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Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden

Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden

Titel: Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Osten, über den Baumwipfeln, hingen die letzten Fetzen der Dämmerung, doch die verblaßten rasch. Sie gähnte, beobachtete das Feuer, das zu ein paar wenigen Kohlen erstarb, kuschelte sich dann ins Gras und fiel in tiefen Schlaf.
     
    Durch einen heiseren Schrei und starke Hände, die ihre Knöchel zusammenpreßten, schreckte sie aus dem Schlaf hoch. Sie starrte in ein grinsendes Gesicht und baumelte dann in der Luft, als er sie mit ausgestrecktem Arm von sich hielt.
     

DAS KIND: 5
    Serroi beugte sich über die Schriftrolle und versuchte, die Worte zu ergründen. Sie waren in einer Schrift verfaßt, die sie eben erst zu lernen begonnen hatte, und beschrieb die Reisen eines Händlers und Schelms, dessen Humor ihr im Augenblick entging, aber dessen Beschreibungen lebhaft genug waren, ihr Interesse zu wecken, insbesondere da in ihrem Zauberspiegel just eine solche Karawane langsam durch den schwarzbraunen Sand zog.
    Sie war inzwischen neun Jahre alt, einige Zentimeter größer und mit ihrem Leben im Turm ganz glücklich. Sie trug Jacke und Hose, beides neu und von den unsichtbaren Dienern des Noris besorgt. Die in den Gürtel eingewebten schwarzweißen Muster waren ihr fremd. Sie hatte den Spiegel benutzt, um die Tundra nach den Windläufersippen abzusuchen, die solche Muster fertigten, hatte sie jedoch nicht finden können, sich über der Suche gelangweilt und schließlich die Kleider einfach so angenommen, wie man sie ihr bereitstellte. Es gab zu viele andere interessante Gegenden, die es mit dem Spiegel zu erforschen galt.
    Plötzlich wurde sie sich bewußt, daß Augen sie beobachteten, und sie hob den Kopf und sah sich um. Der Noris stand schweigend im Türrahmen. Sie faßte den Spiegel an, daß das Bild erlosch, rollte das Pergament zu einer engen Rolle und legte sie ins Regal zurück. Obgleich der übrige Raum von den Spuren ihres unachtsamen Umgangs gezeichnet war, herrschte hei den Schriftrollen peinliche Ordnung. Die Federn und Federhalter auf dem Tisch strahlten vor Sauberkeit, die Papierbögen waren zu ordentlichen Haufen gestapelt, deren Kanten genau parallel zu denen des Tisches verliefen.
    Der Noris lächelte über diesen Hauch von Ordnung. »Komm, Serroi. Ich brauche deine Hilfe bei einer wichtigen Sache.« Ein warmes Glücksgefühl durchströmte sie. Fast tanzend durchquerte sie den Raum zu ihm und ergriff seine Hand. Der Fels flutete vor ihnen zurück und schmolz zu Treppenstufen zusammen. Der Turm schien bis auf diese leeren Zellen, die das Gestein wie Blasen einen Käse durchzogen, massiv zu sein. Er führte sie höher als jemals zuvor, öffnete durch seine Berührung eine Tür und geleitete sie in ein Zimmer, das sie noch nie zuvor gesehen hatte.
    Als sie eintrat, kam ein einjähriger Chini auf sie zu, beschnupperte sie, legte die Ohren an und duckte sich winselnd vor dem Noris. Das war ihr schon früher aufgefallen. Ob wild oder zahm, die Tiere schreckten vor dem Noris zurück und drückten ihre Furcht in Unterwerfungsgebärden aus. Selbst der große Sicamar kroch zu Kreuze und heulte furchtsam. Der Noris trat an ihr vorbei und zu einem Sessel. Dort nahm er Platz, während sie dem Chini weiter den Kopf streichelte und sich umschaute.
    Der Raum war klein und kreisrund, ein hoch aufragender, steinerner Zylinder, der in einen Kreis grellblauen Himmels mündete, der jedoch viel zu weit oben war, um das Gefühl von Bedrücktheit von ihr nehmen zu können. Stück für Stück bröckelte das Glücksgefühl von ihr ab. Die Luft war zu drückend in diesem deckenlosen Raum. Ihr Augenfleck pochte. Sie wandte sich zu dem Noris um, in ihren Augen standen ein Dutzend unausgesprochene Fragen.
    Er saß in einem schwarzen Steinthron auf einer Empore, und um ihn herum war ein Pentagramm in den Stein geritzt, dessen Vertiefungen mit Silber ausgelegt waren, das im strahlenden Licht der Dachöffnung glänzte.
    Der Jährling drückte sich eng an ihr Bein.
    Es handelte sich um ein großgewachsenes, schlaksiges Tier, das ihr etwa bis zur Leiste reichte und sich in seinem erwachsenen Körper noch nicht ganz heimisch fühlte. Sie kraulte ihn hinter den Ohren und fuhr mit der Hand über sein Rückgrat. Als sie dieses kräftige Leben berührte, wurde ihr die tödliche Aura dieses Turms wieder sehr bewußt. Sie war niemals ganz sicher, ob der Noris wirklich lebte; er sah aus wie ein Mensch, aber irgendwie hatte sie ihre Zweifel.
    »Serroi.«
    Sie starrte ihn erschreckt an. In seiner Stimme lag feierlicher Ernst und nicht die

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