Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
Vom Netzwerk:
Meuchelmörder, und meine Gefährten, die sich in der Gewalt Eures Gerichts befinden, sind es ebenso wenig. Ich verstehe Euren Schmerz und Euren Zorn; doch stellt Euch nicht mit den Kreisen auf eine Stufe, die Euren Kummer verursacht haben, und lasst Euch nicht zum Mord an Unschuldigen hinreißen. Ich vertraue auf Euch und Eure Urteilskraft. Zum Beweis meines Vertrauens werde ich mich in die Hände der Florentiner Behörden geben, noch bevor dieser Brief Euch erreicht. Euer Diener Peter Bernward.«
    Ich nickte. »Das sind meine Zeilen.«
    »Eine eindrucksvolle Prosa. Aber wenn Ihr mein Urteil hören wollt: weiter nichts.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, von Vertrauen in die Urteilskraft des Battista Frescobaldi geschrieben zu haben.«
    Ich hörte Jana neben mir einatmen. Frescobaldi sprang auf und knallte mein Schreiben auf die Truhe. »Seid Ihr vom Teufel geritten, Mann?«, brüllte er. »Was bildet Ihr Euch ein! Seht Euch doch mal um, damit Euch klar wird, wo Ihr Euch befindet!«
    »Habt Ihr den Kaufmann Antonio Pratini aufgesucht?«
    »Seht Ihr ihn vielleicht irgendwo?«
    »Und den Steinmetz?«
    Frescobaldi grinste höhnisch. »Ihr meint das Haus, in dem eine verschlampte Vettel und ihre Gören leben und jeden bespucken, der sich in ihre Nähe wagt?«
    »Habt Ihr den Mann nicht angetroffen?«, fragte ich.
    »Dreimal dürft Ihr raten.«
    »Vielleicht wäre es geraten gewesen, ein wenig auf ihn zu warten.«
    »Meine Leute haben von der Mittagsstunde bis zum Vesperläuten in der Nähe auf ihn gelauert.«
    Was er mir sagte, enthüllte unfreiwillig, wie viel Zeit vergangen war: mehr, als ich gehofft hatte. Es enthüllte auch noch etwas anderes.
    »So habt Ihr ziemlich schnell auf ein Schreiben reagiert, das außer Prosa nichts enthält«, sagte ich. Frescobaldis Augen weiteten sich, und einen Moment lang wusste er keine Antwort. Dann begann er zu grinsen. Es war kein Grinsen, das frohe Gefühle in mir weckte. Ich hörte die Tür sich hinter meinem Rücken öffnen, und ein Mann mit dem charakteristischen Helm der Florentiner Stadtwache stapfte vorüber und flüsterte Frescobaldi etwas ins Ohr. Frescobaldis Grinsen erlosch und machte einer ungläubigen Miene Platz. Er warf mir einen scharfen Blick zu, dann winkte er den beiden Männern zu seinen Seiten. Sie steckten die Köpfe zusammen und begannen zu murmeln. Ich drehte mich zu dem Folterknecht um, dessen Hand auf Janas Schulter gelegen war, aber er hatte sich längst in eine Ecke der Kammer zurückgezogen und starrte ins Leere.
    »Peter, bist du verrückt geworden?«, hauchte Jana. »Musst du ihn auch noch zur Weißglut bringen?«
    »Ich muss ihn so weit bringen, dass er vor Wut nicht mehr weiterweiß und Lorenzo de’ Medici holt«, sagte ich tonlos. »Andernfalls sind wir erledigt.«
    Jana musterte mich. »Mein Leben liegt in deinen Händen, ohne dass ich die geringste Vorstellung davon hätte, was du tun willst«, flüsterte sie.
    – Ich weiß es auch nicht. Ich improvisiere um unser Lehen.
    »Keine Angst. Ich weiß genau, was ich tue. Vertrau mir.«
    »Du lügst dich und mich an, Peter Bernward«, seufzte sie. »Aber ich vertraue dir trotzdem.«
    »Sie haben uns nicht hierher gebracht, um uns dem peinlichen Verhör zu unterwerfen. Wenn sie das wollten, hätten sie schon lange angefangen.«
    Jana warf dem Folterknecht in der Ecke einen angstvollen Blick zu. »Wofür ist er dann hier?«, flüsterte sie.
    »Um uns zu ängstigen.«
    »Famos. Ihre Taktik wirkt bei mir hervorragend.«
    »Bei mir auch«, gestand ich.
    Jana lächelte. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass du mich jemals in einer Situation wie dieser amüsieren könntest.«
    Ich zuckte mit den Schultern. Die drei Richter waren offenbar mit ihrem Disput zum Ende gekommen. Einer von Frescobaldis Gefährten stand auf, warf uns einen Blick zu und schlüpfte zusammen mit dem Mitglied der Stadtwache aus dem Raum. Frescobaldi sah ihm hinterher, dann raffte er sich ebenfalls auf und stapfte zu der Stelle, an der das Seil herunterhing. Er hängte sich mit einer Hand in den Haken und schlug ein Bein über das andere. Zu einer anderen Zeit hätte die Pose lächerlich gewirkt. Ich bemühte mich, meine Augen nicht zu deutlich auf das Seilende zu richten.
    »Was bringt Euch eigentlich dazu, den ehrbaren Kaufmann Antonio Pratini anzuklagen?«, fragte er mit schlauer Miene.
    Ich hob die Brauen. »Ich wüsste nicht, dass ich ihn angeklagt hätte.«
    Seine Miene zog sich wieder zusammen. »Ich kann doch wohl

Weitere Kostenlose Bücher