Duell der Leidenschaft
Hand auf ihren Arm. Es war seine erste Berührung, seit er ihr die Sandalen festgebunden hatte.
Sonias Zunge war angeschwollen, ihre Augen brannten, und ihre Haut juckte vom Salz, das sie bislang nicht hatte abwaschen können. Die wenige Kleidung, die sie noch am Leib trug, war vom Salzwasser so hart und steif geworden, dass der Stoff ihren Körper an Stellen wundgescheuert hatte, über die sie nicht einmal nachdenken wollte. Jeder Zoll ihres Körpers schrie danach, in das kühle, klare Wasser einzutauchen, das nur ein paar Schritte entfernt war.
Aber sie rührte sich nicht von der Stelle, sondern sah Kerr zu, wie der sich dem See näherte. Mit ein paar Sätzen überwand er die Felsbrocken, geriet auf einem Kiesbett ins Rutschen und fand sein Gleichgewicht wieder, dann ging er weiter zum Uferstreifen. Er kniete sich hin, schöpfte eine Handvoll Wasser aus dem See, roch daran und probierte davon.
Er drehte sich zu ihr um und nickte bedächtig. Mit einem Lächeln auf den Lippen erwiderte sie seinen Blick.
Das kleine Wangengrübchen erreichte eine faszinierende Tiefe, als er den Mund zu einem breiten, dankbaren und triumphierenden Grinsen verzog. Es war ein Triumph, den er nur zu gern mit ihr teilte. Das Leuchten in seinen Augen war so hell und so strahlend wie die Sonne, die sich über dem See erhob.
Neunzehntes Kapitel
Sonia ließ sich nicht zweimal auffordern. Obwohl sie mit ihren behelfsmäßigen Sandalen immer wieder ins Rutschen geriet, stürmte sie nach unten bis zum Ufer und war mit einem Satz im See. Das kalte Wasser ließ ihr einen Moment lang den Atem stocken, was sie aber nicht abschrecken konnte. Langsam watete sie zurück zum Ufer, bis sie bis zur Hüfte im Wasser stand, dann schöpfte sie es mit den Händen, um es sich ins Gesicht und ins Genick zu spritzen, sodass es über die Schultern und von dort zwischen ihre Brüste lief. Dazwischen trank sie immer wieder einen Schluck, und erst als der ärgste Durst gestillt war, wurde ihr bewusst, dass sie allein im See stand.
In Panik drehte sie sich um und suchte das felsige Ufer ab, bis sie Kerr entdeckte, an dem sie vorbeigestürmt war. Er hockte immer noch am Ufer.
»Wollen Sie nicht reinkommen?«, rief sie ihm zu.
»Ich sehe mir lieber an ... ob von irgendwoher Gefahr droht, bis Sie fertig sind.«
Sein durchdringender Blick hatte zur Folge, dass sie sich nackt fühlte. Sie wich einen Schritt zurück und ließ die Hände über die Wasseroberfläche gleiten. »Ich beeile mich.«
»Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
Es erschien ihr besser, auf mehr Abstand zu ihm zu gehen, was sie jedoch wunderte, wo sie doch vor nicht allzu langer Zeit ganz andere Absichten gehegt hatte. Sie wollte sich aber auch nicht zu intensiv damit befassen, zumindest nicht solange das Salz im Haar und auf der Haut klebte. Nachdem sie ein paar Schritte in Richtung Seemitte gegangen war, tauchte sie den Kopf unter und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Dann ließ sie sich mit geschlossenen Augen auf dem Wasser treiben. Mit den Händen spülte sie Kamisol, Korsett und Pluderhose ab, und das Gleiche machte sie auch mit Kerrs Hemd, dessen zartes Leinen auf ihrer Haut klebte. Zwischendurch trank sie einen Schluck, schrubbte sich das Gesicht sauber und wrang das Wasser aus ihren Haaren, während sie fast bis zum Hals im kühlenden See stand. Schließlich kehrte sie dorthin ans Ufer zurück, wo Kerr sich ausruhte. Zweifellos konnte er es kaum erwarten, ebenfalls ins Wasser zu springen.
Triefnass stellte sie sich vor ihn und sagte mit belegter Stimme: »Und jetzt Sie. Ich passe in der Zwischenzeit auf.«
Er betrachtete sie, als sei erst ein komplexer geistiger Prozess erforderlich, um zu verstehen, was sie gesagt hatte. Im nächsten Moment wanderte sein Blick über ihren Körper, dann presste er die Lippen so fest aufeinander, dass sie die Farbe verloren. Er stand auf und wich zurück.
Sie hatte eigentlich erwartet, er würde ihr seine Hand hinhalten, um sie zu stützen, während sie die letzten Meter über Schlamm und Felsen zurücklegte, doch das war nicht geschehen. Als sie bis zu den Knien aus dem Wasser gekommen war, hatte er seine Weste ausgezogen und auf die Erde fallen lassen. Nun vollführte er einen kraftvollen Sprung und tauchte so schwungvoll ein, dass er den See zu drei Vierteln unter Wasser durchquerte.
Sonia sah an sich herunter und schnappte erschrocken nach Luft. Sie war davon ausgegangen, dass sein Hemd ihre Blöße bedeckte, doch das war ein Irrtum gewesen.
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