Duell im Eis
in einem Eisriß, begraben von Eisbrocken, die er beim Absturz mitgerissen hat. Unsichtbar. Oder er liegt auf dem Grund eines der tiefen Gletscherseen, auch unsichtbar, bis eines Tages dieser Mistberg geschmolzen ist. Aber wenn Sie es befehlen, Sir, suchen wir weiter.«
»Ich werde mit dem Pentagon sprechen, Commander. Natürlich suchen Sie weiter. Es gibt doch auch noch andere Gegenden, wo Henderson gelandet sein kann.«
»Im Norden, aber da muß er schon weit abgekommen sein.«
»Unmöglich ist nichts.« General Seymore trommelte wieder mit den Fingern. »Sie wissen doch, Brooks: Unmöglich gibt es für mich erst dann, wenn ich in Arlington liege. Und da ich nie auf diesem Friedhof liegen werde, gibt es für mich kein Unmöglich!«
»Ich verstehe, Sir.« Brooks legte den Hörer auf, trank seinen Whiskey zu Ende und warf sich auf das Bett. Ihm war elend zumute, wie zerschlagen kam er sich vor, wie nach Hieben in die Magengrube. Was Seymore eben gesagt hatte, war kein Trost, keine neue Hoffnung, nur der Befehl, einen Toten zu suchen, um das Gefühl der Unerklärbarkeit begraben zu können.
General Louis Pittburger holte ein Adjutant aus einer Konferenz, die im abhörsicheren Raum II/A sich mit einer sensationellen Entdeckung der CIA beschäftigte: der neuen Waffentechnik der Sowjets.
Pittburger hatte im kleinsten, vertrauten Kreis und in Gegenwart des Verteidigungsministers die letzte Liste mit den Erkenntnissen des Geheimdienstes vorgelegt. Eine erschreckende, alarmierende Liste, die alles in Frage stellte, was bisher die Grundlage einer amerikanisch-sowjetischen Annäherung bildete.
Die CIA berichtete, in aller Stille habe die Sowjetunion ihre SDI-Kapazitäten, also den Krieg im Weltall, ausgebaut. Sie habe bodengestützte Hochenergielaser stationiert, mit denen es möglich sei, feindliche Zielobjekte in bis zu 600 Kilometer Höhe zu vernichten und sogar in bis zu einer Höhe von 1.100 Kilometern so zu beschädigen, daß sie unwirksam würden. In fünf Jahren, so hatte der Luftwaffengeneral und Leiter des amerikanischen Weltraumkommandos John L. Piotrowski ausgerechnet, würden die Sowjets in der Lage sein, mit diesen Laserstrahlen die amerikanischen Satelliten in geostationärer Umlaufbahn zu vernichten. Sogar ein bildlicher Beweis lag vor: Der französisch-schwedische Satellit SPOT hatte Aufnahmen gefunkt, die auf einem 2.300 Meter hohen Berg in Tadschikistan vier Gebäude in Halbkugelform und eine Reihe von Teleskopen zeigten, die erste entdeckte Anlage eines Superlasers.
»Das ist genau das, was wir heute auch entwickeln«, sagte Pittburger ernst, »was wir am Südpol auf dem Eisberg ›Big Johnny‹ erproben wollen! Die Sowjets sind uns also wieder um eine Nasenlänge voraus, aber wir werden das aufholen. Und noch etwas entwickeln sie, bei dem wir um einen Schritt weiter sind: Radiofrequenzwaffen! Wir wissen alle, daß die Nuklearwaffen dann völlig überflüssig werden und jeder Atomsperrvertrag nur noch Papier ist. Ich habe immer wieder auf diese neue Waffe hingewiesen. Mit Impulsen elektromagnetischer Strahlungen werden Menschen unschädlich gemacht, ja getötet.« Er las aus den Berichten der CIA vor.
»Diese Radiofrequenzwaffen eröffnen alle Möglichkeiten des Einsatzes: tragbare Geräte für gezielte Vernichtung einzelner Personen. Mobile taktische Gefechtswaffen, montiert auf Lastwagen oder in Flugzeugen, können ganze Gebiete abdecken. Boden- und luftgestützte strategische Waffen mit Radiofrequenztechnik bilden einen sicheren Schirm gegen alle feindlichen Objekte. Es ist die revolutionärste Entwicklung der Kriegsführung überhaupt. Entwickelt wurde diese Methode für Rußland von dem Leiter des Institutes für Spektroskopie in Moskau A. M. Prokorow. Er erhielt dafür kürzlich die Lomonossow-Medaille in Gold.«
Pittburger warf einen Blick in die schweigende, wie gelähmte Runde. Selbst der Verteidigungsminister sah sehr krank aus. Der Vorwurf, diese Entwicklung bisher kaum verstanden und daher vernachlässigt zu haben, traf ihn hart.
»Aber das ist noch nicht alles«, fuhr Pittburger fort. »Ich kann Ihnen, meine Herren, keine weiteren Schocks ersparen. Der Bericht der CIA enthält noch einen anderen Komplex.«
»Wollen Sie uns einen Herzinfarkt bescheren, Louis?« fragte einer der erschütterten Generäle.
»Wenn Sie es so sehen, Gerald … Ich will damit nur dokumentieren, daß wir nicht so sorglos sein dürfen, wie wir es nach all den schönen Verträgen und Versprechungen und
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