ein vierter stand neben ihr und hatte ihr die Hand sanft auf die Schulter gelegt, und diese Geste sagte deutlicher als alle Fesseln und Ketten, dass sie ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Der Mann neben Jana trug ein offenes Hemd und enge Hosen und hatte keine Kopfbedeckung auf. Er besaß ein ausdrucksloses Dutzendgesicht. Wenn die Aufgabe, anderen Menschen eine genau bemessene Dosis an Pein zu verabfolgen, die Macht hatte, sich in Gesichtszügen einzugraben, dann war sein Gesicht stärker gewesen als diese Macht. Seine einfache Kleidung, die im krassen Gegensatz zu dem elegant gekleideten Triumvirat hinter der Truhe stand, wies ihn jedoch hinreichend als den Mann aus, der die Fragestufen der drei Richter in die Tat umsetzen würde. Janas Rücken war steif. Man schien ihr kein Haar gekrümmt zu haben. Sie blickte sich um, als sich die Tür öffnete und ich hereingebracht wurde. Ihr Gesicht war kalkweiß, und ihre Augen waren weit aufgerissen vor Angst. Die Wärter stießen mich vorwärts, bis ich vor der Truhe ankam. Ich hörte, wie die Werkzeuge auf der Bank beiseite geschoben wurden, dann drückte mich eine grobe Hand auf die Marterbank neben Jana hinunter. Die Bank war so niedrig, dass selbst ich zu den Richtern aufsehen musste. Ich warf einen Blick zu Jana hinüber. Da war ich also; zum ersten Mal im Leben auf der anderen Seite der Truhe. Jana schluckte und flüsterte: »Sie haben mir nichts getan.« Ich nickte und wartete vergeblich, dass meine Angst geringer wurde.
»Ihr seid Peter Bernward«, sagte der mittlere der Richter, ein noch junger Mann mit dunkler Gesichtsfarbe und bläulichen, peinlich rasierten Wangen in fehlerfreiem Latein. Es war eine Feststellung, keine Frage, und sie ersetzte, was immer in der Folterkammer als Begrüßungsritual üblich sein mochte.
Ich nickte.
»Ihr seid der Verfasser dieser Zeilen.« Er zog das Schreiben hervor, das ich mit einer der Säulen von San Lorenzo als Unterlage hastig hingeworfen hatte. Stepan Tredittore hatte es abgegeben; und offensichtlich war meine Vorhersage eingetroffen, dass er dabei nicht würde verhaftet werden. Er befand sich in einer glücklicheren Lage als wir. Ich nickte wieder. Es schien, dass die drei Männer nicht die Peinkommissare waren. Genauso schien es aber auch, dass ich dabei versagt hatte, Lorenzo de’ Medici mit meinem Brief zu ködern. Ich erkannte, dass ich noch einen zweiten Fehler begangen hatte: Ich hatte mich darauf verlassen, dass meine Einschätzung eines Mannes, dem ich ein einziges Mal im Leben gegenübergestanden hatte, richtig war.
»Wer seid Ihr?«, fragte ich.
»Mein Name ist Battista Frescobaldi.«
»Ich hatte diese Botschaft an Lorenzo de’ Medici geschickt, nicht an Battista Frescobaldi.«
Sein Gesicht verfinsterte sich. »Ser Lorenzo hat nicht die Zeit, jedes an ihn gerichtete Gefasel zu lesen.«
»Ich hatte ihn so eingeschätzt, dass er Gefasel von wichtigen Informationen unterscheiden kann.«
Jana starrte mich mit noch größerem Entsetzen an als vorhin, als sie mich zur Tür hatte hereinkommen sehen. Ich bemühte mich, ihrem Blick nicht auszuweichen. Meine Furcht vor einem eventuellen Verhör war nicht geschwunden, aber ich hatte das dringende Gefühl, dass mir gute Worte ebenso wenig weiterhalfen wie schlechte.
»Haltet Ihr das hier vielleicht für wichtige Informationen?« Frescobaldi glättete das Pergament und spähte hinein. Er war sichtlich wütend. »An Ser Lorenzo de’ Medici: Euer Gericht hält Unschuldige gefangen und versäumt es, die Schuldigen zu stellen. Die Verschwörung der Pazzi gegen Euer Haus ist nicht das einzige Komplott, das um den Tod Eures geschätzten Bruders geflochten wurde. Fragt den Kaufmann Antonio Pratini und fragt den Steinmetz, der bei der Porta San Frediano in dem Haus zwischen den Lagerstädeln lebt; oder lasst mich sie befragen in Eurer Gegenwart. Ich bin kein Verschwörer und kein
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