Duell der Zauberer
Pol stand wie angewurzelt auf der Stelle. Ihre Augen waren weit geöffnet, als sie in betäubter Ungläubigkeit die leblose Gestalt Durniks anstarrte, der zusammengekrümmt am Boden lag. Die tödliche Blässe seines Gesichts konnte nur eines bedeuten.
Auf einmal überkam sie die furchtbare Erkenntnis – die Erkenntnis eines unwiederbringlichen Verlustes. »Nein!« schrie sie auf. »Mein Durnik!« Sie lief zu dem Gestürzten, fiel neben ihm auf die Knie und nahm mit einem untröstlichen Wimmern der Verzweiflung seine leblose Gestalt in die Arme.
Und dann sah Garion zum erstenmal Zedar den Abtrünnigen. Der Zauberer starrte ebenfalls den toten Durnik an. Sein Gesicht spiegelte ein verzweifeltes Bedauern wider, das Wissen darum, daß er nun das eine getan hatte, was ihm jede Hoffnung auf Erlösung nahm. »Du Narr«, murmelte er. »Warum? Warum mußtest du mich dazu zwingen, dich zu töten? Das war genau das, was ich auf gar keinen Fall tun wollte.«
Dann trat Belgarath, unerbittlich wie der Tod selbst, durch die Überreste der Tür zu dem Mann, den er einmal Bruder genannt hatte.
Zedar wich vor dem furchtbaren Zorn des Zauberers zurück. »Ich wollte es nicht tun, Belgarath«, stammelte er, die Hände erhoben, um Belgaraths Angriff abzuwehren. »Der Narr hat versucht, mich anzugreifen. Er war…«
»Du… «, knirschte Belgarath haßerfüllt. »Du… Du…« Doch ihm fehlten die Worte. Kein Wort konnte seinen Zorn beschreiben. Er hob beide Arme und hieb Zedar die Fäuste ins Gesicht. Zedar schlug zurück, doch Belgarath war schon bei ihm, klammerte sich fest und bearbeitete ihn mit den Fäusten. Garion spürte, wie Willensfetzen von dem einen oder dem anderen aufflackerten, aber sie waren so tief in ihren Gefühlsaufwallungen verstrickt, die jeden Gedanken auslöschten, daß keiner von beiden genügend Konzentration aufbringen konnte, um seinen Willen zu sammeln. Also wirbelten sie, wie bei einer Wirtshausprügelei, über den Boden, traten, würgten und schlugen einander, Belgarath außer sich vor Wut und Zedar vor Angst und Enttäuschung.
Verzweifelt riß der Abtrünnige einen Dolch aus der Scheide an seinem Gürtel, doch Belgarath ergriff mit beiden Händen sein Handgelenk und schlug es auf den Boden, bis der Dolch klirrend davonschlitterte. Beide versuchten daraufhin, das Messer zu erreichen, kratzten und schlugen sich gegenseitig, die Gesichter zu Grimassen verzogen.
Irgendwann im Verlauf dieser wahnsinnigen Sekunden, seit sie in den Raum gestürmt waren, hatte Garion, ohne zu überlegen, das große Schwert aus der Scheide auf seinem Rücken gezogen, aber Auge und Klinge waren kalt und teilnahmslos in seiner Hand, während er den tödlichen Kampf zwischen den beiden Zauberern beobachtete.
Belgaraths Hände umklammerten die Kehle Zedars, und dieser zerrte keuchend und verzweifelt an den Armen des alten Mannes. Belgaraths Gesicht war zu einer animalischen Fratze verzerrt, die Lippen von den zusammengebissenen Zähnen zurückgezogen, als er seinen alten Feind würgte. Als ob er alle Grenzen der Vernunft überschritten hatte, kämpfte er sich schließlich auf die Beine und zog Zedar mit sich. Den Abtrünnigen mit einer Hand an der Kehle haltend, begann er, ihn mit der anderen Hand unablässig zu schlagen. Zwischen zwei Schlägen deutete er dann mit dem Arm auf die Steine zu ihren Füßen. Mit schaurigem Knirschen öffnete sich ein großer Spalt, der im Zickzack über den Boden lief. Die Felsen kreischten protestierend, als der Spalt sich verbreiterte. Immer noch kämpfend schwankten die beiden Männer und fielen in den Abgrund. Die Erde schien zu beben. Mit einem gräßlichen Geräusch schloß sich der Spalt wieder.
Ungläubig, mit offenem Mund, starrte Garion wie betäubt auf den nun kaum mehr sichtbaren Riß, durch den die beiden Männer gefallen waren.
Ce’Nedra schrie und verbarg entsetzt das Gesicht in den Händen.
»Tu etwas!« brüllte Silk Garion an, doch Garion konnte ihn nur verständnislos anstarren.
»Polgara!« sagte Silk verzweifelt und wandte sich an Tante Pol.
Noch völlig benommen von ihrem plötzlichen, überwältigenden Kummer, konnte sie nicht antworten, sondern hielt weiter einfach den leblosen Körper Durniks in den Armen. Sie schluchzte unbeherrscht, wiegte sich hin und her, wobei sie ihn fest an sich drückte.
Aus unendlicher Tiefe erscholl ein dumpfer Knall, dann noch einer. Selbst in den Eingeweiden der Erde ging der tödliche Kampf weiter.
Wie unter einem Zwang wanderten
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