Duell der Liebe
daran, wie sehr die »Zivilisation« sie verändert hatte. In der zivilisierten Welt gaben die Leute nicht zu, daß sie Angst hatten oder sich nach einem anderen Menschen sehnten. Nein, in der zivilisierten Welt versteckte man seine Gefühle oder leugnete sie. Und wenn jemand sagte, daß er einen brauchte, oder, wie Laurel es vorhin ausdrückte, »schlechte Medizin« - Pech -hatte, ließ man nicht alles stehen und liegen, um dem Betreffenden in seiner Not zu helfen.
Laurel berichtete weiter: »Der Mann war ein verdammter Himmelspilot, aber er flößte mir Wein ein, und ich schlief ein. « Sie blickte Maddie an. »Aber er hat sein Fett abbekommen. Er hat sich eine Kugel eingefangen. «
Maddie riß die Augen auf. Ein Mann, der sich als Priester ausgegeben hatte, hatte Laurel entführt und ihr ein Betäubungsmittel eingeflößt, aber offenbar hatte ihn dann jemand erschossen. »Hast du ihn getötet? «
»Nein, irgendein Viehdieb. «
Maddie war froh, zu hören, daß nicht ihre Schwester, sondern ein anderer Verbrecher den Entführer umgebracht hatte. Sie drückte ihre kleine Schwester fest an sich. »Ich bin so froh, daß du wieder in Sicherheit bist. Du scheinst ’Ring einen großen Kampf geliefert zu haben. «
Laurel löste sich aus der Umarmung und sah Maddie an. »Er dachte, ich würde ihm alles glauben, als er in dieser Hütte auftauchte. Er meinte, ich würde einfach so mitgehen, als wäre er Gott, der Allmächtige. «
Maddie drückte ihre Schwester wieder an sich, damit sie ihr Lächeln nicht sah. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie ’Ring Laurel gesagt hatte, was sie zu tun und zu lassen hatte. »Er neigt dazu, den Herrgott zu spielen«, sagte Maddie; »aber man darf hoffen, daß er lernfähig ist. Haben die Entführer dich schlecht behandelt? Haben sie dir etwas angetan? «
»Sie haben versucht, mir Angst einzujagen, aber ich habe >Büffeltee< in ihr Essen getan, und da haben sie mich in Ruhe gelassen. «
Maddie runzelte die Stirn. Tapferkeit war eine Sache, aber Dummheit eine andere, und daß Laurel Urin in das Essen der Entführer geschüttet hatte, war zweifellos eine Dummheit gewesen. »Laurel, ich denke… «
Laurel erkannte schon am Ton, wenn jemand ihr eine Lektion erteilen wollte, und sagte rasch: »Übrigens, wenn wir schon von Büffeltee sprechen - hast du was zu futtern für mich? Ich habe einen solchen tierischen Hunger, daß ich Büffelfransen essen könnte. «
Maddie lachte. Ihre Schwester war offensichtlich in bester Verfassung, und das bißchen, was Laurel ihr bisher erzählt hatte, reichte schon, daß Maddie fast Mitleid mit den Entführern hatte. Zweifellos hatte man die Männer für diesen Job angeheuert, und der Bote, mit dem sich Maddie ein paarmal in den Wäldern getroffen hatte, hatte diese Vermutung ja auch bestätigt. Sie wußten offenbar nicht, wie sie mit einer zwölf Jahre alten Range wie Laurel, die ihnen Urin ins Essen schüttete, umgehen mußten.
»Geh und laß dir was zu essen geben«, sagte Maddie, und als Laurel sich erhob, faßte Maddie sie noch einmal bei der Hand. »Aber wenn du mit anderen redest, solltest du dich gesittet ausdrücken. Sonst verstehen sie dich nicht und sind schockiert. «
Laurels Mund wurde zu einem grimmigen Strich.
»Dieser… dieser Mann von dir, der hat… «
»Was hat ’Ring getan? «
»Er hat mich übers Knie gelegt - das hat er getan. «
Maddie mußte sich auf die Zunge beißen, um nicht laut zu lachen. Ihr Vater hatte das seinen Töchtern jedesmal angedroht, wenn sie fluchten, aber er war viel zu weichherzig gewesen und hatte es niemals fertiggebracht, ihnen auch nur eine Ohrfeige zu geben. Ihre Mutter war da schon strenger gewesen. »Stell dir vor, du sprichst mit Mutter. «
Laurel nickte. »Was für Leute sind diese Ostküstenmenschen? Sind das Männer? «
»Ja«, antwortete Maddie. »Es sind Männer. Geh jetzt und besorg dir was zu essen. «
Maddie stand auf. Ja, diese Ostküstenleute waren Männer, zwar anders als die Männer, die sie als Kind gekannt hatte - aber sie waren zweifellos Männer.
Etwas später an diesem Morgen teilte Laurel Maddie mit, daß sie nach Hause zu ihren Eltern und nicht mehr zu ihrer Tante wollte.
’Ring betrachtete das Kind und sagte: »Es wird eine Weile dauern, bis ich dich begleiten kann. Aber ich werde dich so bald wie möglich zu deinen Eltern bringen. «
Ehe Maddie den Mund auftun konnte, fauchte Laurel ’Ring an: »Sie! Wer braucht Sie denn dazu? Ich kann allein gehen. «
Maddie
Weitere Kostenlose Bücher