Duell der Leidenschaft
grauen Augen funkelten vor unterdrückter Hitze, als er Sonia ansah. Dann trat er mit geballten Fäusten einen Schritt nach hinten, machte kehrt und ging in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Der Dschungel ringsum hielt für einen Moment den Atem an, nachdem er gegangen war. Erst dann waren wieder die Insekten zu hören, gefolgt von den Fröschen und den Vögeln. Keines der Tiere hier hörte sich so an, wie Sonia es aus den Sümpfen rund um New Orleans kannte. Sie waren lauter, ungestümer und beharrlicher, manche Rufe klangen fast nach Schreien. Mit jeder verstreichenden Minute schienen sie sich ihr zu nähern, als wollten sie sich anschleichen und sie jeden Moment anspringen.
Was sollte sie machen, wenn Kerr sie allein hier zurückließ? Irgendwie würde sie bestimmt überleben. Sie konnte weiterziehen, bis sie einen Flusslauf entdeckte, dem sie dann so folgen würde, wie er es vorgeschlagen hatte. Aber ein Erfolg war unter diesen Umständen längst nicht so gewiss.
Sie vertraute voll und ganz darauf, dass er einen Ausweg aus diesem Dschungel fand. So seltsam dieser Gedanke auch war, konnte er sie nicht überraschen. Immerhin war Kerr ein sehr fähiger Mann.
Wenn er es wollte oder wenn er sich überreden lassen konnte, es zu wollen, dann konnte er sie vor dieser arrangierten Ehe retten. Sie musste ihm nur klarmachen, was daran für ihn von Vorteil wäre. Oder aber sie kam dahinter, was er im Gegenzug benötigte, und das würde sie ihm dann geben.
Von einer Sache glaubte sie zu wissen, dass er sie begehrte. So sehr er es auch zu verbergen und zu überspielen versuchte — er wollte die.
Es fiel ihr nicht leicht darüber nachzudenken, ihm ihre Gunst zu erweisen, damit er ihr half. Was für eine verruchte Art, ihre Prinzipien, ihre Erziehung und ihre Zukunft aufs Spiel zu setzen. Aber was blieb ihr anderes übrig? Es waren Männer — ihr Vater und Jean Pierre, um genau zu sein —, die sie in diese missliche Lage gebracht hatten. Warum sollte es nicht auch ein Mann sein, der sie aus dieser Lage befreite?
Die Zeit verging unerträglich langsam. Die Sonne wanderte über den Himmel und ließ ihre sengende Hitze auf sie niederbrennen. Sonias Ferse schmerzte, und vor Erschöpfung fielen ihr immer wieder die Augen zu. Sie war aber zu erregt und zu wachsam, und sie fühlte sich zu unbehaglich, als dass sie hätte einschlafen können.
Allmählich begann sie zu glauben, Kerr könnte sie im Stich gelassen haben, als sie ein leises Geräusch wahrnahm, das sie sofort hellwach werden ließ. Kerr stand gut zwanzig Fuß entfernt so reglos im Schatten der Bäume, dass er ein Geist hätte sein können. Von Ungewissheit erfüllt, sah sie ihm in die Augen, zugleich begann ihr Herz schneller zu schlagen. Es kam ihr vor, als hänge zwischen ihnen beiden etwas in der Luft, etwas Unbändiges und Gefährliches wie der Wald ringsum.
Unwillkürlich verzogen sich Sonias Lippen zu einem schwachen erleichterten Lächeln, einem ehrlichen Lächeln, hinter dem sich keine List verbarg. Das Grübchen in Kerrs Wange, das sich bildete, als er mit einem genauso ehrlichen
Lächeln antwortete, war diesen Augenblick unaufmerksamer Abhängigkeit fast schon wert.
Er kam zu ihr, in einer Hand trug er mehrere große Blätter, die er neben sich hinlegte, als er vor Sonia niederkniete. Eines davon wählte er aus und begann, es um ihren Fuß zu wickeln.
»Was soll das werden?«
»Ein Paar Schuhe.« Sein Blick war auf das grüne Blatt gerichtet, das er wie eine Schuhsohle unter ihren Fuß legte und um den Verband wickelte. Dann griff er nach dem Strumpf, den er ihr ausgezogen hatte, und band ihn so um Knöchel und Fuß, dass das Ergebnis einer griechischen Sandale glich.
Sie drehte ihren Fuß nach links und rechts, um den Sitz zu überprüfen, doch das Machwerk schien sich erstaunlich fest an den Fuß zu schmiegen. »Ich muss Ihnen danken, dass Sie daran gedacht haben«, sagte sie, sah ihn dabei jedoch nicht direkt an. »Es war ... sehr nett.«
»Nicht der Rede wert.« Er hielt kurz inne, da er den Verband noch ein wenig korrigierte, dann sprach er mit schroffer Stimme weiter: »Es ist das Beste, wenn ich Sie in einem passablen Zustand abliefere.«
»Ja, natürlich. Was auch sonst? Aber ... was ist mit Schuhen für Sie?«
»Meine Füße sind nicht so empfindlich«, erwiderte er, während er damit beschäftigt war, für sie einen zweiten behelfsmäßigen Schuh zu fertigen. »Als kleiner Junge bin ich vom Frühling bis zum Herbst immer nur
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