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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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es, wobei er etwas brummte, das ich nicht verstand.
    »Wenigstens ist hier die Tür offen«, sagte ich. »Und es stehen keine Bewaffneten davor.«
    »Ja«, seufzte Kleinschmidt.
    Als wir Schritte aus dem Durchgang hörten, blieben wir stehen. Ein Mann mit einem kurzen Brokatwams, der einen Mantel elegant über die eine Schulter geschlungen hatte, kam daraus hervor und musterte uns ohne große Neugier. Kleinschmidt gaffte ihn an und nickte ihm dann zu; der Mann erwiderte den Gruß erfreut, hob die Hand und winkte uns zu, bevor er die Gasse hinunterschritt. Sein Gang war beschwingt.
    »Das war Benedetto da Maiano«, sagte Kleinschmidt.
    »Na und?«
    »Er ist zur Zeit der beliebteste Porträtist in Florenz. Jeder, der genug Geld hat, lässt sich von ihm sein Ebenbild in Holz, Marmor oder Terrakotta fertigen. Seine Büsten stehen in fast jedem reichen Haus.«
    »Dann hoffen wir, dass er ein guter Freund von Umberto Velluti ist«, brummte ich. »Wir können einflussreiche Helfer gebrauchen.«
    Velluti hatte, äußerlich scheinbar unberührt, versucht, trotz der Geschehnisse so etwas wie den Alltag in seinem Haus beizubehalten. Vielleicht waren etwas mehr Dienstboten als gewöhnlich in seinem Haus, und vielleicht waren etwas mehr kräftige Männer darunter als sonst, und vielleicht war es auch nicht üblich, dass sich zwei von ihnen mit finsteren Mienen hinter Besuchern aufstellten, während ein dritter losging, um dem Herrn des Hauses deren Ankunft mitzuteilen; aber Velluti empfing uns mit der schwächlichen Höflichkeit eines alten Mannes, der fürchtet, von zu viel Aufmerksamkeit erschöpft zu werden, und er ließ uns nicht lange warten.
    Er war ein hagerer Mann mit einem langen, schmalen Schädel, den ein nur noch spärlicher Haarkranz bedeckte. Selbst seine Ohren waren lang und pressten sich eng an den Kopf. Sein Mund war eingefallen. Er lächelte uns neugierig und zugleich ängstlich an. Seine Gattin, die mit einem kurzen Kopfnicken den Raum verließ, war nur wenig jünger als er; eine schlanke, stark geschminkte Frau mit einem dichten Schopf weißgrauen Haars, das sie in einem Zopf um den Kopf geschlungen hatte, und die ein wärmendes Wolltuch um ihre Schultern trug.
    Kleinschmidt begann mit unserer Vorstellung und, soweit ich seinen Worten entnehmen konnte, einer lang ausgetretenen Eloge auf die Gesundheit des alten Architekten. Ich wartete ungeduldig, bis Velluti darauf geantwortet hatte und sich erkundigte, was er für uns tun könne. Er schien ein guter Menschenkenner zu sein; er richtete seine Frage an mich, betrachtete Kleinschmidt als Dolmetscher und verschwendete keinerlei Aufmerksamkeit an den unruhig von einem Fuß auf den anderen tretenden Tredittore, den er nicht zu Gesicht bekommen zu haben schien, als dieser Janas Brief ablieferte.
    »Ich brauche Eure Hilfe«, sagte ich. Er zog die Augenbrauen in die Höhe und sah mich erstaunt an.
    »Aber ich kenne Euch doch gar nicht«, übersetzte Kleinschmidt.
    »Wieso wendet Ihr Euch an mich?«
    »Meine Gefährtin kennt Euch. Sie stand in einer Geschäftsbeziehung zu Euch – oder wollte in eine solche treten.«
    »Eure Gefährtin?«
    »Ihr Name ist Jana Dlugosz. Sie steht dem Handelshaus ihres verstorbenen Vaters in Krakau vor. Sie hat Euch einen Brief geschrieben.«
    Velluti betrachtete mich nachdenklich. Er schwieg so lange, dass ich dachte, Kleinschmidt habe etwas falsch übersetzt. Mein Schwiegersohn schien derselben Meinung zu sein, denn er begann zu reden, ohne dass ich es ihm aufgetragen hätte. Vellutis Augen weiteten sich während seiner Worte, und sein Gesicht verlor deutlich an Farbe. Sein Mund begann zu arbeiten. Ich betrachtete seine Verwandlung ungläubig.
    »Was hast du zu ihm gesagt?«, zischte ich.
    Kleinschmidt machte ein um Verzeihung heischendes Gesicht. »Ich dachte, er habe mich nicht richtig verstanden; also erklärte ich ihm, dass… Jana… mit Euch hier angekommen sei, dass sie ein paar Briefe an Geschäftsleute geschrieben habe…«
    Velluti richtete sich auf; der Hocker, auf dem er gesessen hatte, fiel nach hinten um.
    »Nessun lettera!«, krächzte er. »Niente. Niente affato.«
    »Was hast du zu ihm gesagt, zum Teufel?«
    Velluti wich zur Wand seines Empfangszimmers zurück und zog an einer Kordel. Ich hörte leise irgendwo etwas bimmeln.
    »Wir wollten doch seine Hilfe, also habe ich ihm gesagt, dass Jana verhaftet wurde… dass sie sich an der Verschwörung beteiligt hat… dass niemand in Florenz für sie ein gutes Wort einlegen

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