Duell der Zauberer
sein.«
»Habt ihr Sendarer denn gar keinen Sinn für Abenteuer? Tut ihr denn nie etwas, ohne vorher alles genau zu planen?«
»Nicht, wenn wir es vermeiden können«, entgegnete der König von Sendarien sanft.
Mitten im Vorratslager waren einige große Pavillons errichtet worden, die den Anführern der Armee und ihrem Stab dienen sollten. Am Nachmittag, nachdem sie sich gebadet und umgezogen hatte, ging Prinzessin Ce’Nedra zum Hauptzelt, um zu sehen, was sich dort tat.
»Sie haben etwa eine Meile flußabwärts geankert«, erstattete Barak seinem Vetter gerade Bericht. »Sie sind seit etwa vier Tagen hier. Greldik hat mehr oder weniger das Kommando.«
»Greldik?« Anheg wirkte überrascht. »Er hat doch gar keine offizielle Stellung.«
»Er kennt den Fluß.« Barak zuckte die Achseln. »Über die Jahre hinweg ist er fast überall hingesegelt, wo es Wasser und etwas zu verdienen gab. Er sagt, daß die Leute stetig trinken, seit sie vor Anker liegen. Sie wissen, was auf sie zukommt.«
Anheg kicherte. »Dann sollten wir sie auch nicht enttäuschen. Rhodar, wie lange wird es noch dauern, bis deine Techniker damit beginnen können, meine Schiffe auf die Klippe zu hieven?«
»Etwa eine Woche«, antwortete Rhodar, von seinem Nachmittagsimbiß aufblickend.
»Das ist früh genug«, meinte Anheg. Er wandte sich wieder an Barak. »Sag Greldik, daß wir morgen früh mit dem Transport beginnen ehe die Leute Zeit haben, wieder nüchtern zu werden.«
Ce’Nedra hatte nie ganz verstanden, was mit dem Wort ›Transport‹ gemeint war, bis sie am nächsten Morgen ans Ufer des Flusses kam und sah, wie die schwitzenden Chereker ihre Schiffe aus dem Wasser schoben und sie mit Muskelkraft auf hölzernen Bohlen weiterzogen. Die Anstrengung, die nötig war, um ein Schiff auch nur ein paar Zentimeter zu bewegen, entsetzte sie.
Darin war sie nicht allein. Durnik, der Schmied, warf einen entgeisterten Blick auf das Verfahren und machte sich dann unverzüglich auf die Suche nach König Anheg. »Verzeihung, Eure Majestät«, sagte er respektvoll, »aber ist das nicht schlecht für die Boote und für die Männer?«
»Schiffe«, korrigierte Anheg. »Man nennt sie Schiffe. Ein Boot ist etwas anderes.«
»Wie man sie auch immer nennt – werden ihre Fugen nicht undicht, wenn sie so über die Bohlen gezogen werden?«
Anheg zuckte die Achseln. »Sie lecken ohnehin alle ein wenig«, antwortete er. »Außerdem macht man es nun einmal so.«
Durnik sah rasch ein, daß es zwecklos war, mit dem König von Cherek zu reden. Statt dessen ging er zu Barak, der finster das riesige Schiff betrachtete, das seine Mannschaft flußaufwärts gerudert hatte. »Im Wasser ist es ja sehr eindrucksvoll«, sagte der rotbärtige Mann zu seinem Freund, Kapitän Greldik, »aber ich fürchte, es wird noch eindrucksvoller sein, wenn wir es erst ziehen müssen.«
»Du warst doch derjenige, der das größte Kriegsschiff haben wollte«, erinnerte Greldik ihn mit breitem Grinsen. »Du wirst so viel Bier kaufen müssen, daß dieser Wal da schwimmen kann, ehe deine Mannschaft betrunken genug ist, um zu versuchen, es zu ziehen – ganz zu schweigen davon, daß es sich für einen Kapitän gehört, mit anzufassen, wenn ein solcher Transport notwendig geworden ist.«
»Blöder Brauch«, grollte Barak mürrisch.
»Ich möchte sagen, du hast noch eine schlimme Woche vor dir, Barak.« Greldiks Grinsen wurde noch breiter.
Durnik nahm die beiden Seeleute beiseite und begann, ernsthaft auf sie einzureden, wobei er mit einem Zweig Zeichnungen in den Sand am Ufer ritzte. Je länger er redete, desto interessierter wirkten sie.
Was einen Tag später aus diesem Gespräch geworden war, entpuppte sich als ein Paar niedriger Schlitten, die auf jeder Seite ein Dutzend Räder hatten. Unter dem Spott der übrigen Chereker wurden die beiden Schiffe vorsichtig aus dem Wasser und auf die Schlitten gezogen, wo sie gut vertäut wurden. Das Hohngelächter ebbte jedoch merklich ab, als die Mannschaften der beiden Schiffe anfingen, ihre Schlitten über die Ebene zu ziehen. Hettar, der zufällig vorbeikam, sah einen Augenblick lang stirnrunzelnd zu. »Warum zieht ihr sie mit der Hand«, fragte er, »wenn ihr mitten in den größten Pferdeherden der Welt seid?«
Baraks Augen wurden groß, dann stahl sich ein beinahe ehrfürchtiges Grinsen auf sein Gesicht.
Das Hohngelächter, das sich erhoben hatte, als Baraks und Greldiks Schiffe auf ihre Gefährte manövriert wurden, verwandelte sich rasch
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