Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
dann fuhr sie fort. »Es gibt da ein Wesen schwer durchschaubarer Natur, aber von großer Kraft, das sich Kojote nennt.« Sie rieb mit dem langen Daumen über das glatte Holz. »Er... hmm ... es ist schwierig mit den Pronomen. Kojote ist weder männlich noch weiblich noch ... doch ich schweife ab. Dom Hern, Kojote ist in der Lage, alles zu zerschlagen, was der Nearga-Nor unternimmt. Auf... nun sagen wir halt seine... also auf seine Weise ist er mächtiger als der Nearga-Nor und Biserica zusammen. Aber er ist kapriziös und neigt eher zu Unfug als zu konstruktiver Hilfe für eine unserer beiden Seiten. Kojote... den Namen fand er
irgendwo
auf einer seiner Reisen. Die Jungfrau allein mag wissen, was er bedeutet, aber er sagte mir einmal, er paßte besser zu ihm als jeder andere Name... jedenfalls, Kojote ist launisch, wie ich schon sagte. Außerdem ist er ausgesprochen sentimental, sehr neugierig und neigt dazu, seine Nase in Dinge zu stecken, nur um zu sehen, was geschehen wird, um dann anschließend Ströme von Tränen über das Chaos zu vergießen, das er anrichtet. Und er zahlt seine Schulden, wenn auch größtenteils mit verheerenden Ergebnissen. Vergiß das nicht, Dom, wenn du deine Entscheidung triffst. Wenn du ihn jedoch finden kannst, wenn du ihn dazu überreden kannst, dich in seinen Spiegel schauen zu lassen, wenn es gelingt, die richtige Wahl zwischen den Alternativen zu treffen, die er dir bietet, dann hast du die größten Chancen, die du jemals bekommen kannst, die Herrschaft in Mijloc wieder an dich zu reißen. Und damit würdest du de facto auch uns hier im Tal verteidigen, also ...« Sie betrachtete Hern und schüttelte den Kopf.
Man kann nicht erraten was er denkt oder ob er überhaupt denkt,
fand Serroi. Sie beobachtete die beiden amüsiert über die antagonistischen Gegensätze zwischen ihnen – zwei dominante Charaktere, die um Punkte kämpften wie Sicamars um Jagdreviere – und erschreckt über die gleichermaßen offensichtliche und unangebrachte Verlegenheit in Yael-mris Miene, jedesmal wenn sie von dem Burschen mit dem eigenartigen Namen sprach.
Kojote. Ich frage mich, wo er den aufgeschnappt hat, und ich frage mich, ob ich
es je herausfinden werde.
Sie kratzte sich nachdenklich an der Nase.
Hern schlug die Augen auf und hob die Brauen.
Yael-mris angespanntes Lächeln erlosch. »Kojote schuldet mir einen Gefallen.« Ein wenig Farbe stieg in ihr Gesicht und ihre Nasenspitze rötete sich. »Da es um den Schutz von Biserica geht, kannst du ruhig meinen Namen benutzen, wenn du ihn findest. Das könnte sein Interesse ausreichend fesseln, um dir Gehör zu verschaffen. Wie ich schon sagte, er zahlt seine Schulden. Ich will nichts versprechen, aber ich schwöre dir, Dom Hern, es gibt keine andere Möglichkeit, die eine vergleichbare Chance bieten würde, den Nearga-Nor zu schlagen. Ich kann dir sagen, wo er manchmal sein ... hm ... Gesicht zeigt, wenn er nicht unterwegs ist. Wie du dann an ihn herantrittst, ist deine Sache.«
Hern blinzelte träge. »Wir beide, sagtest du. Die Meie begleitet mich also?«
Yael-mri wurde förmlich. »Wenn sie das will«, sagte sie, und jedes Wort klang scharf und eisig. »Der Meie steht es frei, die Suche anzutreten oder nicht, ganz wie sie will. Aber gewiß wird sie dich nicht
begleiten,
so wie du dir das vorstellst, sie wird in keinerleHinsicht deine Untergebene sein.«
»Wir werden uns schon einig werden.« Er lächelte sie mit eingeübtem Charme an, setzte sich auf, und seine träge Maske verschwand. Er ließ die Hände auf die Schenkel fallen, beugte sich nach vorn und sah sie gespannt aus seinen grauen Augen an. »Einzelheiten, bitte.«
3
MIJLOC
Die Sonne stand erst als Versprechen im Osten, als zärtliche 1 Rinde Tuli wachrüttelten. Sie blinzelte in ein ernstes Gesicht empor, dessen Züge von der Seite her durch den fahlen rötlichen Schimmer der Dämmerung erhellt wurden. Sie hörte das leise Atmen ihrer Schwestern, setzte sich auf, rieb sich die brennenden Augen, war noch ganz benommen vom Schlaf und wunderte sich, warum ihre Mutter sie so früh geweckt hatte. Dann fiel ihr alles ein.
Mit einem wütenden Zischen schob sie die Arme ihrer Mutter beiseite, drückte mit Knien und Ellbogen gegen deren über sie gebeugten Körper und versuchte sich aus den Decken freizustrampeln, um sich auf Nilis zu stürzen. Die lag tief schlafend und ohne Gewissensbisse oder Furcht in ihrem Bett neben den zwei Fenstern. Der verräterische Mund war entspannt, und sie
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