Duell der Leidenschaft
beabsichtigte aber nicht, den Fechtmeister einen weiteren Annäherungsversuch zurückweisen zu lassen. Sollte sich eine Gelegenheit ergeben, dann würde sie schon die richtigen Voraussetzungen schaffen, damit er ihr nicht widerstehen konnte. Dass diese Aussicht ein Kribbeln in ihrem Busen und tief in ihrem Bauch auslöste, musste außer ihr selbst niemand wissen.
Wie sonderbar, überlegte sie und schüttelte leicht den Kopf. Noch vor einer Woche hätte sie über einen solchen Gedanken laut gelacht. Nun erschien ihr ein solches Vorgehen nicht nur vernünftig, sondern unbedingt notwendig.
Dabei wurde ihr aber auch klar, dass sie sich nicht aus heiterem Himmel mit seinen Avancen einverstanden zeigen durfte. Sein Misstrauen würde dann eher geweckt als sein Verlangen nach ihr, und das wäre sogar nur zu verständlich gewesen. Sie hatten kleine Fortschritte hin zu einem besseren Verhältnis zwischen ihnen beiden gemacht, aber ein wenig mehr Geben und Nehmen dürfte wohl von Nutzen sein. Sie humpelte weiter, während sie darüber nachdachte, welches Gesprächsthema wohl die Stimmung verbessern würde.
Doch statt einer Idee wurden in ihr auf einmal Zweifel wach. Ihr Plan konnte die Situation womöglich noch verschlimmern, und es machte ihrem Gerechtigkeitsempfinden zu schaffen. Aber die einzige andere Alternative war die, einfach aufzugeben, sich in ihr Schicksal zu fügen und die Frau eines Mannes zu werden, den sie verabscheute. Ein wenig Schuldgefühle waren sicher kein zu hoher Preis für ihre Freiheit.
»Ich habe nachgedacht«, sagte sie und wich dabei einem tief hängenden Zweig aus, an dem große Bäusche drahtiger grüngrauer Pflanzen wuchsen. »Was diesen Mann angeht, den Sie in Vera Cruz aufsuchen wollen. Ich glaube, Sie erwähnten gar nicht seinen Namen.«
»Richtig.«
»>Richtig Was soll denn das heißen?« Sie sah ihn verdutzt an und ließ den Blick einen Moment lang zu ihrem Strumpfband wandern, das er um den Oberarm trug.
»Es ist richtig, dass ich ihn nicht erwähnt habe. Er tut jetzt auch nichts zur Sache.«
»Das sehe ich aber anders, denn immerhin ist er der Grund, dass ich jetzt hier bin.«
Als Antwort gab er nur ein unverständliches Brummen von sich, und sie hatte das Gefühl, dass er plötzlich schneller ging, als wolle er vor ihrer Neugierde davonlaufen. Ein beunruhigender Gedanke ging ihr durch den Kopf, den sie aber sofort wieder verwarf. Jean Pierre hatte sich in den letzten vier Jahren nur selten und dann auch nur ganz kurz in New Orleans aufgehalten. Es war unwahrscheinlich, dass er und Kerr sich dabei begegnet waren.
»Sie wollen mir doch nicht weismachen«, gab sie zurück, »dass Sie sich einverstanden erklärt hätten, mich nach Vera Cruz zu bringen, wenn Sie nicht diesen Gentleman suchen würden.«
»Momentan suche ich nur nach einem, nämlich Wasser.«
»Und ich hoffe sehr, Sie finden welches. Mein Mund ist
schon so trocken, dass meine Zunge am Gaumen klebt. Aber zurück zu ...«
»Davon merke ich aber nichts.« Sein Blick über die Schulter hatte eindeutig etwas Ironisches.
»Ihnen ist wohl eine schweigsame Begleiterin lieber, die hinter Ihnen herläuft, so wie ein Choctaw und seine Frau auf dem French Market. Entschuldigen Sie vielmals, aber das ist nicht meine Art.«
»Das ist mir nicht entgangen.«
»Hervorragend«, sagte sie und lächelte ihn strahlend an. »Dann wird es Sie ja nicht überraschen, wenn ich meine Frage wiederhole.«
»Natürlich überrascht es mich nicht.« Er blieb stehen, da er hinter dem grünen Dickicht auf eine Art Pfad gestoßen war. Ob Tiere oder Menschen diesen Pfad geschaffen hatten, konnte er nicht erkennen. Aber dass er weiterhin benutzt wurde, ließ sich nicht übersehen, da der Dschungel ihn sich ansonsten bereits wieder einverleibt hätte.
»Dann sollten Sie sich eigentlich längst eine Antwort überlegt haben«, erklärte sie. »Das Thema Waffen haben wir erledigt. Zumindest nehme ich das an, da Sie offenbar weiterziehen wollen. Wären das Ihre Waffen gewesen, die jetzt auf dem Meeresgrund liegen, dann würden Sie das nämlich nicht machen.«
»Vielen Dank für Ihr Vertrauen in mich.«
»Ich versuche nur, fair zu sein, auch wenn das bei manchen Leuten sehr schwierig ist. Wie ich sagte ...«
Sie verstummte sofort, als er ein Zeichen gab, ruhig zu sein. Eine Sekunde lang war sie außer sich über seine bestimmende Geste. Doch seine Körperhaltung war zu angespannt, und er konzentrierte sich zu sehr auf den Dschungel, sodass
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