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Duell der Leidenschaft

Titel: Duell der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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versuchte, sich unter eine Gruppe zu mischen, die einen Verwandten an Bord begleitet hatte, um ihn zu verabschieden. Sie hatte sich mit der Erkenntnis abfinden müssen, dass er sie einfach nicht aus den Augen ließ, sodass sie gezwungen war, dem Dampfschiff hinterherzuschauen, wie es mit Ziel Mobile ablegte. Wollte sie ihm entwischen, dann war ein Fluchtversuch in der Nacht wohl die beste und vielleicht auch einzige Lösung.
    Unter ihrem Kissen holte sie Hose, Hemd und Jacke hervor, die sie dort versteckt hatte, und zog sich im Dunkeln an. Dann kletterte sie aus ihrer Koje, schlüpfte in die Stiefel und tastete nach der kleinen Umhängetasche, die sie unter ihren Röcken deponiert hatte. Sie steckte sie in die Jacken-tasche und schlich zur Tür, drehte vorsichtig den Schlüssel um und spähte hinaus in den Gang.
    Niemand hielt sich in dem schmalen Korridor auf, der nur schwach von dem wenigen Licht erhellt wurde, das vom obersten Deck nach unten drang. Erleichtert atmete sie auf, dass niemand zu sehen war, denn es hätte sie nicht überrascht, Kerr Wallace auf der Türschwelle schlafend vorzufinden. Zweifellos glaubte er, die Anwesenheit ihrer Tante würde genügen, um sie nicht wieder auf dumme Gedanken zu bringen. Das war sein Fehler gewesen.
    Sie zog die Kabinentür hinter sich zu, dann blieb sie so lange stehen, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Gleichzeitig achtete sie auf alle Geräusche, um festzustellen, ob sich ihr jemand näherte. Doch bis auf ein lautes Schnarchen aus dem Korridor, das leise Knarren der Takelage und das Schlagen der Wellen gegen den Schiffsrumpf war nichts zu hören.
    Eigentlich hätte sie froh darüber sein sollen, doch stattdessen lief ihr vor Angst ein eisiger Schauer über den Rücken. Womöglich war es nicht nur ruhig, sondern zu ruhig.
    Was machte sie hier eigentlich? Konnte es irgendetwas geben, das es wert war, sich über die Zweifel hinwegzusetzen, die jetzt an ihr nagten? Bestand tatsächlich die Möglichkeit, dass sie sich unbemerkt über das Dock bewegen konnte, wo sich Kisten, Kartons und Fässer stapelten? Wo sich Berge von Baumwollballen erhoben und nur schmale Gassen verblieben, in denen sich Gott weiß wer versteckt halten mochte? Würde sie sich wirklich verstecken können, bis die Lime Rock ablegte oder bis das Dampfschiff aus Mobile zurückkehrte? Und dann? Was würde dann sein?
    Dann würde sie frei sein.
    Frei.
    Frei, um da hinzugehen, wohin sie wollte. Um zu tun, wonach ihr der Sinn stand. Um so zu leben, wie es ihr gefiel, ohne auf die Wünsche oder die Missbilligung anderer
    Menschen Rücksicht nehmen zu müssen. Sie würde ihr eigener Herr sein und musste weder ihrem Vater noch einem Ehemann Rede und Antwort stehen. Das war ganz gewiss ein erstrebenswertes Ziel.
    Sie schluckte ihre Angst herunter, reckte trotzig das Kinn und ging in Richtung der düsteren Treppe. Dabei hielt sie sich dicht an der Wand und blieb immer wieder stehen, um zu lauschen. Auch als sie die unterste Stufe erreicht hatte, hielt sie wieder an.
    Nichts. Es war nichts zu hören. Doch es kam ihr so vor, dass sich leichter Tabakrauch unter die feuchten Gerüche aus dem Bauch des Schiffs und den Gestank des morastigen Flusses mischte. Hatte sich dieser Tabakgeruch seit den Abendstunden gehalten, oder hatte erst vor Kurzem jemand geraucht? Sie vermochte es nicht zu sagen.
    Natürlich war eine Wache postiert worden, doch wo hielt sich dieser Wachmann auf? Sie musste ihm unbedingt aus dem Weg gehen, zumindest so lange, bis sie in der Nähe der Laufplanke war und losrennen konnte.
    Sie vernahm kein Geräusch, das ihr verraten hätte, wo sich der Mann aufhielt. Vielleicht befand er sich im Moment auf dem hinteren Teil des Schiffs oder er war sogar eingeschlafen. Letzteres war sicherlich eine zu gewagte Hoffnung, dennoch wollte sie die Möglichkeit nicht ausschließen.
    Wie sich die Situation an Deck gestaltete, würde sie nie erfahren, wenn sie sich noch länger hier unten versteckt hielt. Sie schloss kurz die Augen, um ihren Mut zusammenzunehmen, dann ging sie vorsichtig die Stufen nach oben, wobei sie den Rücken weiter gegen die Wand drückte.
    An Deck empfing sie eine kühle nächtliche Brise, die eine willkommene Abwechslung darstellte, nachdem sie unter Deck so lange Zeit abgestandene Luft hatte atmen müssen. Der Wind strich über die Strähnen, die ihrem langen Zopf für die Nacht entwischt waren und die nun auf ihrer Wange kitzelten. Sie hob die Hand, um die Haare hinter

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