Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden
Männer mit gelbgefleckten Bärten und faltenumgebenen, hellblauen Augen, lange, magere Männer von ganz anderem Schlage als die Windläufer. Die blaßblauen Augen folgten ihnen, als Ser Noris den Wagen auf die erste Pier steuerte, an der ein kleines Segelschiff vertäut lag. Ein buckliger, grauhaariger Mann kam aus einem der Gebäude gehumpelt und folgte ihnen auf die Pier. Er nahm Ser Noris die Zügel ab und blieb mit stumpfsinnigem Gleichmut stehen, während Ser Noris herabkletterte, um den Wagen bog und Serroi die Hände entgegenstreckte.
Seine Haut war kühl und glatt, und darunter strömte starkes Leben. Serroi erschauderte, als seine Hände sich um die ihren schlossen. Wieder hatte er sich verändert; irgend etwas an ihm, was, hätte sie nicht sagen können, flößte ihr Furcht ein. Plötzlich war er wieder das wilde Tier, dessen Macht so offensichtlich war wie das Gebiß eines Raubtiers. Es war, als hätte er einen Teil seiner selbst beiseite gelassen, als er ins Landesinnere gereist war, und riefe es nun erst wieder herbei. Sie sprang furchtlos von dem Wagen und wollte sich so schnell aus der verwirrenden Berührung lösen, daß sie stolperte und gegen seine Beine fiel. Mit einem verlegenen Keuchen kroch sie weg und stand mit dem Rücken zum Wagenrad auf.
Nach einem Augenblick lächelte er zu ihr herunter, tätschelte zärtlich ihren Kopf, ergriff wieder ihre Hand und führte sie zu einer schmalen Laufplanke. Der grauhaarige Mann führte Vinat und Wagen fort. Als Serroi an Deck des Schiffes stapfte, schaute sie über die Schulter hinweg dem Tier nach und beobachtete es mit einer unbestimmten Traurigkeit im Herzen davontrotten. Zum ersten Mal wurde ihr bewußt, daß sie ihre Leute vielleicht niemals mehr wiedersehen würde und sie von allem abgeschnitten würde, was ihr vertraut war. Sie blickte empor zu dem schweigsamen Noris, dann wieder vor sich hin und biß die Zähne fest auf die Unterlippe, um den Anflug von Einsamkeitsgefühl niederzukämpfen, der ihr brennende Tränen in die Augen trieb.
»Halt dich am Mast fest – so –, und hab keine Angst, Kind.« Ser Noris schmiegte ihre Hände um das glatte Holz und wartete, bis sie sich an den leicht vibrierenden Mast klammerte und die Wange dagegenpreßte, dann trat er weg und sagte ein Wort. Unsichtbare Hände setzten die Segel, machten die Leinen los und lenkten das Schiff hinaus aufs offene Meer. Auch wenn der Wind landeinwärts blies, füllten sich doch die weißen Segel, und das Schiff flog über die Wellen dahin, angetrieben von einer geheimnisvollen Brise, bei deren Anblick ihnen der Alte am Pier fassungslos staunend nachsah.
Die summende Vibration in Serrois Ohren schwoll an; der Wind strich an ihr vorüber, zupfte an ihren Locken und preßte ihre Jacke gegen ihren schmalen Körper. Die ersten paar Minuten war sie so aufgeregt und erfreut über das neue Erlebnis, daß sie ihren Kummer vergaß, doch als das Deck sich unter ihren Füßen weiter auf- und abbewegte und die Reling dahinter sich hob und senkte, begann ihr Magen zu revoltieren. Sie blickte zu Ser Noris empor; ihr Gesicht war schweißgebadet, und sie hielt die Hand über den Mund gepreßt.
Er stürzte mit ihr zur Reling und hielt sie fest, während sie ihren Magen entleerte. Trotz ihrer Übelkeit spürte sie seinen Abscheu; Verzweiflung und Leere einer anderen Art wuchsen in ihr. Tränen rannen aus ihren Augen, um sich mit dem Schweiß und der sauren Flüssigkeit des Erbrochenen zu mischen, als die Würgekrämpfe nachließen und schließlich aufhörten. Sie hing schlaff über dem Geländer und war viel zu ausgepumpt und zu erschöpft, um sich zu bewegen.
Ser Noris trug sie zum Mast zurück und setzte sie auf das schwankende Deck. Er kauerte sich mit einem Stirnrunzeln neben sie. »Ich laß dich lieber an der frischen Luft, bis du dich erholt hast.« Er berührte ihre Wange mit einem schwachen Abklatsch der früheren Zärtlichkeit. »Du denkst vielleicht, daß du stirbst, Kleines, aber das geht vorüber. Ich verspreche dir, daß es vorübergeht.« Er stand rasch auf, strich seine Ärmel glatt und sprach ein anderes Wort.
Ein Seilende schlängelte sich von einer am Mast hängenden Rolle herab. Serroi beobachtete, wie es durch die Luft auf sie zukam und schrak zurück, konnte sich jedoch nicht bewegen, als der Noris sich wieder neben sie hockte und sie an den Schultern festhielt. Das Seil schlang sich um ihre Taille und band sich zu einem Knoten. Sie starrte darauf, dann auf das andere
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