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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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nickte Kleinschmidt kurz zu und wandte sich an mich.
    »Da seid Ihr ja«, sagte er langsam. »Ich habe gehört, dass im Gefängnis die ersten peinlichen Befragungen begonnen haben.« Ich erstarrte. »Zuerst sind die Florentiner unter den Verschwörern an der Reihe, weil man sich von ihnen mehr Aufschlüsse erhofft als von den Fremden. Wenn man mit ihnen fertig ist…«
    »Wie kann ich das aufhalten?«
    »Aufhalten? Überhaupt nicht. Ihr könnt höchstens darauf hoffen, dass es so lange wie möglich dauert, wenn Ihr weiterhin versuchen wollt, Eurer Gefährtin zu helfen. Vielleicht hilft Euch die Widerstandskraft von Benozzo Cerchi.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Cerchi ist seit heute Mittag dran. Er leugnet hartnäckig jede Verbindung zur Verschwörung, obwohl es dafür gar keines Beweises mehr bedarf. Das Schreiben Eurer Gefährtin hängt schließlich für alle sichtbar im Bargello. Versteht Ihr das? Er ist doch überführt – zumindest die Folter könnte er sich ersparen.«
    Ich hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. Seit heute Mittag; wie viel Widerstand mochte wohl in einem Mann sein, dem sie die Schultern ausrenkten, die Daumen zerquetschten und die Fußknöchel brachen? Wie viel wäre davon in mir? Und in Jana? Gutswalter betrachtete mich mitleidig.
    »Ich dachte, Ihr solltet es wissen«, sagte er und öffnete die Tür. Ich ließ ihn halb hinausgehen, dann rief ich: »Was sagen Euch die Namen Umberto Velluti und Francesco Nori?«
    Er sah mich nachdenklich an und zuckte dann mit den Schultern. »Nori ist tot. Velluti wäre es wahrscheinlich auch schon, wenn ihn Antonio Pratini nicht am Leben erhielte.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Velluti war einmal ein recht gut mit Aufträgen eingedeckter Architekt. Er war nicht genial, aber seine Bauten sind auch nicht sofort nach der Fertigstellung in sich zusammengefallen. Er war jung und arbeitete viel und schnell. Heute ist er alt.«
    »Und niemand beauftragt ihn mehr.«
    »So ist es. Seit Jahren.«
    »Er wohnt in einem recht großen Haus drüben auf der anderen Seite des Arno, mit einer stattlichen Dienerschar. Wo ich herkomme, wohne ich nicht so komfortabel.«
    Gutswalter zuckte mit den Schultern. »Das Haus gehört Antonio Pratini. Er zahlt das Gesinde, die laufenden Ausgaben und ein Taschengeld.«
    »Wozu tut er das?«
    »Wisst Ihr, Lorenzo de’ Medici hält sich einen ganzen Schwarm an Philosophen, Bildhauern, Malern, die von seiner Gnade leben. Vielleicht möchte Ser Pratini auch von sich sagen, dass er einem kreativen Geist das Schmarotzen ermöglicht?« Er grinste in seiner bubenhaften, freundlichen Art und schloss die Tür.
    Ich starrte die geschlossene Tür an. Meine Kehle war eng. Als ich den Blick zur Tischplatte senkte, bemerkte ich, dass ich Lapos Pergament zerknüllt hatte. Ich strich es mit fühllosen Händen wieder glatt. Kleinschmidt räusperte sich. Ich sah zu ihm hinüber und gewahrte einen unregelmäßig geschichteten Packen billigen, brüchigen Pergaments in seinen Händen.
    »Das hier sind Briefe… von Maria…«, stotterte er. »Sie hat darin von Euch geschrieben. Wenn Ihr sie lesen möchtet… Ich habe sie extra herausgesucht.«
    Ich sah ihn überrascht an. Er reichte mir den schmalen Packen über die Schreibplatte hinweg. Ich nahm sie ihm aus der Hand. Einen Moment lang sortierte ich sie unschlüssig um.
    »Du willst, dass ich sie lese?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Lass uns zum Feuer hinübergehen«, sagte ich und erhob mich schwer. Vor dem Kamin stand eine von Kleinschmidts Truhen mit geschlossenem Deckel. Sie schien niedriger zu sein als üblich; ich fiel ungraziös darauf nieder.
    Während ich Marias Briefe an ihren Mann las, kam ich mir vor wie ein Eindringling, der verstohlen die geheimen Dokumente eines anderen durchschnüffelt, obwohl Kleinschmidt mir gegenübersaß und mich mit einer Mischung aus Ungeduld und vorsichtiger Neugierde dabei beobachtete. Dass er sie mir zeigte, überraschte mich. Damit gab er etwas preis, was nur ihn und seine Frau etwas anging, und wenn sie tausendmal meine Tochter war. Vielleicht wollte er seine himmelschreiende Dummheit bei Velluti damit gutmachen; vielleicht hatte er auch mein Entsetzen über Gutswalters Nachricht empfunden und versuchte, mich zu trösten. Seine Geste versöhnte mich mit ihm; besonders, als er sagte: »Ihr habt doch bestimmt schon lange keine Nachricht mehr von ihr bekommen… Und Ihr werdet Euch nach ihr sehnen… Ich sehne mich jedenfalls nach ihrer Gesellschaft.«
    Marias

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