Duell der Liebe
zumindest Männer, die einen Dachs von einem Biber unterscheiden konnten und einen Ute von einem Crow. Aber die Zeit war knapp gewesen, und deshalb hatte sie die Männer engagiert, die General Yovington ihr geschickt hatte. Franks Gesicht und Sams Größe reichten aus, um Fremde einzuschüchtern. Sam hatte keinen Ton von sich gegeben, als Maddie ihn von seinen Fesseln befreit hatte. Sam ging so sparsam mit Worten um, als wären sie Edelsteine, von denen er sich nicht trennen durfte, wenn er nicht am Bettelstab enden wollte.
Sie hatte Edith unter der Kutsche gefunden - gefesselt, geknebelt und über alle Maßen zornig. Offenbar hatte sich Captain Montgomery erst sehr um sie bemüht, bevor er sie ans Wagenrad gefesselt hatte. »Ich dachte, er wollte mich haben «, fauchte sie. »Aber er wollte mich nur fesseln. Und als die Sache anfing, spannend zu werden, hat er mich einfach sitzen lassen. Gefesselt! Ohne mich anzurühren! «
Maddie hatte nur stumm die Fesseln gelöst und Edith nicht danach gefragt, was sich denn da Spannendes zwischen ihr und dem Captain entwickelt habe.
Sie waren sofort aufgebrochen. Sam hatte den schlafenden Captain aus dem Zelt getragen, ihn am Rand eines Abhangs niedergelegt und ihm dann einen kleinen Tritt versetzt, daß er den Hang hinunterrollte.
Maddie hoffte, daß der Captain nicht in der kalten Bergluft erfroren war; aber sie meinte, daß ein Mann mit so viel Unternehmungsgeist noch genug Feuer in sich hatte, daß es ihn bis zum Morgengrauen warm hielt.
Sie waren in Richtung Goldfelder gefahren, bis die Sonne aufgegangen war. Dann hatte Sam die Pferde angetrieben, und sie hatten so viele Meilen zwischen sich und den auf seinen Auftrag versessenen Captain Montgomery gelegt, wie nur möglich.
Seither waren drei Tage verstrichen, und sie hatten den Captain nicht mehr gesehen. Vielleicht war er tatsächlich an Unterkühlung gestorben. Oder er war, was Maddie für wahrscheinlicher hielt, in sein Fort zurückgekehrt und hatte sich dort über eine »unberechenbare« Opernsängerin beschwert. Warum auch immer er verschwunden war - Maddie war froh, ihn loszusein.
Sie hängte ihre Feldflasche an das Sattelhorn und zog ihre Wegskizze aus der stramm sitzenden Wolljacke. Sie kannte ihre Route inzwischen zwar auswendig, aber sie wollte sich dennoch vergewissern, daß sie zur rechten Zeit an der richtigen Stelle war.
Als sie das Papier auseinanderfaltete, fiel ihr eine Locke von Laurels Haar in die Hand, die mit dem ersten Brief gekommen war. Die Nachricht war eine Drohung, daß man Maddie beim nächsten Mal einen Finger von Laurel schicken würde, falls sie nicht an der verabredeten Stelle erschiene.
Mit bebenden Händen legte sie die Wegskizze wieder zusammen und steckte sie zusammen mit Laurels Locke in ihre Jackentasche. Dann trieb sie ihr Pferd den steilen mit Geröll übersäten Hang hinauf.
Sie haben Laurel in ihrer Gewalt, dachte sie traurig. Diese anonymen, gesichtslosen Männer - oder waren es Frauen? -haben ein unschuldiges zwölfjähriges Kind aus ihrer Woh-nung in Philadelphia entführt und benützen es dazu, mich ihren Wünschen gefügig zu machen.
Vor einem halben Jahr war Maddie zum ersten Mal in Amerika aufgetreten. Sie hatte bereits Europa für sich erobert, hatte dort neun Jahre lang auf allen Opernbühnen des Kontinents vor begeistertem Publikum gesungen, sich aber danach gesehnt, wieder nach Amerika zurückkehren zu können. Ihr Manager, John Fairlie, hatte deshalb für sie in Boston und New York Auftritte arrangiert, und drei glorreiche Monate lang hatte sie vor amerikanischem Publikum gesunden, das sie überschwenglich gefeiert hatte.
Vor drei Monaten hatte ihre Tante, die ein kleines Haus in Philadelphia besaß, Maddie eine Botschaft zukommen lassen, daß sie so rasch wie möglich nach Philadelphia kommen müsse.
Als Maddie an diesen Brief dachte, plagte sie das schlechte Gewissen. Warum war sie nicht sofort nach Philadelphia gefahren? Warum war sie nicht in den nächstbesten Zug gestiegen und zu ihrer Tante geeilt? Statt dessen hatte sie drei Tage verstreichen lassen und drei neue Titelrollen gesungen, bevor sie ihre Tante aufgesucht hatte. Schließlich war ihre Tante eine alte, schon ein bißchen schrullige Dame - möglicherweise bereits senil. Maddie hatte gedacht, so eilig könne die Sache wohl nicht sein, aber als sie in Philadelphia eingetroffen war, hatte sie feststellen müssen, daß sie zu spät gekommen war, um das Schlimmste zu verhindern.
Laurel, Maddies
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