Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden
das Wort ergreifen, sondern wartete, daß sie sich erklärte. Er wurde allmählich ungeduldig, als sie sein Gesicht erforschte, ohne die Worte zu sprechen, die zu hören er schweigend forderte. Er war ein schlanker, großer Mann mit graugesträhntem, braunem Haar, zu kunstvollen Zöpfen geflochtenem Bart, schmalen, fast zur Unkenntlichkeit zusammengepreßten Lippen und buschigen Augenbrauen, über tiefliegenden, haselnußbraunen Augen. Hinter all dem Haar war sein wettergegerbtes Gesicht eine aus nußbraunem Canthaholz geschnitzte Maske, undurchschaubar bis auf eine allgemeine Ausstrahlung von Klugheit und Stärke.
Sie riß sich zusammen, blickte ihm in die Augen und sagte unumstößlich: »Als Meie von Biserica erbitte ich Obdach für eine Nacht und Unterstützung für meinen weiteren Weg. Alle Auslagen werden selbstverständlich zurückerstattet.«
Sein Blick wanderte über ihre einfache Lederjacke, den knielangen, geschlitzten Rock, ihre verschlissenen, schmutzigen, hohen Stiefel, den um ihre Hüften geschlungenen Waffengürtel, und seine Augen wurden ein wenig größer, als er das Fehlen des Schwertes bemerkte. »Meien reisen stets zu zweit«, sagte er schließlich, wobei sie große Schwierigkeiten hatte, seinen Fischerdialekt zu verstehen. Er schaute an ihr vorbei zum Boot. Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, erkannte er es wieder, was sich auch bestätigte, als er wieder das Wort ergriff. »Ferenlangs Boot. Wie kommt es, daß er nicht dabei ist?«
»Das Boot ist geborgt.«
»Geborgt, Frau?«
»Meie, heißt das, Intii!« fuhr sie ihn an und war plötzlich wütend über seinen starrsinnigen Widerstand. Mit vor Erschöpfung und Zorn zitternden Fingern löste sie die Kordel von ihrer Geldkatze, zog eine Handvoll Münzen heraus und warf sie ihm vor die Füße. »Bezahlung für die Benutzung des Bootes und den Fischer, der es zurückführt. Vergiß alles übrige, ich werde unter den Bäumen schlafen, wo die Wesen der Finsternis, die des Nachts umherstreifen, mehr Höflichkeit zeigen als die Menschen.«
Der Intii betrachtete die verstreuten Münzen vor seinen Füßen, dann blickte er in ihr Gesicht, ohne sich von Wut oder Beleidigung zu einer Entscheidung drängen zu lassen. Er rieb seinen knochigen Daumen über die Unterlippe, blickte von der über ihre Schulter ragenden Spitze ihres ungespannten Bogens zum Boot, und vom Boot zu dem Felsvorsprung, wo der Schamane und der Kriegsführer Opfer ihrer Schießkünste geworden waren. Das Schweigen dehnte sich in die Länge und wurde nur durch das Scharren von Füßen und weiteren dahingemurmelten Kommentaren der hinter dem Intii versammelten Männer gestört. »Eine Meie ohne Schwert?« sagte er schließlich – auch diesmal eine Spitzfindigkeit, allerdings eher nachdenklich denn vorwurfsvoll.
Serroi unterdrückte ein Seufzen. Die Aussicht auf ein warmes Essen und ein Bad waren das einzige, das sie davon abhielt, ihre Drohung wahrzumachen und den Mann seinen quälenden Überlegungen zu überlassen. »Ihr werdet mein Können bemerkt haben.« Sie sprach mit übertriebener Geduld, wohl wissend, daß ihn das verärgern mochte, aber gleichzeitig unfähig, ihren Groll über die Art, wie sie ausgefragt wurde, hinunterzuschlucken. Die Art ihrer Kleidung, ihr Geschick im Umgang mit dem Bogen, was zum Teufel hätte sie anderes sein sollen als eine Meie? »Ich habe nicht die Körpergröße für einen sinnvollen Schwertkampf, aber ich bin im Schwertkampf geübt; muß ich das erst einem von euch beweisen?«
Zu ihrer Überraschung verzog der Intii den Mund zu einem kleinen Lächeln. »Wenn du mit dem Schwert halb so geschickt bist wie mit dem Bogen, würde ich dabei wohl einen Mann verlieren, Meie.« Er drehte sich um und gebot der unruhigen Menge mit wenigen barschen Worten, sich zu zerstreuen und sich um die Arbeiten zu kümmern, die durch den Überfall unbeendet geblieben waren. Er blieb schweigsam neben Serroi stehen, bis der letzte Nachzügler durch das Tor verschwunden war, dann kicherte er und entspannte sich, nun ein ganz anderer Mann als in Anwesenheit seiner Gefolgschaft. »Du bist eine knauserige Kämpferin, kleine Meie: Zwei Pfeile, und schon ist der Stoßtrupp vertrieben.« Er blickte über die Schulter zu den Booten, schüttelte den Kopf, und ein Zungenschnalzen unterstrich seinen Abscheu. »Die Fischer und wir haben niemals daran gedacht, Boote zu benutzen. Beim nächsten Überfall machen wir ihnen den Garaus; ihre Bögen haben keine große
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