Duell im Eis
Liebesbeweisen der Sowjets bereits sind. Die Gegenseite hat keinen Salto geschlagen, sie braucht nur Zeit, um aufzuholen und uns zu überholen. In aller Stille, und wir haben die Beweise, daß es ihnen gelingen wird, wenn wir weiter den gläubigen Bräutigam spielen. Also – noch einen Bericht der CIA.« Pittburger nahm ein anderes Blatt Papier vom Tisch. »Wir alle wissen, daß wir in strengster Geheimhaltung den Mikrowellensender GYPSY entwickeln, der besonders für unsere Air Force gedacht ist. Mit Mikrowellenimpulsen haben wir eine neue Waffe, die im konventionellen Bereich, der ja aus allen Verträgen ausgeklammert ist, weil man sich nur auf die in ein paar Jahren altmodischen Nuklearwaffen beschränkte, ungeahnte Möglichkeiten schafft. Die Wirkungen auf dem Schlachtfeld sind mit denen der Atomwaffen vergleichbar. Man kann die GYPSY auf einen Anhänger montieren, auf Lastwagen, auf Wohnmobile; die Bedienungs- und Steuergeräte brauchen wenig Platz, sie sind kompakt. Die Hochfrequenzwaffen sind eine Abart der elektromagnetischen Strahlungsimpulse, über die vorhin gesprochen wurde. Hier arbeiten die Sowjets fieberhaft, um unseren kleinen Vorsprung aufzuholen. Dafür haben sie etwas entwickelt, was wiederum uns sehr zu schaffen macht: eine Spezialpanzerung für die Kampfwagen. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen wird die Panzerabwehr durch unsere Abwehrraketen sehr problematisch. Die neue Zusatzarmierung der sowjetischen Panzer besteht aus speziellen Sprengstoffplatten, die an besonders gefährdeten Stellen auf der Normalpanzerung befestigt werden. Der Effekt: Wenn unsere Abwehrrakete die Aktivpanzerung trifft, dann lenkt deren Explosion den fast 1.000 Grad heißen Massestrahl unserer Hohlladung ab, und die darunter liegende eigentliche Panzerung wird nicht mehr aufgeglüht. Mit dieser neuen Doppelpanzerung sollen alle 50.000 Panzer der Warschauer-Pakt-Staaten ausgerüstet werden. Die von uns entwickelte Tandemrakete Tow-2 A ist noch nicht ausgereift. Beim Anflug kippt sie um und torkelt durch die Gegend. Mir liegt ein Bericht aus dem NATO-Hauptquartier vor. Sprechen wir es klar aus: Bis Mitte der neunziger Jahre haben wir im Westen überhaupt keine Waffe mehr, mit der wir sowjetische Panzer vernichten könnten. Das ist die bittere Wahrheit. Während wir längst hinfällige Atomverträge beklatschen und bejubeln, werden wir von Rußland in aller Stille überholt. Der Verteidigungsauftrag der freien Welt, den wir übernommen haben, ist damit ins Absurde geführt. Wenn wir nichts tun, sind wir in zehn Jahren gegenüber der Sowjetunion auf dem Stand eines schwarzafrikanischen Staates! Ich messe deshalb dem Projekt Eisberg eine große Bedeutung bei. Dort können wir, ebenso heimlich wie die Russen, an unserer Lasertechnik und den Hochfrequenzwaffen arbeiten und sie ausprobieren. Der Witz, über den unsere Enkel oder Urenkel, wenn es sie noch gibt, lachen werden, ist der, daß es sich um nicht verbotene, nicht kontrollierbare konventionelle Waffensysteme handelt. Wir brauchen gar keine Atombomben mehr! Die Vernichtung der Welt geschieht durch ganz andere Energien. Ohne Knall, ohne Atompilz, lautlos, meine Herren, lautlos, ein Tod auf Samtpfoten.«
In diesem Augenblick trat der Adjutant ein, flüsterte Pittburger etwas zu und nickte.
»Ich bitte um eine Pause von zehn Minuten«, sagte Pittburger, plötzlich merkwürdig verändert. »Herr Minister, ich bitte Sie, in dieser Zeit zu überlegen, ob das Pentagon nicht den Kongreß davon überzeugen muß, daß unsere Einschränkung des Anti-Satelliten-Tests aufzuheben ist und noch mehr Gelder zur Verfügung gestellt werden, um, wie General Piotrowski sagt, eine sowjetische Aggression im Weltraum abwehren zu können.« Er verließ den kleinen Saal und blieb draußen im Flur stehen. »Eine Katastrophe auf ›Big Johnny‹, sagten Sie?« Er atmete ein paarmal tief durch. »Was ist da los, Major?«
»General Seymore will es Ihnen selbst sagen, Sir.«
»Wie kann ich ihn sprechen?«
»Er ist am Apparat, Sir. Wir stellen das Gespräch durch, gleich hier, ins Nebenzimmer.«
Pittburger nahm den Hörer auf, nachdem er den Raum betreten hatte, und hörte zunächst nur ein helles Rauschen. »Hallo!« rief er. »Hallo! Herbert, hören Sie mich? Hier Louis Pittburger. Hallo …«
»Ich höre Sie gut, Louis«, klang Seymores Stimme im Hörer. »Wie geht es Ihnen?«
»Um meinen Zustand zu erfahren, rufen Sie doch nicht vom Südpol an? Was ist passiert? Gibt es Stockungen im
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