Duell der Leidenschaft
ihn nach wie vor, sich weiter von dem Feldbett zu entfernen.
»Wo ist sie?«, wollte er wissen, den wütenden Blick auf Tremont gerichtet. »Was haben Sie mit ihr angestellt?«
Der Gentleman erwiderte nichts, sondern lehnte sich mit einer Schulter gegen die Wand neben der Tür.
Rouillard kam einen Schritt nach vorn. »Sie sprechen von Mademoiselle Bonneval, wie ich annehmen darf. Es geht ihr gut, und sie ruht sich in meiner Obhut aus. Und ich darf anfügen, dass sie bemitleidenswert dankbar ist, endlich bei mir zu sein.«
»Das ist eine Lüge«, gab Kerr überzeugt zurück. »Egal was Sonia - Mademoiselle Bonneval — auch macht, es wäre nie etwas, wofür man sie bemitleiden müsste oder wofür sie bemitleidet werden möchte. Und ich wette, sie war auch nicht dankbar dafür, dass sie gegen ihren Willen verschleppt wurde.«
Rouillard sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und wollte zum Sprechen ansetzen, doch Tremont kam ihm zuvor. »Ihr geht es den Umständen entsprechend gut. Von mir wurde ihr kein Leid zugefügt. Ich glaube, sie ruht sich derzeit aus.«
Ihr ging es gut. Kerr wusste nicht so recht, warum er Tremonts Beteuerungen glaubte, wenn er an Rouillards Worten zweifelte.
»Ich verstehe nicht, warum sie aus der Postkutsche gezerrt und hergebracht werden musste«, sagte er. »Wir waren seit dem Schiffsuntergang auf dem Weg hierher.«
»Spielen Sie nicht den Ahnungslosen«, meinte Rouillard verächtlich. »Es war notwendig. Sie beide zu trennen.«
»Dann wissen Sie, wieso ich hier bin.« Seine Erwiderung war Drohung und Frage zugleich.
»Seit Sonias Tante Ihren Namen erwähnte, wusste ich, wer Sie sind. Nicht, dass ich Sie nicht auch dem Aussehen nach erkannt hätte. Sie haben die gleiche Statur und Hautfarbe wie Ihr Bruder, den gleichen starrsinnigen Stolz und diesen verdammten Ausdruck in den Augen, es notfalls allein mit einer ganzen Armee aufzunehmen. Wie Bonneval sich von Ihnen beeindrucken lassen konnte, kann ich nicht verstehen. Sie werden feststellen, dass ich schlauer bin.«
»Daran habe ich keinen Zweifel. Man muss sich ja nur ansehen, wie Sie Andrew zum Narren hielten.«
Rouillards Gesicht färbte sich rot. »Ich tat, was ich tun musste. Er hätte mitkommen können, als ich die Ranger verließ. Der Idiot weigerte sich, weil es für ihn eine Frage der Ehre war. Als wenn die Ehre noch etwas wert gewesen wäre, wenn wir sowieso alle sterben sollten.«
»Aber Sie überlebten.«
»Ich überlebte, und es geht mir gut, obwohl ich Sie auf den Fersen hatte. Aber ich wusste ja auch immer, dass Sie hinter mir her waren. Und nun sehen Sie sich an, was es Ihnen eingebracht hat.«
»Tja, das muss man sich mal ansehen«, stimmte Kerr ihm voller Ironie zu. Immerhin hatte er nach all den Jahren den Verbrecher gefunden, das durfte man dabei nicht vergessen. »Und was werden Sie jetzt tun?«
»Ich habe mir überlegt, dass wir uns unterhalten sollten, um herauszufinden, ob sich nicht irgendein Kompromiss finden lässt. Ich besitze viel Geld, und ich werde noch viel mehr besitzen, sobald ich über das Vermögen meiner Ehefrau verfüge. Sie könnten sich ein ansehnliches Stück Land in Südamerika kaufen und dort wie ein König leben.«
»Ich glaube, ich tauge nicht zum Monarchen«, gab Kerr leise zurück.
Rouillard schürzte die Lippen und schob die Hände auf den Rücken unter die Rockschöße seiner Jacke. Dann sah er sich in dem kleinen Raum um. »Jeder mag Geld. Haben Sie erst einmal einige Tage hier verbracht, dann werden Sie Ihre Meinung schon noch ändern.«
»Das bezweifle ich.«
Enttäuschung und Sorge waren dem Gesicht des Mannes deutlich anzusehen. »Ich hätte Sie von Tremont töten lassen sollen.«
»Und warum haben Sie es nicht getan?«
»Ich dachte, er würde es machen. Ich wusste nicht, dass ich ihm dafür erst den ausdrücklichen Befehl hätte erteilen müssen.« Rouillard warf Tremont einen zornigen Blick zu, während er sich weiter in dem Raum umsah. Sein Tonfall war so beiläufig, als sei das Thema so unwichtig wie eine verlegte Einladung zu einer Soiree.
Der Mann war offensichtlich ein Feigling, das konnte Kerr deutlich erkennen. Er griff zu den verschlagenen Methoden eines Schwächlings, er war jemand, der sich zu fein war, sich die Hände schmutzig zu machen. Geahnt hatte Kerr das schon immer, doch das ganze Ausmaß dieser Feigheit wurde ihm erst jetzt klar.
Hinzu kam, dass Rouillard ein Mann ohne Gewissen war. Ihn kümmerte nicht, welche Hoffnungen und Träume die
Weitere Kostenlose Bücher